Gefährlicher Schulweg:Die Umgehung des Schneebergs

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Weil keiner fürs Räumen zuständig ist, müssen in Schlacht Kinder auf der Straße gehen

Von Viktoria Spinrad, Glonn

Dass Schneeschippen kein Vergnügen ist, daran werden Anwohner öffentlicher Gehwege Winter um Winter erinnert. Was passiert aber nun, wenn Grundschüler jeden Morgen auf der Staatsstraße zum Bus spazieren müssen, weil der Gehweg mit Schneehaufen zugeschüttet ist - und dieser offiziell gar kein räumungspflichtiger Gehweg ist?

Mit einer solch vertrackten Situation hadern sie zur Zeit im Glonner Ortsteil Schlacht. Ein Straßendorf entlang der St2079, hier wohnt Ilona Mennerich. Sie ist nicht nur Mutter eines neunjährigen Sohns, sondern auch Schülerlotsin. Und erlebt Morgen um Morgen, wie sich an den Straßenseiten die Schnee- und Eisberge von Räumdienst und Nachbarn türmen. Die "Umgehung" für die Anwohner führt entlang der zweispurigen Staatsstraße, direkt am Berufsverkehr vorbei.

"Unerhört" findet sie, dass niemand etwas dagegen unternimmt. Mennerich hat Angst, dass jemand ausrutscht und etwas Schlimmes passiert. Dass tatsächlich niemand zuständig sein soll, den öffentlich genutzten Privatweg zu räumen, "das kann doch nicht sein".

Doch genau so ist es. Auf den betroffenen Abschnitten, auf denen die beiden Bushaltestellen liegen "existiert keine Räum- und Streupflicht", erklärt Glonns Bürgermeister Josef Oswald (CSU). Unter der rechtlichen Voraussetzung hätten die Anwohner auch überhaupt erst zugestimmt, Teil ihres Weges entlang der Straße der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

Die Gemeinde steckt hier in einer Zwickmühle. Da die Anwohner die Streifen entlang der St2079 nicht verkaufen wollen, ist die Gemeinde auf ihre Kulanz angewiesen. Beide Bushaltestellen stehen auf Privatgrund, werden von den Grundstücksbesitzern geduldet; die Gemeinde hält sich mit weiteren Forderungen entsprechend zurück.

Das zeigt sich auch in Oswalds Äußerungen. Er sagt: "Wenn man den Anwohnern Ärger macht, verschwinden eher die Bushaltestellen als der Schnee." Eine Anwohnerin, die nicht zitiert werden möchte, deutet genau das an. Der Knackpunkt: Ein Teil der Schneehaufen stammt wohl vom öffentlichen Räumfahrzeug. Also doch ein Grund, die Gemeinde in die Verantwortung zu nehmen?

Bürgermeister Oswald winkt ab. "Die Gemeinde fängt jetzt nicht an, auf Privatgrundstücken Schnee zu räumen", so Oswald. Er könne nur etwas machen, wenn er die Streifen erwerben könne - doch von den Anwohnern gebe es keine Bereitschaft, diese abzutreten. Eine verfahrene Lage, die Oswald, wie er sagt, bedauert: "Die Situation ist unschön, aber rechtlich haben wir keine Mittel in der Hand."

Mennerich bleibt also nur, kreativ zu werden. Zusammen mit den anderen Schulweghelfern holt sie die Kinder morgens nun im Neubaugebiet ab und leuchtet sich mit einer Taschenlampe an der Staatsstraße entlang. Um für etwas mehr Sicherheit zu sorgen, überlegt sie nun, beim Bauhof leuchtende Schneestangen zu besorgen. "Wir hoffen einfach, dass wir nicht z'sammgefahren werden", sagt Mennerich.

© SZ vom 30.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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