Glonn:Neues vom Schlacht-Plan

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So wie in Wuppertal, wo bereits seit diesem Sommer wasserstoffbetriebene Fahrzeuge im Linienverkehr unterwegs sind, könnte auch die Zukunft des Busverkehrs im Landkreis aussehen. (Foto: Stefan Tesche-Hasenbach/dpa)

Bei Glonn soll die erste Wasserstofftankstelle im Landkreis Ebersberg entstehen. Die Projektleiter beantworten Fragen zum Konzept

Von Nathalie Stenger, Glonn

Es wollte nicht aufhören mit den Fragen, immer wieder hob ein weiteres Gemeinderatsmitglied die Hand - fraktionsübergreifend. Zurecht, gab es doch viel zu besprechen und zu erfahren bei einem Vorreiterprojekt in diesem Ausmaße, dem Bau einer Wasserstofftankstelle im Glonner Ortsteil Schlacht und somit der ersten überhaupt im Landkreis Ebersberg. Gerade wenn es eine so markante Änderung zu den ursprünglichen Plänen gibt: Statt Lastwagen und Pkw werden wohl langfristig doch nur erstere tanken können.

Im Rahmen der Hy-Land-Modellregion Bayern soll die Tankstelle in Zusammenarbeit mit dem Busunternehmen Ettenhuber im Gewerbegebiet Schlacht entstehen. Neben dem Landkreis Ebersberg sind die Landkreise München und Landshut mit ähnlichen Projekten involviert. Um verbliebene Fragen zu klären, nahmen Projektleiter Hans Gröbmayer und Ruth Jörgensen an der jüngsten Gemeinderatsitzung um Bürgermeister Josef Oswald (CSU) teil, diesmal in Begleitung des Geschäftsführers der Firma Hynergie Tobias Brunner.

Brunner zählte dem Gemeinderat zunächst die bereits bekannten Eckdaten des Modells auf: Das Ziel ist eine Kohlenstoffdioxideinsparung von mindestens 4500 Tonnen im Jahr in der gesamten beteiligten Region. Bis zu 21 Millionen Euro an Fördermittel soll es vom Bund für das Projekt der emissionsfreien Mobilität geben. Soweit so gut.

Überraschend für viele war wohl aber die Tatsache, dass bei der jetzigen Planung der Glonner Tankstelle keine Zapfsäulen mehr für Pkw vorgesehen sind. "Die können theoretisch schon tanken, solange die Firma Ettenhuber noch nicht alle neuen Busse hat", so Brunner, diese Möglichkeit sei aber zeitlich begrenzt. Grund für diese Entscheidung ist reine Wirtschaftlichkeit, "wir machen das Projekt nicht, wenn es sich nicht lohnt", sagte der Geschäftsführer von Hynergie. Und aktuell gebe es in der Umgebung einfach zu wenige Pkw mit Wasserstoffantrieb.

Konkret sieht die Planung für Schlacht also vor: Das ortsansässige Busunternehmen Ettenhuber investiert in 20 mit Wasserstoffbetriebene Busse für den MVV (Münchner Verkehrs- und Tarifverbund), die einmal am Tag voll automatisiert mit Kartensystem in der neuen "mittelgroßen" Tankstelle im Norden des Schlachter Gewerbegebiets betankt werden. "In zwei Stunden zehn Busse, in fünf Stunden alle 20", informierte Brunner. Die Lieferung des Treibstoffs erfolgt ebenso einmal täglich aus Landshut und ist genau für 20 Busse ausgelegt. Mit einer Tankladung kann ein Bus 400 Kilometer fahren.

Hier wurden erste Stimmen vom Glonner Gemeinderat laut. Ob man dann schon mitten in der Nacht zum Tanken fahren müsse, um pünktlich zur Abfahrt genug Treibstoff im Tank zu haben, damit es für 400 Kilometer reicht, wollte Gemeinderat Manfred Depree (CSU) wissen. Brunner verwies hier auf Ettenhuber, diese Abläufe müsse die Busfirma koordinieren.

Weitere Bedenken wurden zum Thema vermehrter Verkehr geäußert. "Ja, die Tankstelle muss öffentlich sein, um die Förderung zu erhalten", sagte Brunner, er rechne aber nicht mit mehr Fahrzeugen, "niemand wird von der A 8 runter und nach Glonn fahren, eher zur anderen geplanten Wasserstofftankstelle nach Hofolding." Außerdem könne man online einsehen, ob die Tankstelle frei sei.

Karolina Sigl (CSU) sprach ihre Sorge über den Bau einer fossilen Tankstelle aus - falls dem Projekt in Zukunft doch etwas im Wege stehe. "Das kann man nicht ganz ausräumen", gab Hans Gröbmayer zu, er allerdings glaube das nicht und verwies auf das kürzlich bekanntgewordene Ziel von Markus Söder. "Ab 2035 werden keine neuen Verbrennermotoren mehr verkauft."

Auch die Arbeit der Feuerwehr wurde angesprochen. "Es handelt sich um ein brennbares Gas", so Brunner, aber im Gegensatz zu Diesel und Benzin ist es ist flüchtig und leicht "und damit schwer anzuzünden." Über den Technikräumen gebe es kein Dach, das sei ein extrem sicheres System. Außerdem sei die Feuerwehr geschult auf Wasserstoff, man arbeite im Fall eines Brandes mit normalen Hydranten. Den Vorschlag eines Gemeinderats, eine Zisterne mit Regenwasser für den Notfall zu errichten, wies der Geschäftsführer eher zurück, "eine Sicherheitsfirma wird sich das Gelände anschauen. Bei zu hohen Auflagen, die den Bau teuer machen, hören wir auf."

Letztendlich setzte Siegfried Bertolan (Grüne) den Fragen ein Ende. "Wir müssen offensiver an das Thema herangehen!", sagte er und wurde von Joachim Stefer (CSU) unterstützt. "Wir haben Betreiber, Investor, ein Grundstück und unterstützen ein Glonner Unternehmen", sagte er und: "Was haben wir für ein Risiko einzugehen?"

Brunner betonte, dass es aus seiner Sicht ein Privileg für Schlacht sei, einer der Startstandorte zu sein. "Das ist eine relativ einmalige Situation", sagte er und erklärte: "Es passiert so oder so. Es gibt keine Alternative mehr zur Elektrik. Die Frage ist nur, wer vorne mit dabei ist oder wer hinten nach zieht." In den nächsten Sitzungen wird man über eine Bebauungsplanänderung abstimmen - sobald die Löschwasserversorgung und eine Tankstellenverfügbarkeit geklärt sind.

© SZ vom 01.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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