Glonn:Zum Verwechseln anders

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Anne Mainz und Ursula Grieshaber aus Glonn stellen in der Klosterschule aus. Vernissage ist an diesem Freitag

Von Victor Sattler, Glonn

Sie stehen direkt vor zwei abstrakten Bildern, die sich auf der ersten Blick zum Verwechseln ähnlich sehen, und schauen sich gegenseitig an, nach einer guten Antwort suchend: Was eigentlich unterscheidet sie, Ursula Grieshaber und Anne Mainz, die zwei Glonner Malerinnen, die nun erstmals gemeinsam in der Galerie der Klosterschule ausstellen?

"Du malst kopfgesteuerter als ich. Und du bist eine ewige Planerin", sagt da Ursula Grieshaber zu Anne Mainz, die erst lacht und dann zustimmt. Ein Beweis dafür sei ihr "Phönix", auf den Grieshaber gleich verweist. Da könne man sehen, wie Mainz - trotz aller Abstraktion - von Anfang an doch wisse, was genau sich letztlich aus der Asche erheben werde. Mit Format und Höhe des Gemäldes nutzt sie außerdem geschickt den Raum, fügt den sakralen Sagenvogel in die Klosterschule ein, als hätte er immer dort gehangen, und imponiert so der hellen Apsis. Alles ist motiviert, nichts arbiträr bei ihr.

"Na gut, dann bist du die Impulsive von uns beiden", gibt Mainz zurück, "bei dir ist alles Zufall, die Formen, die Farben. Du bringst das Chaos aufs Bild." Ursula Grieshaber kann sich in dieser Beschreibung wiedererkennen: "Ja. Ich schaue immer, was das Bild mir sagt", fügt sie hinzu. Wenn sie Asche malen würde, dann käme als nächstes sicher kein berechenbarer Phönix. "Ich setze mich lange vor das Bild und frage es: Was willst du, dass aus dir wird?"

Anne Mainz arbeitet abstrakt. (Foto: Christian Endt)

Nicht so Anne Mainz, die thematische Strategin. Während ihre Freundin sitzt und der Leinwand lauscht, studiert sie Reiseberichte oder Sachbücher über die Psychologie des Sehens. Danach hat sie klare Bilder im Kopf, wie sie die Lektüre evoziert, und entwickelt diese Motive konsequent in Bilderserien weiter. Mainz arbeitet zwar als Landschaftsgärtnerin, interessiert sich privat aber für die Physik: Urknallgalaxien und Elementarteilchen liegen für sie am Knotenpunkt der Blütenknospen. In der Klosterschule schildert sie mit dem gleichen Eifer nun Schritt für Schritt ihre Schütt-Technik, bei der das Bild komplett im Liegen entsteht, bis Grieshaber sie unterbricht: "Aber nicht du, sondern das Bild liegt dabei!", wirft sie zur Klarstellung ein.

Ursula Grieshaber kann nicht so lang in der Theorie über ihre Arbeit sprechen - sie versucht es auch gar nicht, sondern besticht durch Optik. Betitelt sind die Bilder so frei assoziativ wie "Offen für alle Möglichkeiten", "Im ewigen Auf und Ab" oder "Nur wer wagt, gewinnt". Dass viele ihrer Formen düster bis bedrohlich geworden sind, sei dabei nie gewollt gewesen, sondern stets roh und rein kreatürlich. Botschaften an den Betrachter will sich Grieshaber schon gar nicht unterstellen lassen: "Also, wenn das hier Körper sind, dann sind die von ganz allein entstanden", beteuert sie.

Auch Ursula Grieshabers Kunst ist abstrakt, doch ihre Herangehensweise ist unterschiedlich. (Foto: Christian Endt)

Für ihre Ausstellung in der Glonner Klosterschule -"Spannung zwischen rauem Zerfall und weicher Vielschichtigkeit" - hatten die beiden Künstlerinnen Ursula Grieshaber und Anne Mainz, die in ihren Herangehensweisen unterschiedlicher nicht sein könnten, eigentlich nach ihren Gemeinsamkeiten gesucht. So haben zum Beispiel beide die größte Freude am Experimentieren mit neuen Materialien: Mainz, die Landschaftsgärtnerin, trumpft mit Ockererden, Zementputz und Marmormehl auf; und Grieshaber, die pensionierte Lehrerin, kämpft entsprechend mit den Waffen eines Klassenzimmers, sie bringt Papier, Tusche und Lackspray in die Mischung ein - klatscht, spritzt und schmiert ganz ungehemmt und kindlich.

Vor zehn Monaten hatten die beiden Glonnerinnen sich mit der Idee einer Partnerausstellung zusammengetan. Seitdem waren sie stets als Team in München und Umgebung unterwegs, auf der Suche nach Inspiration, immer bereit, ihre Erfahrungen mit der anderen zu teilen.

Schon beim ersten Kunstkurs, den Mainz für sich geplant hatte, saß Grieshaber durch puren Zufall im Raum - heute hingegen reiche die Freundschaft "von der Ausstellung bis in den Biergarten", lachen die beiden. Ob auch bei Maß und Brezn Mainz noch die strukturierte Planerin und Grieshaber die impulsive Chaotin ist, bleibt offen.

Ausstellung von Ursula Grieshaber und Anne Mainz in der Glonner Klosterschule: Vernissage an diesem Freitag, 29. September, um 19 Uhr. Geöffnet am 30. September, sowie 1., 3., 7. und 8. Oktober, jeweils von 11 bis 18 Uhr.

© SZ vom 29.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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