Glonn:Himmel auf Bairisch

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Bestes Volkstheater: Waldszene aus dem Brandner Kaspar. (Foto: Hinz-Rosin)

Der Brandner Kaspar auf Schloss Zinneberg

Von Peter Kees, Glonn

Nichts erschreckt den Menschen mehr als das Bewusstsein seiner eigenen Endlichkeit. Furcht, Schrecken, Panik kann der Tod auslösen, aber, in manchen Fällen, auch Beruhigung. Der Brandner Kaspar ist die Geschichte eines Bauern, der den Tod überlistet. Mit Schnaps und Kartenspiel gewinnt er ihm weitere Lebensjahre ab, als dieser ihn holen kommen will. Doch der Boandlkramer bekommt Ärger. Deshalb überredet er den Brandner, einfach mal mit in den Himmel zu kommen, um sich dort oben unverbindlich umzusehen. Fahrschein retour, versteht sich. Als der Brandner Kaspar dann im Himmel all sein verlorenes Glück wieder sieht, seine hingeschiedene Frau, seine verstorbene Tochter, seine Eltern, selbst sein Haus ist viel schöner und größer als auf Erden, bleibt er freudig. Nichts beruhigt die Volksseele mehr als eine solche Geschichte, als die Spiegelung des Irdischen hinein ins Paradiesische.

Waren es im Mittelalter die Totentänze, die als Mahnung und Erinnerung, als Memento mori zu verstehen waren, so hat man sich in späteren Zeiten anderer Mittel bedient. 1871 tritt in einer Erzählung Franz von Kobells in oberbairischer Mundart erstmals die Geschichte um den Brandner Kaspar literarisch auf. Daraus entsteht 1934 eine erste volkstümliche Theaterfassung. 1975 bearbeitet und inszeniert Kobells Ururgroßneffe Kurt Wilhelm das Werk für das Münchner Residenztheater. Seitdem ist der "Brandner Kaspar und das ewig' Leben" eine Erfolgsgeschichte.

Großen Erfolg hatte auch die Aufführung der Moritat in Schloss Zinneberg. Dort begeht man gerade 1010- jähriges Bestehen. Zu diesem Anlass bearbeitete und inszenierte die Leiterin der dortigen Jugendhilfeeinrichtung, Sr. Christophora Eckl, die Wilhelmsche Fassung für Schloss Zinneberg. Immerhin war Kobell ein Jagdfreund des Grafen Arco, einer der dortigen Ahnherren. 45 Darsteller, allesamt Mitarbeiter, haben daran mitgetan. Die wunderbar spielerische und leichte Inszenierung ist unter der Regie von Eckl, in Zusammenarbeit mit Gunda Winkler und Conny Liegl entstanden. Gleich vorweg: Es war, man möchte fast sagen, himmlisch. Respekt, was dort alles auf die Bühne gestellt wird!

Da spielen Darsteller, die im richtigen Leben Hausmeister, Lehrkräfte, Gärtner, Sozialarbeiter oder sonstige Mitarbeiter auf Schloss Zinneberg sind. Und sie alle agieren mit Engagement, mit Herzblut und auch mit Talent. Fabelhaft, was sie leisten, wie sie ihr Publikum bezaubern und in Bann ziehen. Besser kann Volkstheater nicht sein. Dabei ist weder dem Brandner Kaspar alias Bernhard Hinterseher noch dem Boandlkramer (großartig gespielt von Angelika Niebler) anzumerken, dass sie Laien sind. Auch alle anderen halten mit. Die Musik, diverse Soundeffekte sowie die Verstärkung der Stimmen steigern diesen Eindruck und lassen so manchmal sogar filmische Illusion aufkommen. Aber es ist nicht nur die Musik vom Band, es sind auch die drei Musikanten der Glonner Musi und einige Gesangseinlagen der Darsteller, die den Abend feinsinnig bereichern und Atmosphäre zaubern.

Charmant ist die Schlichtheit der Bühnenausstattung. Ein paar ausgeschnittene Wölkchen am Bühnenhimmel, der Ansatz einer Hütte, die, verändert und mit unterschiedlichen Requisiten bespielt, eine Szene in die nächste verwandelt. Eine Uhr, ein Herrgottskreuz oder ein angedeutetes Fenster wird hinzu- oder weggenommen, ein paar Requisiten verändert - und schon ist man im Wald, in der Hütt'n vom Brandner, im Wirtshaus oder im Vorhimmel.

Erwähnenswert sind bei dieser Aufführung wirklich alle Beteiligten, ob Sepp Würz (Petrus), Kurt Altmann als Erzengel Michael oder Ingeborg M. Golla (Marei), Sepp Klinger (Flori), Christian Seeberger (Simmerl), Roman Kainz (Senftl) . . . es sind zu viele, um hier alle nennen zu können. Vielleicht sollte noch der Auftritt von Ludwig II. (Wolfgang Brand) im Gewand aus dem Fundus des Bayerischen Fernsehens hervorgehoben werden. Denn es war einfach zu köstlich, mitanzusehen, wie sich unser Kini gekränkt fühlte, als im Himmel Hans von Zinnen vom größten und schönsten Schloss in Bayern sprach - und damit Zinneberg meinte.

Die Truppe spielt noch mal am 23. und 24. Oktober. Karten dafür gibt's ab Juli.

© SZ vom 22.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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