Geschichte im Landkreis Ebersberg:Fast im Himmel

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Kreisheimatpfleger Thomas Warg führt von Kirchturm zu Kirchturm

Von Thorsten Rienth, Ebersberg

Mitten in der Coronakrise schreibt ein Anzinger eine E-Mail an Kreisheimatpfleger Thomas Warg und erzählt: Er befasse sich aus persönlichem Interesse mit der Baugeschichte von historischen Gebäuden im Landkreis. Zu praktisch allem seien im Internet Tabellen und Charts zu finden. Nicht aber zur Höhe der Kirchtürme im Landkreis. Allein zum Turm der Zornedinger St. Andreas-Kirche habe er mit 37 Metern eine verlässliche Höhenangabe gefunden. Warg stürzt sich in die Recherche, kontaktiert das Vermessungsamt, den theologischen Referenten des katholischen Kreisbildungswerks, Tobias Christl. Dann wird viel mehr daraus, als nur eine neue Internet-Tabelle: An diesem Samstag beginnt die neue Wanderreihe "Von Kirchturm zu Kirchturm".

"Von den höchsten Kirchen im Landkreis ist es nur ein kleiner Schritt zu den ältesten, zu den Schönsten, zu den Interessantesten, zu den Unbekanntesten", beschreibt Warg den Weg von der Kirchturmspitzenrecherche zur heimatgeschichtlichen Wanderreihe. Fast alle der 70 Kirchen im Landkreis hat Warg zu 21 Gemeinde-Führungen zusammengestellt. Für den Ebersberger, der bislang die Stadtführungen in der Kreisstadt und in Grafing organisiert, bedeutet die Reihe eine Art Konzept-Rollout auf den ganzen Landkreis. Derart auf ihn fixiert würde Warg es freilich nie formulieren. "Das macht man nicht alleine", betont Warg. Mit Referent Christl sei jemand an Bord, der Zugang zu allen Kirchen im Landkreis hätte. "Deren Türen öffnen sich schließlich nicht für jedermann." Christl sowie der Ebersberger Robert Bauer unterstützen Wanderreihe ebenfalls. "Die beiden gehören zu den absoluten Experten, wenn es um Kirchengeschichte im Landkreis geht", ordnet Warg ein. Die mittlerweile 16 Stadtführer aus Ebersberg und Grafing seien ebenfalls mit von der Wanderung, respektive Radltour.

Das sind die beiden Optionen, die, anhängig von den lokalen Gegebenheiten in der "Kirchturm zu Kirchturm"-Reihe auch mal kombiniert werden können. Ähnliches gilt für die Routen der einzelnen Touren. Beim Auftakt am Samstag geht es zuerst zur höchsten Kirche im Landkreis in Hohenlinden, dann weiter nach Kronacker. Dort steht die älteste, erstmals urkundlich erwähnt am 26. April 768. An den Superlativen wollen sich Warg und Kollegen allerdings nicht abarbeiten. Vielmehr ginge es bei der Reihe um die Geschichte hinter den Geschichten, sagt der Kreisheimatpfleger. Bei der Kronacker Filialkirche die Votivtafel von Schlachtgetümmel, links Österreicher, rechts Franzosen. In einer Wolke die schwarze Mutter Gottes von Altötting, zu ihren Füßen zwei Engel.

In den Jahrhunderten der Kirchen spiegele sich eben auch die Landkreisgeschichte, erzählt Historiker Warg. "Die meisten Kirchen sind in Bauabschnitten entstanden, und zwar nicht immer freiwillig." Mal fing ein Bauherr in der Romanik an, baute im gotischen Stil weiter. Zwei, drei Generationen später barock umgestaltet und nach dem Dreißigjährigen Krieg einem neuen Zeitgeist folgend wieder hergerichtet. Oder, wie bei der Grafinger St. Ägidius-Kirche, ab dem Jahr 1692 nahezu komplett neu gebaut. Immerhin: Einige Reste des Sakramentshymnus an der Chor-Nordseite vom frühen 15. Jahrhundert ließen sich integrieren - und bei der Renovierung in den 1960er Jahren ein Fresko im Chorfenster-Spitzbogen wieder herstellen.

Treffpunkt der Tour um Hohenlinden ist die Pfarrkirche St. Josef um 15 Uhr. Anmeldung erforderlich bei Thomas Warg unter (08092) 336601.

© SZ vom 03.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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