Grabungsfunde:Geschenkt

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In einem Frauengrab fand man diese silbernen Riemenzungen mit vergoldeter Schauseite. (Foto: Landesamt für Denkmalpflege)

Zorneding kann historische Artefakte nicht pflegen und überlässt sie dem Freistaat

Von Carolin Fries, Zorneding

Wilhelm Ficker sprach aus, was sich womöglich der ein oder andere Gemeinderat dachte: "Das hat das Landesamt geschickt eingefädelt." Zuerst habe man die Gemeinde die Restauration wertvoller Grabungsfunde zahlen lassen und jetzt bliebe dieser nichts anderes übrig, als den gehobenen Schatz dem Freistaat zu überlassen. Denn mit der sachgerechten Lagerung, das machte Bürgermeister Piet Mayr (CSU) klar, sei die Gemeinde hoffnungslos überfordert.

Im Jahr 2006 waren im Baugebiet "Am Fenneck" wertvolle Grabungsfunde aus dem Frühmittelalter ausgehoben worden. Insgesamt wurden 28 Gräber entdeckt und geborgen. Die Artefakte zweier Gräber wurden 2012 auf Empfehlung des Landesamts für Denkmalpflege in stärkerem Ausmaß wissenschaftlich ausgewertet, die Gemeinde Zorneding beteiligte sich daran mit 15 000 Euro, auch, weil man im Rahmen der 1200-Jahrfeier 2013 einige der Exponate ausstellen wollte. Sogar von einer Dauerausstellung war die Rede. Die Wissenschaftler derweil erhofften sich vorrangig detaillierte Ergebnisse darüber, was die Frauen im Mittelalter trugen.

Aus der Dauerausstellung wurde dann nichts. Gleichwohl waren ausgewählte restaurierte Stücke 2013 einige Monate im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten im Rathaus zu sehen. Dann gingen sie zurück in die Verwahrung des Landesamtes. Im Juni teilte dieses der Gemeinde mit, dass von einer Aufarbeitung und Ausstellung weiterer Grabungsfunde abgesehen wird. Die mehr als einhundert Einzelstücke gingen damit theoretisch zurück an die Gemeinde, die zu einer sachgerechten Lagerung verpflichtet wäre. "Es war ein Anliegen von mir, dass einzelne Funde hier bleiben", informierte Mayr den Gemeinderat. "Doch müssten wir die gesamten Funde übernehmen." Was die konservatorische Lagerung von knöchernen Messergriffen, hölzernen Pfeilspitzen oder mehrschichtiger Textilschichten betreffe, sei die Kommune aber überfordert. So müsse die Gemeinde die Funde nicht nur gegen Beschädigungen und Abhandenkommen sichern und unter geeigneten klimatischen Bedingungen und Verpackungen lagern. Die Reinigung dürfe nur durch ausgebildete Restauratoren erfolgen und müssten auf Anfrage des Denkmalamtes stets zur Verfügung stehen. Für Zorneding eine Herausforderung, der man sich lieber nicht stellen wollte.

Mayr plädierte dafür, den Spieß umzudrehen und die Funde dem Freistaat zu überlassen, vorausgesetzt, die Gemeinde könne sie sich jederzeit für Ausstellungen ausleihen. Barbara Weiß (Grüne) wollte wissen, ob die Gemeinde für die Schenkung mit einer Erstattung der Restaurationskosten rechnen könne, zumindest anteilhaft. Doch der Bürgermeister verneinte: "Ich glaube nicht, dass wir die Kosten erstattet kriegen, auch nicht zur Hälfte." So entschied sich der Gemeinderat einstimmig für die Schenkung. Kleiner Trost: Die Objekte werden künftig mit den Worten "Schenkung Gemeinde Zorneding" kenntlich gemacht. Laut Vertrag können sie in Absprache mit der Archäologischen Staatssammlung gebührenfrei ausgeliehen werden. Für die Zornedinger will man Bilder und Erklärungen auf die Homepage der Gemeinde stellen.

© SZ vom 13.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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