Glonn:Bündelung männlicher Kräfte

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Die Glonner küren auf ihrem Dorffest wieder einen Meister im Fingerhakeln - zuvor muss mancher Teilnehmer von der Bühne aus direkt ins Sanitätszelt

Anja Blum

Mann gegen Mann, Finger gegen Finger. Zuerst werden die Hände mit Magnesium eingerieben. Dann kommen die Träger der Lederhosen runter, das Handy wird aus der Tasche genommen. Schließlich gilt es, sich zu konzentrieren und so gut wie möglich einzuspreizen, sich mit Händen und Füßen gegen die Tischkante zu stemmen. Es gilt, alle Kraft in ein paar Sekunden und vor allem in einem einzigen Finger zu bündeln - und den Gegner an einem Lederring über den Tisch zu ziehen. So geht Fingerhakeln.

Mann gegen Mann, Finger gegen Finger: Das Fingerhakeln erfordert jede Menge Konzentration. (Foto: ddp)

Auf dem Glonner Dorffest ist am Sonntag wieder einmal ein Wettbewerb in der traditionellen bayerischen Sportart ausgetragen worden. Neben Maßkrugschieben, Laser-, Stock- und Torwandschießen war heuer das Fingerhakeln Teil der Glonner Dorfmeisterschaften. Teilgenommen haben 19 wackere Männer, Profis, Erfahrene und Anfänger in fünf Kampfklassen. Die Kinder und Jugendlichen wurden ihrem Alter nach eingeteilt, die Jüngsten waren neun Jahre alt. Bei den Erwachsenen war das Gewicht ausschlaggebend. Die magische Grenze lag bei 85 Kilogramm, als unbestechlicher Richter diente eine Waage. Die einzige Ausnahme war Markus Weber: Der amtierende bayerische und deutsche Meister in der Jugendklasse trat nicht gegen Seinesgleichen an, sondern in der Erwachsenenklasse. "Alles andere wäre unfair", erklärte Helmut Weiß vom Ausrichter des Wettkampfs, dem Verein der Schlierachgauer Fingerhakler.

So legte sich der 16-jährige Weber mächtig ins Zeug, sorgte für spannende Kämpfe, konnte letztlich aber nicht gewinnen: Der Profi aus dem Landkreis Miesbach wurde Zweiter hinter dem Glonner Hans Haas. Unter 85 Kilogramm setzt sich Sebastian Hörl durch, in den Jugendklassen siegten Franz Schuhbauer, Thomas Sigl und Roman Sigl. Überhaupt dominierte der Name Sigl den Wettbewerb: Die Glonner Familie war in jeder Gruppe vertreten, bei den Großen traten sogar zwei Sigls gegeneinander an. "Papa, Papa!", schallte es da aus den Reihen der Zuschauer.

Danach hieß es für einige Teilnehmer: Wunden lecken. Manch einer ging gar von der Bühne aus direkt ins Sanitätszelt des BRK. Wie Weiß erklärte, bildet sich bei aktiven Haklern am Mittelfinger schnell eine Hornhaut, die im Kampf auch einigen Vorteil bringe. Allerdings reiße diese spezielle Hautschicht auch schnell auf - was zwar blute, aber nicht sehr schmerzhaft sei. Insofern sei der Wettkampf auf dem wie immer gut besuchten Dorffest eine gute Gelegenheit, für die bayerische Sportart zu werben. Das Fingerhakeln habe den Ruf, besonders brutal zu sein, sagte Weiß, weswegen sein Verein zunehmend Nachwuchsprobleme habe. "Wenn die Eltern sehen, dass es blutet, verbieten sie's gleich wieder." Weiß selbst stammt aus einer Hakler-Familie: Sein Vater Toni Weiß, ehemaliger deutscher Meister, stellt selbst Haklerringe her. Er meint: "Was a g'scheider Oberlandler is, der hoit's aus."

Doch die Glonner frönten auf ihrem Dorffest nicht nur sportlich der Tradition: Man sah an diesem sonnigen Sonntag Trachten in allen Farben und Größen, hörte bayerische Klänge von der Glonner Musi und genoss regionale Spezialitäten. "Wir sind bisher sehr zufrieden", freute sich Fred Waschke von den Glonner Schützen, die das Fest heuer federführend organisiert hatten.

© SZ vom 02.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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