Geburtstagsfeier in Vaterstetten:Fidele Matriarchin

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Die Jubilarin inmitten ihrer Gratulantenschar, darunter Bürgermeister Georg Reitsberger und stellvertretende Landrätin Magdalena Föstl. (Foto: Christian Endt)

Ursula Hussong ist mit 100 Jahren noch sehr aktiv

Von Victor Sattler, Vaterstetten

Um den Hals trägt Ursula Hussong ein goldenes Amulett, das an den Zeitumkehrer aus Harry Potter erinnert, am Armband einen Notrufknopf, der ihr lebenswichtige Hilfe innerhalb von Sekunden sichern kann. 100 Lebensjahre zählt Ursula Hussong aus Vaterstetten nun, aber den Takt gibt trotzdem ihre vierjährige Ururenkelin Ronja an, die mit ihrem Frohsinn einer ganzen Partygesellschaft die Zeit vertreiben kann. Am Mittwoch waren fünf Generationen der Familie Hussong im Vaterstettener Seniorenheim zusammengekommen, um ihre Grande Dame zu feiern. Gratulant und Bürgermeister Georg Reitsberger (Freie Wähler) musste sich beim Anblick so vieler Damen aber erst einmal die Frisur zurechtstreichen: Denn Hussong hat über die Jahre einen Klan aus treuen Töchtern, Enkelinnen und Urenkelinnen um sich versammelt. Der einzige männliche Nachfahre am Tisch ist mit seiner Familie nach Spanien gezogen, das ist aber nur ein Zufall.

Am Kaffeetisch mit Spitzentischdecke versuchen alle im Wettstreit, den langen Lebensweg der Matriarchin nun einmal lückenlos nachzuzeichnen, immer wieder gerät ihnen eine Jahreszahl durcheinander. "Da war ja noch Erster Weltkrieg", stellt Reitsberger fest, als es um die allerersten Wochen in Hussongs Leben geht. 19 Jahre Kindheit und Jugend hatte sie, 44 Jahre war sie Ehefrau, für 37 weitere blieb sie verwitwet. Aber die 100 Jahre sind fast frei von Einsamkeit: Den beiden Töchtern folgend, entschlossen sie und ihr Mann sich, aus Göttingen nach Niederbayern umzuziehen. Nach seinem Tod ging sie allein nach München, wo ihre Tochter Ute lebte. Und hier im Seniorenheim Vaterstetten, wo Hussong bis vor zwei Jahren ein eigenes Apartment bewohnte, kann die ganze Familie sie besuchen und tut das, wie an diesem Nachmittag deutlich wird, auch gern und mit liebevoller Zärtlichkeit.

In Vaterstetten, der statistisch ältesten Gemeinde im Landkreis Ebersberg, liegt der Altersrekord bei 107 Jahren. Eine Frau war es natürlich, die ihn einst aufgestellt hat. Zwei Damen, die beide dieses Jahr 105 Jahre alt geworden sind, haben sich nun aufgemacht, um ihr den Titel abzustauben. "Sie sehen, man hat bei uns gute Chancen, alt zu werden", frohlockt Georg Reitsberger und schnappt bei der Hitze noch ein wenig von der guten Luft. Allerdings sollte man mit dem Ziel des hohen Alters im Kopf tunlichst keine Geschenke des Bürgermeisters annehmen: "Zum 40. Geburtstag gibt es von mir einen 40-prozentigen Schnaps, und dann immer so weiter", sagt Reitsberger und lacht, "beim 100. wird das nun aber schwierig."

Wenn am Tisch höflich geplaudert wird, hört Ursula Hussong nicht allzu genau hin, sie beobachtet lieber ihre Ururenkelin beim Turnen auf den Polstern. Für ihre 100 Jahre ist sie noch ein echter Tausendsassa, Hussong verbringt ihre Zeit mit Handarbeiten, liest für ihr Leben gern, gießt sich nun eine weitere Tasse Kaffee nach und leert mit wenigen Zügen das verschmähte volle Sektglas ihrer Tochter - im Grunde alles, was es zu einem guten Leben braucht.

© SZ vom 13.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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