Glonn:Ewige Gestalt

Lesezeit: 2 min

Das bäuerliche Tagwerk war für Wilhelm Kaiser ein Sinnbild des Ursprünglichen. Am Sonntag findet in Glonn eine Gedenkfeier mit Ausstellung statt. (Foto: privat)

Glonn erinnert sich an Wilhelm Kaiser

Von Rita Baedeker, Glonn

Zu einer "Landpartie" mit Ausstellung in der Klosterschule in Glonn laden am Sonntag, 14. Mai, "Renata und die Kaiserlichen", wie es in dem Schreiben heißt. Die Verfasserin, Renata Kaiser, ist die Tochter des Kunstmalers Wilhelm Kaiser, der am Sonntag 100 Jahre alt geworden wäre. Der Maler, der vor acht Jahren in München starb, hat von 1945 bis 1955 in Glonn gelebt. Dort erinnern eine Gedenktafel von Hanno Grössl am Schreiner-Neuwirt-Anwesen sowie die von Kaiser geschaffene Sonnenuhr an der Südseite der Marienkirche in Frauenreuth an ihn.

Kurz nach der Entlassung aus französischer Kriegsgefangenschaft im Jahr 1945 stieß Wilhelm Kaiser zu Frau und Tochter in Glonn. Das Haus in München, in dem sie zuvor gelebt hatten, war 1943 von einer Bombe getroffen worden und musste geräumt werden. Glonns Altbürgermeister Martin Esterl, der ein Freund Kaisers wurde, erinnert sich: "Beim Schreiner Neuwirt am Marktplatz fanden sie Unterschlupf. Dort hat Wilhelm Kaiser Frau und Kind bei einem Heimaturlaub wieder aufgespürt." Für viele Münchner sei die Ausquartierung aufs Land schlimm gewesen, habe der Maler ihm einmal erzählt und hinzugefügt: "Für mich wurde Glonn eine Heimat, die mir gelegen war, ich bin eher ein bäuerlicher, urhafter Mensch."

Dieses "Urhafte", Elementare atmen auch Kaisers Bilder, von denen einige am Sonntag in der Klosterschule gezeigt werden. Die Glonner Jahre bedeuteten für ihn einen Neuanfang "auf der Suche nach der verlorenen Harmonie" (Titel einer Ausstellung zum 80. Geburstag), schreibt der Laudator und Freund Wilfried Schlagbauer, der am Sonntag Leben und Werk Kaisers würdigen wird. Gerade die bäuerliche Umgebung des Voralpenlandes, Tiere, Tagwerk, das Säen und Ernten, waren für Kaiser Sinnbilder des Ursprünglichen, das er in seinen Ölgemälden und Skizzen zum Ausdruck bringen wollte. Mit der modern gewordenen Abstraktion in der Kunst konnte er nichts anfangen.

Das Urhafte spiegelte sich auch in Farben und Maltechnik: Kaiser bevorzugte Erdfarben wie Ocker und Umbra, ein tiefes Braun, Blau und Grün, Farbtöne der Natur, die er auf rohe Jute auftrug. Als Absolvent der Akademie für Angewandte Kunst in München wandte er sich den Traditionen von Impressionismus, Dachauer Schule und dem Kubismus eines Jacques Villon zu. "Für mich ist die gegebene Form unabänderlich, die physische Gestalt muss erhalten bleiben. . . eine Frau bleibt eine Frau, ein Baum ein Baum, ein Pferd ein Pferd", sagte er einmal. In seiner Malerei spielt das Licht die Rolle einer Magierin, die Dinge und Gestalten über die banale Wirklichkeit hinaus überhöht. Kaiser betonte einzelne Formen durch ein Netz aus umrisshaften Binnenlinien, die an Zellenschmelzkunst (Email cloisonné) erinnern. Er bezeichnete diese Konturen als "transzendente Linien". Die Formen selbst wirken durch den Auftrag mit dem Spachtel erhaben, reliefartig.

Katzen, Pferde, Felder, Dorfleben: Mit den Sujets, die Wilhelm Kaiser in seinen Ölbildern, Aquarellen und Zeichnungen wählte, huldigte er einem - längst verlorenen - Dasein, das seine Kraft und Schönheit aus der Erde bezieht. Sein künstlerisches Credo formulierte er so: "Der ganze Sinn des Künstlerischen ist es doch, wegzuführen von den Niederungen der Gedanken und Gefühle hin zu einem positiven Werteerlebnis."

Die musikalisch umrahmte Gedenkfeier mit Ausstellung "100 Jahre Wilhelm Kaiser" am Sonntag, 14. Mai, in der Glonner Klosterschule beginnt um 11 Uhr. Altbürgermeister Martin Esterl wird eine Rede halten, Laudator ist Wilfried Schlagbauer. Die Matinee ist öffentlich.

© SZ vom 13.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: