Gemeinderat Vaterstetten:Legale Lebkuchen

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Vaterstetten überarbeitet seine Leitlinien zur Korruptionsvermeidung. Für die Mitarbeiter der Verwaltung gelten sie verbindlich, die Gemeinderatsmitglieder beschließen dagegen eine entsprechende Selbstverpflichtung

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Kleine Geschenke erhalten einer Redensart zufolge zwar die Freundschaft, im Umgang mit Behördenmitarbeitern können sie indes kritisch sein. Schließlich steht dann schnell der Vorwurf der Einflussnahme im Raum - oder gar der Korruption. Damit es gar nicht so weit kommt, wurde in Vaterstetten nun ein Konzept zur Korruptionsprävention inklusive Handbuch im Gemeinderat vorgestellt und diskutiert.

Bereits 2008 hatte der Gemeinderat ohne Gegenstimmen die Einführung eines entsprechenden Konzeptes beschlossen, auch einen Ansprechpartner für das Thema in der Verwaltung sollte es eigentlich geben. Ursprünglich war dafür der damalige Geschäftsleiter zuständig, seit dessen Wechsel in eine andere Gemeindeverwaltung ist der Posten indes vakant. Weshalb die Grünen vor ziemlich genau einem Jahr beantragt hatten, wieder einen Anti-Korruptionsbeauftragten zu benennen und ein aktualisiertes Konzept zu erstellen.

"Das haben wir leider immer wieder schieben müssen", sagte Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU). Grund dafür war, dass für die Selbstverpflichtung der Gemeinderatsmitglieder eine Unterweisung des gesamten Gremiums nötig sei - und die Vollversammlung konnte in den vergangenen Monaten wegen Corona eben nur sehr selten zusammenkommen.

Die Belehrung und Erläuterung übernahm anschließend Doris Laban vom Rechtsamt der Verwaltung und neue Beauftragte für Korruptionsprävention. Für die Mitarbeiter der Gemeinde gibt es das neue Handbuch. Darin werden die rechtlichen Grundlagen erklärt sowie mögliche Indikatoren für Korruption aufgelistet. Ebenso gelistet sind Geschenke und sonstige Vorteile, die man als Verwaltungsmitarbeiter nicht annehmen sollte - etwa "einschlägige Bar- und Bordellbesuche", aber auch Klassiker wie Geldgeschenke. Grundsätzlich sollten Rathausmitarbeiter nichts annehmen, das mehr als 20 Euro wert ist.

Bei entsprechendem Verdacht sollen sich die Mitarbeiter an die Anti-Korruptionsbeauftragte wenden. Bestätigt sich der Verdacht, drohen den Mitarbeitern "arbeits- beziehungsweise disziplinarrechtliche Folgen bis hin zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses beziehungsweise Entfernung aus dem Beamtenverhältnis", so der Text des Handbuches. Für Vorgesetzte kann dies sogar schon der Fall sein, wenn sie zwar nicht selbst korrupt sind, dieses Verhalten aber bei ihren Untergebenen zulassen.

Während diese Vorgaben für die Verwaltungsmitarbeiter per Dienstanweisung bindend sind, gilt das für Mitglieder des Gemeinderates nicht. Stattdessen enthielt der Beschluss für das Konzept eine Selbstverpflichtung - Ehrenkodex genannt - für die Ratsmitglieder. Vieles darin ergibt sich aus der Gemeindeordnung, etwa die Einhaltung der Verschwiegenheitspflichten oder die Offenlegung, wenn man durch einen Beschluss persönlich betroffen ist - und dann an der Abstimmung nicht teilnimmt.

Etwas Diskussionsbedarf gab es allerdings beim Passus, was als "unangemessene Geschenke und sonstige unangemessene Vorteile" anzusehen sei, denn natürlich sollen Gemeinderatsmitglieder solcherlei nicht annehmen. Wolfgang Schermann (SPD-Fraktion) bemängelte den Begriff als zu ungenau: "Das ist Auslegungssache und sehr dehnbar." Besser sei es, man verpflichte sich gleich, gar keine Geschenke anzunehmen, so Schermann. "Das ist in der Praxis aber schwierig", gab Spitzauer zu bedenken. Etwa, wenn, wie im Advent nicht unüblich, ein Gemeinderat oder der Bürgermeister ein paar selbstgebackene Lebkuchen überreicht bekomme. Dies oder ähnliche Kleinigkeiten dann abzulehnen könnte unter Umständen als Affront aufgefasst werden.

Cordula Koch (SPD) wollte wissen, wie Parteispenden in diesem Zusammenhang einzuschätzen seien. Etwa wenn sich eine Fraktion mit einem Unternehmer treffe, beispielsweise zur Firmenbesichtigung, und dieser dann dem Ortsverein etwas überweisen wolle. Dies komme darauf an, welche Erwartungen damit eventuell verknüpft sein könnten, sagte Wirtschaftsförderer Georg Kast. So habe erst kürzlich eine Firma der Gemeinde 2000 Euro spenden wollen, "der Betrieb ist längst genehmigt, da steht keine Entscheidung an", darum konnte man die Spende annehmen.

"Parteispenden sind natürlich grundsätzlich in Ordnung", meinte auch Bürgermeister Spitzauer, "aber nicht in Zusammenhang mit einer Leistung." Oder, wie seine Stellvertreterin Maria Wirnitzer (SPD) konkretisierte: "Wenn ein Ortsverband Parteispenden bekommt von einem Bauwerber." Oder auch von jemandem, dem erst kürzlich ein Antrag genehmigt worden sei, sagte Axel Weingärtner (Grüne). Man müsse schon aufpassen, dass nicht der Eindruck entstehe, "es wird in eine Richtung abgestimmt mit der Erwartung, dafür später eine Spende zu bekommen". Als Faustregel empfahl der Bürgermeister: "Je mehr Zeit vergeht zwischen einer Entscheidung und einer Spende, desto besser."

Die Lebkuchen und ähnliche Aufmerksamkeiten sind davon indes ausdrücklich ausgenommen, den Antrag Schermanns auf ein Komplettverbot von Geschenkannahmen unterstützten ansonsten nur Wirnitzer und Koch. Gegen die Stimme Schermanns wurden anschließend das Konzept und die Selbstverpflichtung beschlossen.

© SZ vom 27.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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