Grafing:Auf die Hefe kommt es an

Lesezeit: 3 min

Grafing kann auf eine lange Brau-Tradition zurückblicken. Wildbräu, die älteste Grafinger Brauerei feiert in diesen Tagen ihr 400-jähriges Bestehen mit zahlreichen Veranstaltungen, Musik - und natürlich Bier

Von Anselm Schindler, Grafing

Jan Opper kann auf die Maschinen in seinem Betrieb auch direkt mit dem Smartphone zugreifen, "wenn es mal später ist und es läuft was schief, dann wähl ich mich von daheim aus ein", sagt Opper. Sein Arbeitsplatz ist eines der modernsten Sudhäuser Europas, wie Opper stolz erklärt. Er steht in einer der Hallen und versucht alles unter einen Hut zu bringen: Die 400-jährige Geschichte der ältesten Brauerei in Grafing und die modernen Seiten der Braukunst. Aus dem Gärkeller dringt ein süßlich-modriger Malz-Geruch nach oben, der zumindest riecht seit Jahrhunderten gleich.

Bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde in Grafing aus Hopfen, Gerstenmalz und Hefe Bier gebraut. Hans Grandauer ist einer der Urväter des Grafinger Bieres, sein Name ist in die Stadtgeschichte eingegangen. Doch er hatte im Ort auch Konkurrenz, eine ganze Hand voll Brauereien rangen damals um die Gunst der Gaumen. Eine von ihnen war der Wildbräu, 1616 - vor 400 Jahren also - taucht der Name zum ersten Mal in einer Urkunde auf. In den kommenden Jahrhunderten waren Wildbräu und Grandauer Konkurrenten, "aber heute verwenden wir die Rezepte von beiden Brauereien", erklärt Jan Opper stolz. Stolz, weil sein Betrieb die jahrhundertealte Geschichte der Grafinger Braukunst erhält.

Das Bier hat Grafing geprägt - Brauereibesitzer stellten in der Stadt auch viele Generationen von Bürgermeistern. Und bis heute ist die Kunst des Bierbrauens in der Stadt präsent, "Brauhaus" steht noch heute in großen Lettern auf einem der historischen Gebäude am Grafinger Marktplatz. 1995 wurde dort der Brau-Betrieb eingestellt, seither ist das Wildbräu-Gelände an der Rotter Straße der einzige Ort in Grafing, an dem der Gerstensaft noch hergestellt wird.

Bei einer Führung durch die Brauerei erklärt Braumeister Jan Opper (ganz re.) wie der Sud aus Gerstenmalz und Hopfen im Gärtank mit Hefe versetzt wird. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

1993 kaufte die Brauerei Wildbräu die Marke Grandauer auf. Die Brau-Rezepte von Grandauer aber werden von der Firma bis heute verwendet, auch die Marke gibt es noch, auf den Weißbier-Flaschen von Wildbräu ist der Name Grandauer bis heute zu finden. Mit der Schließung der andren Brau-Stätten musste das Unternehmen auch die Produktion erweitern: Bis 1970 befüllte die Firma stündlich rund 8000 Flaschen, heute seien es zwischen 12 000 und 16 000, erklärt Opper. Acht Stunden am Tag werden beim Wildbräu Flaschen befüllt, im Schnitt sind es täglich 100 000.

Seit vier Jahren ist Jan Opper für die Bierproduktion verantwortlich. Seit 1999 ist er Braumeister, war, bevor er nach Grafing kam, auch in Brauereien in Hessen und der Oberpfalz aktiv. Er bringt also viel Erfahrung mit, Jan Opper ist Experte, er könnte sich auch Biersommelier nennen, "aber ich begnüge mich mit Braumeister", sagt er und lacht. Er steigt die Treppe Richtung Gärkeller hinab, mit jedem Schritt wird die Luft stickiger und heißer. "Vorhin, um 19 Uhr, ist der letzte Sud fertig geworden", erklärt Opper die Ursache der Hitze.

Es geht in den Nebenraum, wo es schon deutlich kühler ist. Dort werden die untergärigen Biere hergestellt, das klassische Helle beispielsweise. Untergärige Hefe vergärt bei etwas kühleren Temperaturen - zwischen fünf und zehn Grad. Sie setzt sich während des Gärvorgangs auf dem Boden des Gärbehälters ab. Um Qualitätsverluste zu vermeiden, muss im Gärprozess und auch in der anschließenden Lagerung durchgehend gekühlt werden. Dadurch haben untergärige Biere eine längere Reifezeit als obergärige, wie Opper erklärt. Beim Weißbier ist das anders: Die Hefe, die dafür verwendet wird, vergärt zwischen 15 und 24 Grad.

Diese in der aktuellen Ausstellung im Grafinger Heimatmuseum gezeigten Gläser spiegeln die einstige Vielfalt der Brauereien in der Stadt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Für das Wildbräu-Bier versucht Jan Opper vor allem auf regionale Rohstoffe zurückzugreifen, in diesem Jahr baut die Brauerei am Rand von Grafing auch erstmals selbst Gerste an. "Wir sind schon ganz gespannt, wie das Bier schmecken wird, wenn das Gerstenmalz von uns selbst stammt", erklärt Opper. Einige Landwirte aus Grafing hätten auch schon angeboten, für den Wildbräu Gerste anzubauen, "vielleicht kommen wir da ja zusammen", sagt Opper. Das verregnete Wetter der vergangenen Wochen hat der Gerste jedenfalls nicht geschadet - sie mag es eher nass und kühl.

Das Programm der fünftägigen Jubiläumsfeierlichkeiten zum 400-jährigen Bestehen des Grafinger Wildbräu auf dem Brauerei-Gelände, Rotter Straße 15, beginnt an diesem Donnerstag, 4. August, mit einem Benefizkonzert des Gebirgsmusikkorps der Bundeswehr; Beginn ist um 19 Uhr. Am Freitag, 5. August, beginnt um 20.15 Uhr eine Disco-Party des Burschenvereins Grafing. Am Samstag, 6. August, findet der Festabend statt, musikalisch begleitet von der Glonner Musi. Beginn ist um 19 Uhr. Am Sonntag, 7. August, treffen sich von 9 Uhr früh an die Freunde der Oldtimer, das traditionelle Grasbahnrennen beginnt dann um 13 Uhr. Und am Montag, 8. August, endet schließlich das Festprogramm mit einem deftigen Kesselfleischessen, das um 18 Uhr beginnt.

© SZ vom 04.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: