Gelungene Premiere:Tafeln und Tanzen

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Europa in der Ebersberger Volksfesthalle: Vertreter vieler Nationalitäten feiern zusammen bei einem großen Picknick

Von Stella Vogl, Ebersberg

Liebe geht bekanntlich durch den Magen, und so sieht es auch mit Heimatliebe aus. Dass Heimat dabei nicht unbedingt nur ein Land umfasst, belegen die Gespräche mit den Gästen bei dem Europa-Picknick, das das Partnerschaftskomitee in der Volksfesthalle organisiert hat. An der großen Tafel können sich die etwa 100 Besucher mit allerlei Spezialitäten aus Europa verköstigen lassen, auch Bayern ist mit Bier und Brezen präsent. Daneben packt Violeta Teneva stolz zwei Pitas aus. Was nach einem einfachen Blätterteig aussieht, ist in Wahrheit ein mit Händen gezogener Teig, der je nach Belieben beispielsweise mit Schafskäse oder Spinat gefüllt werden kann. Neben diesem herzhaften Gericht, sind auch die sogenannten Sarma typisch für die mazedonische Küche: Mangoldblätter mit Reis gefüllt. Wie auch ihre Freundin Daniela Screbrenova kam die Krankenschwester in den 90er-Jahren nach Ebersberg. "Die Kinder sind hier geboren. Die fühlen sich wahrscheinlich eher deutsch", verrät Screbrenova lachend. Gleichzeitig wird daheim auch Wert auf die Sprache gelegt. Teneva reist einmal im Jahr in ihre Heimat und ihre beide Kinder wurden bilingual erzogen.

Unter der Leitung von Tanzlehrerin Christiane Reichert versuchen sich die Besucher an Volkstänzen aus aller Welt und üben neue Schritte ein. (Foto: Christian Endt)

Die Wurzeln pflegen und gleichzeitig an einem anderen Ort angekommen sein - so ergeht es auch der Englischlehrerin der VHS Ebersberg Imelda Funk. Seit fast elf Jahren lebt sie in Ebersberg in der Nähe ihrer beiden Kinder. Eigentlich kommt Funk aus Irland, und obwohl sie die Freundlichkeit der Ebersberger sehr schätzt, wie sie betont, überkommt sie manchmal die Sehnsucht, wenn sie an ihre Heimatstadt Galway denkt: "Ich vermisse das Meer", sagt sie. Und fügt kompromissbereit hinzu: "Aber dafür hat Ebersberg zwei Seen." Auch sie legt Wert darauf, nicht ganz die Bindung zu ihrem Geburtsland zu verlieren und ein bis zwei Mal im Jahr die Familie auf der grünen Insel zu besuchen. Passend zu ihrer Leidenschaft für den Ozean hat Funk ihr mitgebrachtes Gericht ausgewählt: Sie hat Kartoffeln mit Lachs aufgetischt.

(Foto: N/A)

Während die meisten Besucher sich zu ein oder zwei Ländern in Europa ganz besonders hingezogen fühlen, ist Mohamed Ouarzagui aus Anzing viel herumgekommen. Neben der Staatsbürgerschaft seines Heimatlandes Marokko besitzt er auch einen portugiesischen und einen deutschen Pass. Während seines Studiums lebte er darüber hinaus eine Weile in Paris. Mit seiner Leidenschaft für Portugal hat er mittlerweile auch seine Frau Nicola angesteckt. Die Begeisterung zeigt sich nicht nur dadurch, dass die Familie öfter dem Land einen Besuch abstattet, sondern auch, dass er sofort den Fado Portugues erkennt, einen portugiesischen Volkstanz, zu dessen Musik Tanzlehrerin Christiane Reichert ein paar Meter weiter in der Volksfesthalle Anweisungen gibt: "Vor, vor, links, links, rück, rück." Edith Lachner ist eine der Kursteilnehmerinnen, die gemeinsam mit den Gästen die Schritte einstudiert. Auch wenn Lachner nicht aus einem anderen Land kommt, sammelt sie mit Freude Einblicke in Tanzschritte aus aller Welt: "Wir tanzen querbeet - israelisch, rumänisch, bulgarisch ..."

Über den europäischen Tellerrand geschaut, ist neben Ouarzagui auch Assane Güye aus einem afrikanischen Land, nämlich dem Senegal, nach Europa gekommen. Die Gründe dafür sind vielfältig, von einem Linguistik-Studium bis hin zu einer erhofften Zukunft mit besserer medizinischen Ausstattung und weniger Korruption. Nebenan sitzt Anton Binder gemeinsam mit drei Freundinnen. Der 17-Jährige hat auch in Kroatien Verwandtschaft, und davon reichlich, wie er erzählt. Dort spiele Familie sich nicht nur im engsten Kreis ab, sondern umfasse auch entferntere Verwandte und sogar Freunde, mit welchen man "bei jeder Kleinigkeit feiert". Auch kulinarisch weiß er über das Heimatland seiner Mutter Bescheid: "Es gibt ganz viel Hackfleisch, ganz viel Tomaten und Paprika", erzählt er. Obwohl er in Ebersberg aufgewachsen ist, kann sich Binder durchaus vorstellen, später einmal ein paar Jahre in Kroatien zu verbringen. Denn genau wie bei vielen anderen Ebersbergern schlägt sein Herz nicht nur für den Landkreis.

© SZ vom 14.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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