Glonn:Alarmierender Befund

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Wer an Krücken geht, einen Kinderwagen schiebt oder gar im Rollstuhl sitzt, stößt im Glonner Ortszentrum oft an Grenzen. (Foto: privat)

Eine Präsentation der Glonner Behindertenbeauftragten beweist, dass es um die Barrierefreiheit im Ortskern ziemlich schlecht bestellt ist. Die Gemeinderäte geloben, schnell zu handeln

Von Anja Blum, Glonn

Einem Erweckungserlebnis gleich ist die Präsentation des Behindertenbeauftragten in der Glonner Gemeinderatssitzung am Dienstagabend gekommen: "Überrascht", "erschrocken" und "betroffen" nahmen seine Zuhörer im Gremium zur Kenntnis, wie es um die Barrierefreiheit in der Marktgemeinde bestellt ist. Nämlich ziemlich schlecht. Die Gehwege sind gerade an neuralgischen Punkten häufig viel zu eng, als dass man dort mit einem Rollstuhl oder Rollator rangieren könnte, und generell in einem erbärmlichen Zustand. Sie weisen teils große Löcher und erhebliche Schieflagen auf. An manchen Stellen sind sogar gar keine begehbaren Straßenränder vorhanden.

"Ein Gang durch Glonn für Menschen mit Behinderung", so nennen die beiden Behindertenbeauftragten der Gemeinde, Hubert Radan und Yvonne Kranner, ihr Projekt, mit dem sie sowohl Schwachstellen als auch Lösungen aufzeigen wollen. "Wir werden häppchenweise die verschiedenen Wege abgehen", sagte Radan, neben seinem Ehrenamt Leiter des Glonner Marienheims. Teil eins, den er am Dienstag präsentierte, führt quer durch die Ortsmitte, von eben jenem Altenheim im Osten bis hin zum Penny-Markt im Westen.

Ziel eines barrierefreien öffentlichen Raumes sei es, Menschen mit Handicap eine "gleichberechtigte Teilhabe" sowie eine "selbstbestimmte Lebensführung" zu ermöglichen. "Dabei muss man aber bedenken, dass es nicht nur um Rollstuhlfahrer geht, sondern auch um Menschen, die anderweitig in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind, und um solche, die eine Seh- oder Hörbehinderung haben", so Radan. All das stelle teils unterschiedliche Anforderungen an eine Umgebung.

Ganz generell appellierte der Behindertenbeauftragte an die Gemeinderäte, die Wege regelmäßig zu kontrollieren und, wenn nötig, reparieren zu lassen. Gerade Schieflagen seien sehr gefährlich, weil Rollstühle oder Rollatoren leicht kippen könnten. Aber auch einige ganz konkrete Verbesserungsvorschläge hatte Radan parat. Vor dem Marienheim etwa könnte laut einer Empfehlung der Verkehrsministerkonferenz eine 30er-Zone eingerichtet werden. "Das Problem nämlich ist, dass die Straße hier nicht gut einsehbar und ein Auto bei schnellerem Tempo in etwa drei Sekunden da ist." Die Verkehrsinsel sollte außerdem mit einem Zebrastreifen abgesichert werden, das gleiche gilt laut Radan für die Überquerungshilfe an der Feldkirchener Straße. Für den Zebrastreifen an der Haslacher Straße hingegen empfiehlt er eine Verlegung, da hier auf dem Gehsteig kaum Platz zum Rangieren mit einem Rollstuhl sei. Gegenüber, vor dem Schuhgeschäft, sei "die Reise dann eigentlich auch schon zu Ende": Parkende Autos sowie eine hohe Kante verhindern ein Weiterkommen, ein Gehweg im eigentlichen Sinne ist nicht zu erkennen. "Hier könnte man zwei Parkplätze längs statt quer ausrichten, dann würde man Platz gewinnen", so Radan. Mit Blick auf das Rathaus empfahl er, den behindertengerechten Eingang an der Rückseite besser auszuschildern und im Inneren wichtige Stufen optisch abzusetzen. "Schön wäre außerdem ein ebenerdiger Beratungsraum", denn über einen Aufzug verfügt das Verwaltungsgebäude nicht.

Bei den Gemeinderäten stieß der Behindertenbeauftragte mit seinem Anliegen auf offene Ohren. Konsens im Gremium war, dass bei der Barrierefreiheit großer Handlungsbedarf bestehe und man dies bei den nächsten Haushaltsberatungen auf jeden Fall berücksichtigen werde. Die Rundgänge seien ein "schöner, großer erster Schritt", lobte zum Beispiel Joachim Hellriegel (Grüne), und Georg Empl (CSU) bat Radan, auch in Zukunft "unbedingt unbequem zu bleiben" - vor allem mit Blick auf den demografischen Wandel, Stichpunkt: "Mehr Sicherheit für Senioren", aber auch aus ästhetischen Gesichtspunkten. Die Fotografien von kaputten, tristen Gehwegen in seiner Präsentation hatte Radan humorvoll mit dem Titel "Unser Dorf soll schöner werden" kommentiert.

© SZ vom 25.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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