Glonner Hallenbad:Gegner des Bürgerentscheids gehen baden

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Die Glonner sollen selbst über die Zukunft ihres Hallenbades entscheiden

Von Katharina Blum

Die Warnkleidung passt zum Signal der Glonner Wasserwacht: Mit einer Online-Petition mobilisierte sie Bürger für die Rettung des Hallenbads. Zur Sitzung in der Aula der Grundschule waren viele Glonner gekommen. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

GlonnDie Unterstützer wählten plakative Fragen und Sätze auf den Postern, die sie schon weit vor Sitzungsbeginn des Glonner Gemeinderates in der Aula der Volksschule aufgehängt hatten. "Wie viele gesparte Kinderleben wiegen die Sanierungskosten auf?" Oder: "Ein wenig sollten wir uns um die Belange unserer Kinder kümmern und Hallenbäder statt Banken retten." Am späten Dienstagabend stand dann fest: Das kleine Hallenbad ist noch nicht gerettet. Ob die marode Sportstätte für mehr als eine Million Euro saniert wird, darüber sollen alle Glonner Bürger entscheiden. Eine knappe Mehrheit des Gremiums sprach sich mit neun zu sieben Stimmen für den CSU-Antrag aus, der ein Ratsbegehren zur Durchführung eines Bürgerentscheids fordert. Die antragsstellende Fraktion sowie Markus König von den Freien Wählern stimmten dafür, SPD/KommA und Stefan Jirsak (FW) dagegen. Viele Zuhörer quittierten dieses Ergebnis mit dem Verlassen der Aula, nur einer spendete Applaus.

Die Gemeinderatssitzung war der vorläufige Showdown in der Frage "Sanieren oder Schließen?", seit Betriebsleiter Jürgen Puls im vergangenen Dezember erklärt hatte, dass es sein könne, dass das Gesundheitsamt das Bad von einem auf den anderen Tag zumacht. Der Leiter des Gesundheitsamtes Ebersberg, Hermann Büchner, hat das längst revidiert. Dass das Bad eine Generalüberholung braucht, ist aber unbestritten. Vom Chlor angegriffene Mauern, ausgewaschene Fugen und eine nicht mehr voll funktionsfähige Wasseraufbereitungspumpe: Der Zustand ist laut Gutachten in mehreren Punkten als "sehr schlecht" einzustufen. Seitdem das bekannt ist, haben zahlreiche Bürger sich für Sanierung und Erhalt stark gemacht, Familien bastelten Fotocollagen, die Wasserwacht startete eine Online-Petition, bei der sich 1930 Unterstützer eingetragen hatten, 1345 davon aus dem Bereich der Verwaltungsgemeinschaft.

Die Mitglieder der Wasserwacht waren es dann auch, die in der Gemeinderatssitzung in den ersten Reihen in ihrer Vereinskluft eine Art rote Front bildeten. Hinter ihnen saßen ältere Frauen in Wollringelpullovern, dazwischen tobten Kinder, neben ihnen Jugendliche in Sweatshirts und Anzugträger. 90 Stühle hatte Hausmeister Werner Wacht in der Aula aufgebaut, sie reichten bei weitem nicht aus, viele mussten stehen bleiben - und das lange. Denn der Komplex Hallenbadsanierung begann erst ab Tagesordnungspunkt acht, mehr als eine Stunde nach Sitzungsbeginn. Bebauungspläne, eine Ortsabrundungssatzung für Adling, Digitalfunk und die Vergabe von Pflasterarbeiten verlangten den Wartenden Geduld ab, bei Punkt sieben besserte sich die Stimmung. Denn: Die Gemeinderäte schienen größtenteils in Geldgeberlaune zu sein. Dem WSV Glonn, so wurde beschlossen, unterstützt man mit 275 000 Euro beim Neubau eines Sport- und Vereinszentrums an der Haslacher Straße. Eine Entscheidung, die dem Gremium Applaus bescherte. "Beifall bekommen wir fast nie", freute sich Bürgermeister Martin Esterl. Doch diese Freude war bei seiner Fraktion SPD/KommA dann schnell gedämpft. Zunächst konnte Esterl noch verkünden, dass man den Kosten dank eines gefundenen Steuerkniffs um 200 000 bis 300 000 Euro einsparen kann, je nachdem, ob man sich für die 1,3 oder die 1,6 Millionen Euro teure Sanierungsvariante entscheidet. Auch dass der Antrag der SPD/KommA-Fraktion zur Aufnahme der Sanierungskosten in den Haushalt einstimmig durchging, lief aus Sicht des Bürgermeisters noch wunschgemäß. Unisono betonte man den großen Stellenwert und Nutzen des Hallenbades für die Gemeinde und die Vereine. Jirsak beispielsweise erzählte von seinen Rechercheergebnissen im Internet, dass Bayern trauriger Spitzenreiter bei den Badetoten ist, und von einem Treffen mit einem ehemaligen Gemeinderat, der sagte: "Wenn ihr das Schwimmbad dicht macht, könnt ihr euch warm anziehen." Langer Applaus.

Noch hitziger wurde die Diskussion über das Ratsbegehren. "Traurig" und "feig" fand Elisabeth Tuschter (SPD/KommA), wenn man sich als Gemeinderat seinen Aufgaben nicht stellen möchte. Ähnlich sah das Fraktionskollege Martin Podehl. Man müsse Manns genug sein, um als Gemeinderat Entscheidungen zu treffen, forderte er. Schließlich habe man auch in der Vergangenheit schon über hohe Summen abgestimmt. Als Beispiele nannte er die Schulhaussanierung oder den Kindergartenneubau. Daraufhin konterte Oswald: "Das sind alles Pflichtaufgaben der Gemeinde." Man könne jeden Euro nur einmal ausgeben, deshalb auch das Ratsbegehren, um Transparenz zu schaffen, "was das Ganze für Folgen haben kann". Manfred Deprée (CSU) ging bei einer Nutzungszeit von 30 Jahren eines sanierten Hallenbades von Gemeindekosten von rund fünf Millionen Euro aus. Rupert Kiermaier (CSU) verbat sich, ihn als feige zu bezeichnen, nur weil er den Bürger fragen will, ob das in Ordnung ist. Das soll nun in den nächsten drei Monaten geschehen. "Wir müssen möglichst bald in die Gänge kommen", erklärte Esterl. Dem zweiten Antrag der SPD/KommA-Fraktion wurde einhellig zugestimmt. Er fordert den Verkauf einer Teilfläche des gemeindlichen Grundstücks südlich der Geschwister-Scholl Straße zur Finanzierung der Sanierung.

© SZ vom 28.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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