Glonn:Selbstbestimmt leben im Alter

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Die meisten Senioren möchten ihre Eigenständigkeit bewahren. (Foto: Marco Einfeldt)

In Glonn stellen Bau- und Pflegeexperten ein Konzept für kleine Wohneinheiten vor

Von Jessica Morof, Glonn

Im eigenen Heim stecken Arbeit, Erinnerungen und Gewohnheiten. In der gewohnten Umgebung fühlt man sich wohl, kennt die Nachbarn und die Entwicklung der Gemeinde. Aus diesem Grund wünschen sich die meisten Menschen im Landkreis, so lange wie möglich zu Hause zu wohnen. Als Alternative sehen viele nur das große Pflegeheim - und schrecken zurück. "Wenn es aber ein Angebot gibt, für das man nicht gleich einen Heimvertrag unterschreiben muss, sondern einen Mietvertrag, würden es mehr Menschen annehmen", sagt Stefan Mayer, Bauingenieur, Sozialwirt und Experte für Pflegeangebote.

Am Montagabend hat er auf Einladung des Katholischen Kreisbildungswerks gemeinsam mit seinem Geschäftspartner, dem Architekten und Universitätsprofessoren Lothar Marx, einen Vortrag über "Wohnformen der Zukunft" im Marienheim Glonn gehalten. Vorgestellt hat das Team mit dem Namen "CaraVita - Experten für Wohnen im Alter" ihr Konzept "M + M Gemeinschaftshaus". Dabei handelt es sich um ein Baukonzept, in dem verschiedene Module für Wohneinheiten kombiniert und durch weitere Angebote ergänzt werden. Eine Wohnform, die mehrere Landkreisbürger interessierte: Etwa 40 Besucher, darunter Akteure aus der Pflege und Gemeindevertreter, wollten sich über das Modell informieren.

Entstanden ist das Projekt aus dem Wunsch heraus, möglichst kleine Wohneinheiten auch in kleinen Gemeinden anzubieten. Das Ziel: Senioren müssen ihr Umfeld nicht verlassen und ihre Eigenständigkeit nicht aufgeben, wenn sie sich zu einem Umzug aus ihrem zu großen Haus oder ihrer nicht barrierefreien Wohnung entschließen. Denn wer Unterstützung im Haushalt, Pflege oder Betreuung benötigt, möchte sich nicht zwangsläufig an einen vom Heim vorbestimmten Tagesablauf gewöhnen müssen.

"Man müsste etwas finden, das in kleinen Gemeinden umzusetzen ist, ohne jedes Mal wieder von Null anzufangen", hatte sich Mayer gedacht. Mit Wohnformen, die Großfamilien durch Wahlverwandtschaften ersetzen. Mit Marx hat er das Gemeinschaftshaus entwickelt und bereits in verschiedenen Gemeinden umgesetzt. Es beinhaltet das Wissen der Experten rund um Fördermöglichkeiten, Bau- und Verwaltungsfragen. Außerdem haben sie verschiedene Grundrisskonzepte entwickelt, aus denen der Bauträger - Gemeinden oder private Investoren - nach Bedarf auswählen können.

Das Gemeinschaftshaus ist eine Kombination aus Wohn- und Betreuungsangeboten und an die Wünsche der Gemeinde angepasst. Nach einer Bedarfsanalyse kann sich der Träger diejenigen Bausteine auswählen, die nötig sind: eine oder mehrere ambulant betreute Demenz-WGs, Tagespflege, ein Bürgerbüro, Wohnungen verschiedener Größe, Gemeinschaftsräume oder betreutes Wohnen. Die Einheiten sollen flexibel zu gestalten sein und vor allem bezahlbar, da die Zahl der Sozialhilfeempfänger im Alter steigt. Wichtig ist laut Mayer aber auch, dass das Konzept in die Gemeinde und das Ehrenamt eingebunden wird. "Es soll keine Konkurrenz zum bestehenden Angebot sein", betont er. "Man rundet es ab und fängt auf, was noch fehlt."

Die Fragerunde zeigte, dass genau das in den Gemeinden gewünscht ist. Zum Teil stellten die Gäste ganz konkrete Umsetzungsfragen zum Gemeinschaftshaus oder den Wohnformen darin. Dabei wurde auch deutlich, dass die Terminologie bei betreutem Wohnen und anderen Pflegeangeboten nicht immer übereinstimmt. Auch herrschte Skepsis, wie die Betreuung, um die sich die Gemeinde oder der Träger kümmern müssten, funktionieren soll. Trotzdem überzeugte das Konzept einige Besucher. "Ich fände es toll, wenn wir so etwas hätten, Herr Bürgermeister", rief eine lokale Pflegedienstanbieterin am Ende durch den Saal.

© SZ vom 27.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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