Grafing:Bebauungsplan stoppt Unterkunft für Flüchtlinge

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Der Stadtrat will ein Flüchtlingsheim im Gewerbegebiet verhindern. Die Entscheidung wird auch Auswirkungen auf andere Bereiche haben.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Die mögliche Flüchtlingsunterkunft im Schammacher Gewerbegebiet hat in den vergangenen Monaten zu den baupolitisch zentralen Fragen der Stadt gehört. Jetzt scheint Grafing derartige Debatten auf absehbare Zeit beenden zu wollen: Am Dienstag soll der Stadtrat über eine Veränderungssperre entscheiden, die Unterkünfte im Gewerbegebiet künftig grundsätzlich ausschließt. Findet das Ansinnen eine Mehrheit, muss sich Grafing bei künftigen Unterbringungsfragen einschränken - nicht nur, wenn es um Flüchtlinge geht.

Änderungen von Bebauungsplänen sind eigentlich keine Seltenheit. Sie stellen ein gängiges Mittel dar, um abstrakte Formulierungen aus Bauleitplanungen zu konkretisieren. Was am Dienstagabend auf der Tagesordnung des Grafinger Stadtrats steht, ist allerdings keine kleine Nachjustierung mehr, sondern eher eine Entscheidung mit Grundsatzcharakter.

"Änderung des Bebauungsplanes 'Gewerbegebiet Grafing-Schammach' zum Ausschluss von Anlagen für soziale Zwecke mit wohnähnlicher Nutzung und von Beherbergungsbetrieben", heißt es dort. Mit dem Ausschluss hätten Flüchtlingsunterkünfte keinerlei Aussicht mehr auf eine Baugenehmigung.

Ein entsprechender Antrag ist in dem Gewerbegebiet allerdings noch anhängig. Ein Investor möchte eine Unterkunft für etwa 130 Personen errichten. Nach Größenordnung und Lärmschutz zu urteilen spricht vieles dafür, dass er auch bei einer Ablehnung durch den Stadtrat die Baugenehmigung vom Landratsamt erhält. Rückwirkend kann Grafing den neuen Passus, sollte er beschlossen werden, aus dem Bebauungsplan allerdings nicht anwenden.

Dass über den Zusatz am Dienstag dennoch abgestimmt werden soll, lässt sich nicht nur als Kriterium für künftige Vorhaben werten, sondern auch als Indiz dafür, dass der Investor einem Angebot der Stadt zuzustimmen gedenkt: Nämlich die Unterkunft anstatt im Gewerbegebiet am neuen Bauhof bei der Gärtnerei "Köstler" zu errichten. Der Stadtrat hätte mit der Veränderungssperre gleichwohl eine Handhabe, um ähnliche weitere Planungen - Interessenten sollen sich bereits gemeldet haben - zu verhindern.

Wenn der Stadtrat der Beschlussvorlage nachkommt, macht er das notgedrungen. Denn es gibt eine Kehrseite. Die sozialen Zwecke hatte er all die Jahre im Gewerbegebiet nämlich ausdrücklich nicht ausschließen wollen. Aus gutem Grund: Wer wisse schon, ob man nicht bei einer möglichen Sanierung der Rotter Straße 8 einmal ganz froh wäre, ein paar Container unkompliziert und übergangsweise im Gewerbegebiet unterzubringen? Diese Option wäre mit dem Beschluss dahin.

Andere, viel akutere Dinge, sind offensichtlich inzwischen dringlicher. Etwa die Folgen des immer wieder geäußerten Anstiegs der Flüchtlingszahlen. "Stellen Sie sich darauf ein, dass nächstes Jahr mindestens doppelt so viele Asylbewerber aufgenommen werden müssen", hatte Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) bei der Bürgerversammlung Ende November einen Ausblick gegeben.

Wenn Grafing etwaige neue Unterkünfte im Gewerbegebiet von vornherein unterbinden will, scheint die "Sperre" jetzt die letzte Möglichkeit. Sie ist freilich mit dem Nachteil verbunden, dass der Stadtrat früher oder später dennoch wieder Platz finden muss. Dann kann er nur noch im Stadtgebiet suchen.

Die Sitzung des Stadtrates beginnt um 19 Uhr im Rathaus und ist öffentlich.

© SZ vom 08.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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