Grafing:Einmal abhärten, bitte

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Viel künstliches Blut und ab und zu auch Brotteig: Das sind die Utensilien, die Claudia Bartmann "Opfer" für Übungen von Rettungskräften schminkt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Um Rettungskräfte auf den Anblick schlimmer Verletzungen vorzubereiten, modelliert Claudia Bartmann Knochenbrüche und blutige Wunden für Einsatzübungen

Von Annalena Ehrlicher, Grafing

Ohne Anwendung von Gewalt kann Claudia Bartmann jedes Gesicht aussehen lassen als sei es aufs heftigste verprügelt worden - mit viel Geschick und Theaterschminke. Die 23-Jährige hat aber kein makaberes Faible für Horrorfilme, sondern ganz im Gegenteil eine caritative Ader. Seit sechs Jahren engagiert sie sich ehrenamtlich bei den Maltesern. "Ich habe das über den Schulsanitätsdienst mitbekommen", erzählt sie, "da haben wir das mit dem Schminken schon gelernt." Täuschend echt sehen die blutigen Schnitt- und Quetschwunden aus, die sie mit Theaterschminke und gegebenenfalls Brotteig modelliert - letzteres, "wenn es länger halten muss." Da die Verletztendarsteller in den Übungen normalerweise auch versorgt, beziehungsweise "gerettet" werden, muss die Schminke Berührung aushalten.

Warum aber ist es überhaupt erstrebenswert, realistische Verletzungen darzustellen? "Das macht man für die Einsatzkräfte: Einfach um die zu desensibilisieren", erklärt die Grafingerin. "Wenn man das erste Mal an einen Einsatzort kommt, kann das ganz schön überwältigend sein", fährt sie fort. Wichtig sei die Faustregel: Nicht um diejenigen, die laut schreien, müsse man sich zunächst kümmern - sondern um diejenigen, die still sind. Nicht die auf den ersten Blick beängstigendste Wunde ist auch notwendigerweise die gefährlichste. "Aber es geht nicht nur darum, realistische Verletzungen schon mal gesehen zu haben", fügt sie hinzu. Auch für die Einsatzkräfte selbst sei es eine gute Erfahrung, mal als Verletztendarsteller an einer Übung teilgenommen zu haben. "Da lernt man einfach mal die Gegenversion kennen."

Die Großübungen mit Verletztendarstellern finden deshalb nicht nur in Kooperation mit den Traunsteiner Maltesern statt. Auch mit der Berufsfeuerwehr München gab es bereits gemeinsame Übungen, bei denen Bartmann entweder selbst als Darstellerin oder mit ihren Schminkkünsten mitwirkte.

Bartmann selbst ist ihrer ehrenamtlichen Leidenschaft auch hauptberuflich treu geblieben. Sie studierte in Köln den Bachelor "Rettungsingenieurwesen". "Das ist eine Mischung aus einem normalen Ingenieurstudiengang und ein bisschen Medizin, ein bisschen Jura und ein bisschen Feuerwehr-Wissen", erläutert sie. Obwohl der Studiengang keine praktische Ausbildung sei, haben auch dort Großübungen stattgefunden, bei denen sie meistens als Verletztendarstellerin mitgemacht habe. Bartmann machte außerdem die Zusatzausbildung zur Rettungssanitäterin.

Zurück in der Heimat begann für die Bachelor-Absolventin Anfang April ihre zweijährige Ausbildung zur Brandoberinspektorin im Feuerwehrtechnischen Dienst. Bereits ihr Vorpraktikum absolvierte die 23-Jährige bei der Berufsfeuerwehr München. "Spätestens dann war mir klar, dass das der richtige Beruf für mich ist."

Woher ihre Begeisterung für das Berufsfeld kommt? "Mein Vater war auch bei der Feuerwehr München, wir sind also sozusagen damit aufgewachsen", antwortet sie spontan. Durch ihre Arbeit bei den Maltesern habe sie darüber hinaus das Interesse an Medizin entwickelt. Dazu kommen die Begeisterung für Naturwissenschaften und Technik - "die Feuerwehr kombiniert das alles für mich."

© SZ vom 15.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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