Gelungene Premiere im Landkreis Ebersberg:Zutiefst menschliche Dinge

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Theatertage in Vaterstetten: Das Albert-Einstein-Gymnasium aus München macht mit der Eigenproduktion "Leonce" den Anfang. (Foto: Severin Vogl/oh)

Theatertage der Bayerischen Gymnasien bringen Festivalstimmung an die Schule in Vaterstetten

Von Alexandra Leuthner, Vaterstetten

Das muss ein Summen und Schwirren gewesen sein im Vaterstettener Humboldt-Gymnasium Anfang dieser Woche. Wo an anderen Schulen in den letzten Tagen vor den großen Ferien spürbar die Entspannung einzieht, vielleicht noch das eine oder andere Abschiedsfest über die Bühne geht, liefen die Geschehnisse in Vaterstetten noch einmal auf einen Kulminationspunkt zu. Als Ausrichter der 63. Theatertage der bayerischen Gymnasien musste man 200 Schüler anderer Einrichtungen und ihre Lehrer drei Tage lang unterbringen. Dazu noch diverses Equipment, das die auswärtigen Theatergruppen für ihre Aufführungen mitgebracht hatten. "Sie haben alle in Klassenzimmern geschlafen", erzählt Amelie Cocron. Gemeinsam mit Susanne Asam - beide gehören zum Organisatorenteam der Theatertage in Vaterstetten - zieht sie Bilanz des Ereignisses. Eine begeisterte Bilanz.

Nach mehr als einem Jahr an Vorbereitungen habe schließlich alles geklappt - von den kleineren Katastrophen wie ein durchgeglühtes Mischpult, die das Theaterleben so mit sich bringt, mal abgesehen. "Wie bei einem Festival" habe man sich gefühlt, erzählen die beiden Lehrerinnen. Bis auf den letzten Raum war die Schule belegt. Die Gastschüler nächtigten in Klassenzimmern. Zu den Theatertagen gehören neben den Aufführungen eine Reihe von Workshops für Schüler und Lehrer, deren Teilnehmer in Vaterstettener Hotels oder Pensionen untergebracht werden mussten. Viel Organisationsaufwand also, den die Lehrer und Schüler aus verschiedenen P-Seminaren des Humboldt-Gymnasiums zu bewältigen hatten.

"Nach der großen Erfahrung, die wir gesammelt haben, könnten wir es jetzt eigentlich noch mal machen", sagt Cocron lachend. Unterstützung und hilfreiche Ratschläge vom Veranstalter der Theatertage, der Fördergemeinschaft für das Schultheater an den bayerischen Gymnasien, der der Fachverband "Theater am Gymnasium in Bayern", die Landeselternvereinigung und der Bayerische Philologenverband angehören, sei ihnen auch immer sicher gewesen. Doch nicht nur der organisatorische, auch der finanzielle Aufwand ist hoch, er liege deutlich im fünfstelligen Eurobereich, erklärt Susanne Asam, schon allein die Miete der Bühnenausrüstung gehe ins Geld. Eine Bewerbung für die nächsten Jahre ist also nicht vorgesehen. Nach Murnau im vergangenen und Vaterstetten in diesem Jahr wandern die Theatertage 2020 nach Amberg, das dortige Gregor-Mendel-Gymnasium wird dann der Ausrichter sein.

Dass es dabei nicht um einen Wettbewerb zwischen den teilnehmenden Schulen geht, sondern vielmehr um Austausch, gegenseitiges Kennenlernen und die Möglichkeit, Erfahrungen auf der Bühne zu sammeln, ist bei den beiden Vaterstettener Lehrerinnen herauszuhören. So gibt es zwar eine Jury, um aus den Bewerbungen der bayerischen Gymnasien jene acht bis zehn auszuwählen, die jeweils an den Theatertagen teilnehmen, aber keine Abschlussprämierung. Nach allem was sie gehört hätten, erzählen die Lehrerinnen, habe sich bei den Schülern kein eindeutiger Favorit aus den vorgestellten Stücken herauskristallisiert. Das Niveau aber, so die einhellige Meinung, sei hoch gewesen.

Gespielt hatten der Profilkurs Theater des Albert-Einstein-Gymmnasiums München, "Leonce"; die Theatergruppe des Gymnasiums Gars "Gesellschaft", angelehnt an George Orwells "Animal Farm"; die Oberstufen-Theatergruppe der Caritas Fachakademie für Sozialpädagogik Bamber Büchners "Woyzeck"; der Profilkurs Theater des Ernst-Mach-Gymnasiums Haar "Leon und Lousie" nach dem Roman von Alex Capus; die Mittelstufen-Theatergruppe des Johann-Michael-Fischer-Gymnasiums Burglengenfeld "Das Gewächshaus", frei nach "Concord Floral" von Jordan Tannahill; die Theatergruppe des Dientzenhofer-Gymnasiums Bamberg "Der aufhaltsame Aufstieg der Arturo Ui" von Bertolt Brecht und das Oberstufentheater desselben Gymnasiums "Kasimir und Karoline" von Ödon von Horvath; der Theaterkurs des Pirckheimer Gymnasiums Nürnberg eine Adaption von William Shakespeares "Othello; und die Timeless-Theatergruppe des Gymnasiums Olching "Herr der Fliegen", frei nach William Golding.

Anspruchsvoller Stoff also, den die Theatergruppen zu meistern hatten - aber doch alles "zutiefst menschliche Dinge", die die jungen Leute ebenso oder doch auf ähnliche Weise beträfen wie Erwachsene auch, sagt Cocron. "Es gibt "eigentlich nichts, was am Schultheater nicht geht." Schließlich könne man alles mit den Jugendlichen erarbeiten. Wenn die dann die Gelegenheit bekämen, ihre eigene Sicht einzuarbeiten und neue Facetten im Spiel und in der Darstellung zu entdecken, "dann macht das großen Spaß, dabei zuzuschauen".

© SZ vom 27.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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