Grafing:Abriss nach 65 Jahren

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Die Eigentümer der Grafinger Kleingartenanlage "Am Bachhäusl" müssen sich von Schlafzimmer und Wintergarten verabschieden. Dafür bleiben die Lauben erhalten.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Jahrzehnte interessierte sich so gut wie niemand für die Kleingartenanlage "Am Bachhäusl". Bis sich vor drei Jahren herausstellte: Die Häuschen sind illegal. Und weil die deutsche Bürokratie gnadenlos sein kann, stand die Siedlung kurz vor dem Zwangsabriss. Jetzt stellt Grafing einen Bebauungsplan auf, der die Gartenlauben zumindest teilweise retten soll. Es sieht so aus, als würde der Plan aufgehen. Ganz sicher ist das aber immer noch nicht.

In den 1950er Jahren griffen die neuen Eigentümer der Grundstücke zwischen dem Grafinger Ortsteil Bachhäusl und der Bahnlinie München-Rosenheim zu den Gerätschaften. Sie legten Gärten an und errichteten darauf kleine Hütten und Lauben, manch einer auch welche, die ein bisschen größer waren. So kurz nach dem Zweiten Weltkrieg interessierte das erst einmal niemanden.

15 Jahre später auf einmal schon. Mitte der 60er-Jahre fiel dem Ebersberger Landratsamt plötzlich auf, dass die Anlage illegal sein musste. Fälschlicherweise wahren die Eigentümer beim Kauf davon ausgegangen, dass auf den Parzellen Baurecht bestehe. Statt den Rückbau auf den Weg zu bringen, ließ das Landratsamt das Problem jedoch einige Jahre liegen, ehe es in der Behörde versandete. Erst vor einigen Jahren stellten kundige Leute fest, dass die Häuschen ja immer noch standen. Mehr noch, dass viele von ihnen über die Jahre gewaltig gewachsen sind.

Einer der Gartenbesitzer baute sich sogar einen Swimmingpool

Mal mauerte sich jemand einen Ofen für kalte Winterabende. Ein anderer baute sich ein Schlafzimmer dazu, hier ein Wintergarten, dort eine Garage, woanders entstanden Wasser- und Stromanschlüsse, und einer baute sich sogar ein Schwimmbecken. Mit der Zeit wurden aus den einfachen Lauben der 1950er ganz passable Wochenendhäuschen. Doch im Außenbereich, dem das "Bachhäusl" zugeordnet ist, ist Bauen nicht erlaubt. Und Wohnen schon gleich gar nicht.

Jetzt, 65 Jahre danach, stören sie sich im Grafinger Stadtrat und Rathaus deswegen. "Wir können das auch nicht einfach so auf sich beruhen lassen", erklärte Bauamtsleiter Josef Niedermaier in der jüngsten Sitzung des Grafinger Bauausschusses. Grafing sieht sich in der undankbaren Rolle, durchgreifen zu müssen. Regel ist nunmal Regel - theoretisch könnte jemand die Abrissbescheide sofort zum Briefkasten bringen.

Niedermaier kam mit einem Lösungsansatz in den Stadtrat. Der lautet: Würde die Stadt einen klassischen Bebauungsplan aufstellen und das Areal zum "Gartenhausgebiet" umwidmen, ließen sich zumindest die Grundzüge der Gegend beibehalten. Das würde aber auch bedeuten, dass die Eigentümer wieder zu den Baugerätschaften greifen müssten.

Kamine müssten dann zurückgebaut werden, angebaute Schlafzimmer und Wintergärten abgerissen werden. "Der Bebauungsplan begrenzt die Baugrundstücke auf 30 Quadratmeter - und darauf dürfen dann wirklich nur Lauben einfachster Ausführung stehen - für den Freizeitzweck, aber nicht zum Wohnen. "Wir haben inzwischen von fast allen die Zusage, dass das jetzt auch passiert", konnte Niedermaier dem Ausschuss vermelden. Das machen die Besitzer freilich auch aus Eigeninteresse. Die Sache dürfte kaum ein zweites Mal versanden. Besser eine kleine Laube, als gar kein Gartenhäuschen.

Eine letzte Unsicherheit bleibt: Wie jeder Bebauungsplan muss auch der für das neue "Gartenhausgebiet" noch von Landratsamt, Regierung von Oberbayern und Landesplanungsbehörde genehmigt werden.

© SZ vom 29.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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