Gewerbe in Ebersberg:Was ihr wollt

Lesezeit: 3 min

Auf der Gewerbeschau EGA stellen auch Bestatter ihr Angebot vor, hier ein Stand 2017 in Ebersberg. Ob die Tage für die Messe ebenfalls gezählt sind, darüber muss demnächst ein Workshop des Ebersberger Stadtrates zum Thema Wirtschaftsförderung beraten. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Stadt Ebersberg hat eine Umfrage unter örtlichen Unternehmen gemacht. Das Ergebnis ist teilweise überraschend - die Aufgabenliste an die Politik eher nicht

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Ist die Kreisgewerbeschau EGA ein Auslaufmodell? Zumindest kann der Eindruck entstehen, betrachtet man eine aktuelle Umfrage unter Ebersberger Gewerbetreibenden. Diese hatte die Stadtverwaltung vorgenommen - mit dem Ergebnis, dass eine Mehrzahl der Befragten angab, die EGA habe für sie wenig oder gar keine Bedeutung. Was das für die traditionelle Messe der beiden Städte bedeutet, steht allerdings noch nicht fest.

Denn wie mit den Ergebnissen aus der Umfrage umzugehen ist, soll demnächst in einem Workshop oder einer längeren Sondersitzung des Finanz-, Wirtschafts- und Digitalausschusses beraten werden. Dieses Vorgehen hatte der Ausschuss nun am Dienstag beschlossen. Die Frage, ob man weiterhin eine Gewerbeschau Ebersberg-Grafing abhält, dürfte dabei indes eher am Rande eine Rolle spielen. Denn die Unternehmer haben der Stadt einige Aufgaben mitgegeben, wie sich der Wirtschaftsstandort Ebersberg verbessern lassen könnte.

Das beginnt bereits im Rathaus selbst, die Unternehmensfreundlichkeit könnte besser sein, so das Fazit der Umfrage. Angefragt wurden rund 150 Betriebe, teilgenommen haben 39. Besonders kritisch bewerteten die Teilnehmer die Verfügbarkeit von Gewerbeflächen. Der Punkt war bei fast allen Firmen als wichtig oder sogar sehr wichtig bewertet worden, zufrieden mit der Situation sind indes nur die wenigsten. Ähnlich sind die Ergebnisse beim Thema Fachkräftemangel, in dem Zusammenhang wurde auch das Fehlen bezahlbarer Wohnungen für Mitarbeiter bemängelt. Besser könnte auch die Anbindung der Gewerbegebiete an den öffentlichen Nahverkehr sein, auch wenn die Bedeutung für den Wirtschaftsstandort als eher unterdurchschnittlich bewertet wurde.

Was prompt auch im Ausschuss zu einer kleinen Debatte um die Relevanz des öffentlichen Nahverkehrs führte. Denn bei einer gleichlautenden Befragung der Ebersberger Stadträte war der Nahverkehr noch als sehr wichtiges Thema herausgekommen. Eduard Zwingler (FW) meinte mit Bezug auf die Ergebnisse eine Diskrepanz festzustellen zwischen dem, was die Politik und was die Unternehmen wichtig erachteten. Mehr Busse ins Gewerbegebiet seien für letztere offenbar weniger bedeutend, als man immer gedacht habe. Widerspruch kam von Christoph Münch (SPD). Denn vielleicht sei das Nahverkehrsangebot eben deswegen so irrelevant, weil es nicht gut genug sei - was die Befragten nämlich auch angegeben hatten. Zum anderen habe man ja nur etwas mehr als ein Viertel der Fragebögen zurückbekommen, man könne also nicht von einer wirklich repräsentativen Umfrage ausgehen.

Dieses Problem sah Josef Peis (Pro Ebersberg) auch bei der Aussage zur EGA. Bevor man diese zum Auslaufmodell erklärt, sollte man nachschauen, ob die Firmen, die bei der Umfrage mitgemacht haben, in der Vergangenheit auch überhaupt bei der EGA ausgestellt hätten. Vielleicht ergebe sich, dass man einfach bei denen angefragt habe, für welche die Messe tatsächlich nie eine Rolle gespielt hatte. Auch Günter Obergrusberger (CSU) regte an, bis zum Workshop solle die Verwaltung "die Ergebnisse noch etwas feiner ziselieren". Münch schlug vor, bei den teilnehmenden Firmen noch genauer nachzufragen, warum sie mit dem einen oder anderen unzufrieden sind. Florian Brilmayer (CSU) hätte gerne den Stadt-Dialog, ein informelles Gremium aus Politik und Wirtschaft mit eingebunden, Marc Block (Grüne) sprach sich dafür aus, "die Datenbasis zu vergrößern", immerhin seien in der Kreisstadt rund 1000 Gewerbe angemeldet.

Von denen ein großer Teil aber keine klassischen Firmen seien, gab Hauptamtsleiter Erik Ipsen zu bedenken, so falle beispielsweise jede PV-Anlage auf dem Hausdach in die Kategorie Gewerbe. Man habe sich bei der Auswahl der Befragten schon um eine ausgewogene Mischung der Branchen bemüht sowie die größeren und bedeutenderen Firmen kontaktiert. Allerdings, so gab Ipsen zu, "wirklich repräsentativ wird es nie werden", schließlich könne man ja keinen zwingen, den Fragebogen auszufüllen.

Einiges lasse sich aber schon ableiten und sei auch nicht überraschend, so Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos), besonders der Mangel an Fachkräften und an Erweiterungsflächen sei nicht neu. Bei den Flächen geht es laut Proske meist nicht um große Areale mit mehreren 10 000 Quadratmetern, die Firmen, die sich bei der Stadt erkundigten, suchten eher im Bereich von 2000 oder 3000 Quadratmeter für ein neues Bürogebäude oder eine Produktionsstätte: "Aber wir können diese Flächen nicht anbieten", bedauerte Proske, weil die Stadt darüber schlicht und einfach nicht verfüge. Zumindest gebe es einen Ansatz, wo diese Flächen liegen sollen, so Zwingler. Denn bei der Umfrage hatte sich auch ergeben, dass nur wenige Firmen in eine Innenstadtlage ziehen wollten: "Wir sollten draußen Flächen suchen", so Zwingler. Und mehr Eile an den Tag legen, mahnte Marina Matjanovski (CSU) an, "wir müssen jetzt Konzepte entwickeln, wie man die Probleme angeht".

Vor zu viel Eile warnte indes Block, "einige galoppieren schon los, wollen gleich Gewerbegebiete ausweisen". Damit die Maßnahmen aber am Ende auch sinnvoll sind, brauche es mehr Analyse der Daten. Genau wie der Maßnahmen, sagte Brilmayer. "Es soll ja darum gehen, den Unternehmen hier bessere Möglichkeiten zu bieten." Dazu solle man sich als Stadt aber auf die Sachen konzentrieren, "auf die wir einen Einfluss haben". So könnte Ebersberg beispielsweise zwar das Busangebot ins Gewerbegebiet verbessern, aber eben nicht den S-Bahn-Takt.

© SZ vom 23.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: