Glonn:Blues im Blut

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"Dr. Will & the Wizzards" begeistern in der Schrottgalerie

Von Peter Kees, Glonn

An den Stand-Up-Drums hing eine Totenhand, im Fensterrahmen hinter dem Podium stand eine weiße, gespensterhafte Puppe mit einer Sense in der Klaue. Das Publikum schlug sich um die letzten Plätze, denn die Schrottgalerie Friedel in Glonn war am Samstagabend ausverkauft. Wer zu spät kam, musste stehen. Es war proppenvoll. Zu Gast: Die Münchner Kultband Dr. Will & the Wizzards mit Blues und Bluesrock. Schon als die Paradiesvögel auf die Bühne traten, herrschte großer Jubel. Dr. Will trug einen Zylinder mit roten Federn geschmückt, um seinen Hals hing eine Kette mit Zähnen. Auch die anderen drei Musiker wirkten ob ihrer Kostümierung wie eben einem Filmset entsprungen. Ob Piratenfilm oder Western, der Totenkopf auf der Weste des Gitarristen war Programm, die Aufmachung des Frontmanns erinnerte an Voodoo-Zauber. Ganz einzuschätzen war dieser schräg-skurrile Auftritt zu Beginn zwar nicht, doch als Dr. Will (Vocals und Drums), Sashmo Bibergeil (Gitarre und Vocals), Uli Kümpfel (Banjo und Mandoline) und Jürgen Reiter (Bass) loslegten, spitze man die Ohren. Was es da zu hören gab, klang nach richtig gutem Blues; und zwar nicht allein dank der ausdrucksstarken und markanten Stimme Dr. Wills - bei allen Bandmitgliedern stimmte Feeling und Groove. Und das hielt bis zum Ende des Konzerts. Das Publikum jubilierte. Völlig zu recht.

Um die zwanzig wunderbare Blues-Titel gab es zu hören, einer schöner als der andere, selbstkomponiert, arrangiert oder große alte Nummern. Bemerkenswert und für die Wohnzimmeratmosphäre der Schrottgalerie ideal: Die Band spielte komplett akustisch, das heißt, man verzichtete völlig auf elektronische Verstärkung. Das gab der Musik an diesem Abend mit Sicherheit eine große Portion Authentizität. Und tatsächlich, wenn man nicht wüsste, dass hier ein Münchner auf der Bühne steht, man hätte ihn auch für einen Afroamerikaner halten können, so überzeugend war sein Vortrag. Dr. Will hat Blues im Blut. Aber auch seine Mitstreiter. Nicht nur mit kongenialen und atemberaubenden Gitarrensoli zeigte beispielsweise der Gitarrist, dass er ein echter Blueser und Cowboy ist. Auch Bass und Banjo hielten mit.

Wie herrlich der Rhythmus mit lediglich zwei Instrumenten - einer Drum und einem kleinen Becken - gezaubert werden kann (und das zum Teil sogar lediglich mit bloßen Händen gespielt), wie wunderbar auch die Phrasen, in denen die Stimme ganz solistisch zu hören war! Natürlich gab es auch die legendären Call- and Recall-Momente; das Publikum stieg schnell und begeistert ein. Neben Dr. Will entpuppte sich auch Sashmo Bibergeil als aufregender Bluessänger - immerhin, einen Titel zelebrierte er als Stargast.

Ob nun die Maskerade die Sache unterstütze? Als bunter Vogel will Dr. Will wohl gesehen werden, als schräger Typ, der so eine Art Voodoo-Zauberer gibt. Doch diese Show ist überflüssig, einfach weil er gut ist und als Musiker und Sänger eindrucksvoll überzeugt. Da braucht es kein Tingeltangel, kein Theater, es reicht, ihm und seinen Kollegen zuzuhören. Viel amüsanter ist hingegen, wenn der Gitarrist eine Zigarren-Box-Gitarre in die Hand nimmt - eine mit Seiten bespannte Blechkiste - und darauf spielt. Auch das klingt nach Western, nach Amerika, nach New Orleans. Aber natürlich hörte man bei diesem Konzert auch Afrika heraus, schließlich wurzelt der Blues im Gesang der Afroamerikaner.

Etwas, das ebenfalls großen Spaß machte, war der Augenblick, als der Bandleader sich ein Waschbrett vor den Bauch schnallte und herrlich darauf rhythmisierte. So einfach kann Musik gemacht werden! Doch, doch, sie haben großes Können, alle vier. Sie beherrschen die Technik ihrer Instrumente und vor allem: Sie kennen die Seele des Blues. Kein Wunder, dass das Publikum in Glonn mit frenetischem Applaus Zugaben forderte.

© SZ vom 29.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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