Geldverschwendung in Grafing?:Weiß doch jeder

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Wärmedämmung kann die Heizkosten senken - dass man für diese Erkenntnis Experten braucht, finden nicht alle im Grafinger Stadtrat. Symbolfoto: Armin Weigel/dpa (Foto: Armin Weigel)

Im Grafinger Umweltausschuss geht es um den Weg zur Energiewende - unter anderem durch Sanierungen städtischer Liegenschaften. Das dazu vorgestellte Gutachten gefällt indes nicht allen

Von Tobias Schweitzer, Grafing

Auch wenn das momentane Krisenmanagement der Corona-Pandemie die Frage nach der Bekämpfung der Klimakrise ein wenig in den Hintergrund geraten lässt, auf der Tagesordnung des Grafinger Klima-, Umwelt-, Kultur-, Schul- und Sozialausschusses fand sie ihren Platz. Das Gremium beschäftigte sich nämlich in seiner jüngsten Sitzung mit den Fortschritten und Defiziten, die die Stadt Grafing in Sachen Klimaschutz vorzuweisen hat. Anlass dazu boten die Veröffentlichung der zweiten Treibhausgasbilanz des Landkreises Ebersberg sowie die Vorstellung des Abschlussberichts des Energiecoaching Plus, ein Förderprojekt der Landesregierung, an dem Grafing gemeinsam mit 123 anderen oberbayerischen Kommunen teilgenommen hat.

Dass die großen Fortschritte trotz zahlreicher Anstrengungen noch auf sich warten lassen, wurde schnell klar, als Felix Wiesenberger von der Energieagentur Ebersberg/München die Treibhausgasbilanz vorstellte. Ab dem Jahr 2030 will die Stadt Grafing ihre Energie komplett ohne fossile Energieträger beziehen. Bisher sind es jedoch lediglich 15,6 Prozent der Energieversorgung, die über erneuerbare Energien sichergestellt werden. Bleibt also noch allerhand zu tun.

Wie das aussehen könnte, versuchte dann Philipp Rinne, ebenfalls von der Energieagentur Ebersberg/München, zu umreißen. Er stellte den Ausschussmitgliedern die Ergebnisse des Energiecoaching Plus vor und referierte zunächst einige allgemein gehaltene Vorschläge zur Energieeinsparung in den Bereichen Strom, Wärme, Mobilität und Öffentlichkeitsarbeit. Sei es die konsequente Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED-Licht, die energetische Sanierung kommunaler Liegenschaften oder die Umstellung des städtischen Fuhrparks auf Elektrofahrzeuge - auch kleinere Maßnahmen könnten einen wertvollen Beitrag zum gemeinsamen Ziel leisten und überdies die Vorbildfunktion der Stadt stärken, wurde Rinne dabei nicht müde zu betonen.

Konkreter wurde es dann, als es um die geplante Sanierung eines städtischen Gebäudes in der Kranzhornstraße ging. Das 1964 gebaute Haus verbraucht momentan mit 318 Kilowattstunden pro Quadratmeter deutlich zu viel Energie. Entsprechend der Berechnungen, die die Energieagentur nun vorgestellt hat, könnte der Energieverbrauch um ganze 86 Prozent auf 44 Kilowattstunden pro Quadratmeter reduziert werden. Zusätzlich zur energetischen Sanierung sollen noch zwei weitere Wohneinheiten im Dachgeschoss des Hauses geschaffen werden. Die Kosten der Sanierung belaufen sich dann insgesamt auf rund 802 000 Euro, Fördermittel aus dem Bereich "Kommunaler Klimaschutz" oder des "Wohnungspaktes" könnten beantragt werden.

Nicht ganz so begeistert von dem halbstündigen Vortrag und den Einlassungen des Beauftragten der Energieagentur zeigte sich im Anschluss Stadtrat Claus Eimer (FDP): Es brauche kein 50-seitiges Gutachten, um Selbstverständlichkeiten aufzulisten. Auch die Sanierungsbedürftigkeit des Gebäudes in der Kranzhornstraße hätte jeder Besucher des Hauses nach fünf Minuten selbst erkennen können, so Eimer. Statt immer wieder neuen Fördernetzwerken beizutreten oder sinnlos Papier mit Erkenntnissen, die heutzutage keinen Neuigkeitswert mehr darstellten, zu verschwenden, sei es sinnvoller, das Geld direkt in die Planungen zu investieren und loszulegen.

Die restlichen Ausschussmitglieder reagierten mit betretenem Schweigen auf die Ausführungen des FDP-Stadtrats, schien er doch einen wunden Punkt getroffen zu haben. Schließlich wurde der Vorschlag der Energieagentur angenommen: Das Gebäude in der Kranzhornstraße soll in den kommenden Jahren energetisch saniert werden.

© SZ vom 15.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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