Glonn:Trugbilder der Wirklichkeit

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In ihrer Jahresausstellung präsentieren die Fotofreunde Glonn Themenserien voller Kontraste

Von Sara Kreuter, Glonn

Obwohl sich die Nonnen schon seit Jahrzehnten nicht mehr in der Kapelle der Klosterschule Glonn zum Gebet treffen, ist immer noch ein letzter Rest der vergangenen Heiligkeit des Ortes zu spüren. Mittlerweile dient die Klosterschule den Glonner Fotofreunden als Ausstellungsraum - die Stimmung der Bilder wird durch die sakrale Atmosphäre des Raumes verstärkt. Es sind keine bloßen "Fotos", die der Verein in seiner 31. Jahresausstellung präsentiert, es ist vielleicht nicht einmal Kunst, sondern eine geschickt arrangierte Sammlung von technisch hervorragend hergestellten Trugbildern der Wirklichkeit.

Die am letzten Oktoberwochenende eröffnete Jahresausstellung der Fotofreunde Glonn besteht aus 72 Bildern, gegliedert in 22 thematisch verschiedene Serien von neun verschiedenen Fotografen. Gedruckt wird auf Fine Art Papier, auf schwarzem oder weißem Hintergrund arrangiert.

Einen Skandal auslösen wird die diesjährige Ausstellung wohl nicht, die Motive sind allesamt sehr brav, aber dennoch ausdrucksstark. Die Fotofreunde setzen auf Spannung durch Gegensätze. "Von Görlitz nach Las Vegas" beispielsweise heißt die Serie von Volker Jäger, die er mit besonderer Kameratechnik in der amerikanischen Millionenstadt geschossen hat. Die Objektivkonstruktion zeichnet sich nicht durch besondere Schärfe, sondern im Gegenteil durch eine starke Darstellung des unscharfen Bereiches aus. Das Ergebnis sind faszinierende Bilder, bestehend aus vielen "Bubbles" genannten kreisrunden Lichtern.

Die Grenze zwischen einem Kunstwerk und dessen Abbildung lotete Volker Jäger aus. (Foto: Volker Jäger/oh)

Direkt gegenüber hängt Sebastian Kuglers Serie. Der Vorsitzende der Fotofreunde hat sich für drei schwarz-weiße Portraits von jungen Leuten entschieden, die Augen groß und stechend. "Farbe lenkt ab", so Kugler. Professionelle Models auch, findet er, weshalb er am liebsten gewöhnliche Leute, Freunde und Bekannte, fotografiert.

Kugler ist Fotograf aus Leidenschaft. Vor 40 Jahren hat ihm seine Frau eine Kamera zu Weihnachten geschenkt - knapp zehn Jahre später gründete er die Fotofreunde. "Fotografieren ist unheimlich spannend", erzählt der 61-Jährige. Im perfekten Foto komme die geistige Leistung mit der technischen Leistung zusammen. Die Auswahl des Fotomotivs und die Inszenierung des Gegenstandes seien ebenso wichtig wie die Qualität des Fotoapparates, die Wahl des Objektivs und die Technik des Fotografen. Ein bisschen Glück gehöre auch dazu, räumt Kugler ein. Einige seiner besten Bilder sind entstanden, weil er mit seiner Kamera zur richtigen Zeit am richtigen Ort war.

Nicht zuletzt spiele die abschließende Bildbearbeitung eine wichtige Rolle, erklärt Kugler. Bildbearbeitungsprogramme wie Photoshop seien heutzutage verpönt - zu unrecht. Wahrheit lasse sich im Foto ohnehin nicht einfangen: "Der Fotografie hat man noch nie trauen können."

Die 90-jährige Inge Kolb würde ihm da zumindest teilweise widersprechen. Sie war zeit ihres Lebens Fotografin im Krankenhaus, verantwortlich für die Dokumentation von Operationen. In ihrem Leben hat sie unzählige amputierte Gliedmaßen fotografiert, Wunden, Verletzte. Doch auch sie hat die Faszination für die Fotografie nie losgelassen. Vor einem Jahrzehnt ist sie den Glonner Fotofreunden beigetreten, hat zwei Serien zur diesjährigen Ausstellung beigetragen: "Vom Winde verweht", über die "Magnolia Liriodendron Tulipifera" in ihrem Garten sowie "Hü und hott!", eine zweiteilige Serie über ein junges Paar.

Sebastian Kugler widmete sich einer klassischen Disziplin der Fotografie: dem Porträt. (Foto: Sebastian Kugler/oh)

Kolbs und Kuglers Motive sowie weitere Serien, die Bäume, morbide Gebäude, Treppen, eine Mutter beim Stillen und viele weitere Motive in den Fokus gerückt haben, können an diesem und dem nächsten Wochenende besichtigt werden. Neben den einzelnen Fotoserien werden auch Audio- und Video-Überblendschauen gezeigt.

Die Vernissage der Jahresausstellung der Fotofreunde Glonn findet am Freitag, 28. Oktober, um 19.30 Uhr in der Galerie Klosterschule, Klosterweg 7, in Glonn statt. Weitere Öffnungszeiten der Ausstellung: Samstag, 29. Oktober, 14 bis 18 Uhr; Sonntag, 30. Oktober, 10 bis 18 Uhr; Samstag, 5. November, 14 bis 18 Uhr und Sonntag, 6. November, 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.

© SZ vom 29.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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