Frauenhaus:Erdinger Landrat greift Ehrenamtliche an

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Das Erzbistum München und Freising, der Sozialdienst katholischer Frauen und die ehrenamtlichen Mitarbeiter sind empört über die Aussagen von Martin Bayerstorfer zum Frauenhaus

Von Florian Tempel, Erding/Ebersberg

"Wir sind erschrocken über das Niveau der Äußerungen, über die Beleidigungen und Unterstellungen." Der Sprecher des Erzbistums München und Freising, Bernhard Kellner, hat mit scharfen Worten auf die jüngsten Äußerungen des Erdinger Landrats Martin Bayerstorfer (CSU) zum Thema Frauenhaus und Interventionsstelle in Erding reagiert. Auch den Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) als Träger des Frauenhauses, in dem auch Betroffene aus dem Landkreis Ebersberg Zuflucht finden, sowie die Ehrenamtlichen, die dort mitarbeiten, hatte Bayerstorfer am Montag im Erdinger Kreistag hart attackiert.

Die Geschäftsführerin des SkF München, Elke Prumbach, wies jetzt Bayerstorfers Mutmaßung zurück, der SkF gehe mit Spenden für das Frauenhaus Erding nicht ordentlich um. Landrat Bayerstorfer habe vielmehr ihr den "merkwürdigen Vorschlag" gemacht, der SkF solle die Spenden fürs Frauenhaus direkt beim Landratsamt abliefern. "Das musste ich ablehnen", sagte Prumbach, "weil wir sehr sorgfältig mit den Spenden umgehen, die wir bekommen." In der Regel gäben die Spender ihr Geld für eine ganz konkrete Verwendung: "Sie wollen, dass ihr Geld den Frauen und gerade auch den Kindern direkt zugute kommt." Kaum ein Spender gebe Geld für die allgemeinen Kosten, sondern fast immer "für etwas Zusätzliches", zum Beispiel, um einen Ausflug für die Frauen und Kinder zu ermöglichen. Eingang und Verwendung der Spenden würden "immer bei uns notiert", sagte Prumbach, "wir können das jederzeit offenlegen".

Auch die Ehrenamtlichen, die wesentlich dazu beitragen, dass das Frauenhaus auch nachts, an Wochenenden und Feiertagen jederzeit erreichbar und in Betrieb ist, sind über den Erdinger Landrat verärgert. Sie hatten angekündigt, ihre Mitarbeit einzustellen, falls der Träger des Frauenhauses, der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) München, aus finanziellen Gründen ausgetauscht und das hauptamtliche Personal ersetzt werde. Im Erdinger Kreistag hatte der Erdinger Landrat nun den 15 Ehrenamtlichen schlechte Beweggründe vorgeworfen: "Das bedauere ich, wenn es Ihnen nur um eine Einrichtung geht und nicht um die Frauen, die dort Schutz suchen." Er habe geglaubt, die Ehrenamtlichen hätten "aus höheren Motiven" mitgearbeitet, sagte Bayerstorfer.

"Was soll man dazu sagen", sagt Karin Adams, die seit 22 Jahren unentgeltlich im Erdinger Frauenhaus mitarbeitet, "da fällt einem nichts mehr ein." Rosmarie Jell, ebenfalls seit vielen Jahren im Team der Ehrenamtlichen, sagt: "Ich mag mich auf dieses Niveau, auf das sich Herr Bayerstorfer begeben hat, nicht einlassen."

Ebenso deutlich reagiert das Erzbistum auf die Anschuldigung Bayerstorfers, das Bistum habe dem Landkreis Erding die Finanzierung der Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt aufgebürdet und sich selbst aus der Verantwortung gezogen zu haben. "Wir weisen diese falsche Darstellung ausdrücklich zurück," sagte Kellner, "das ist nicht zutreffend." Und: "Wir finden es nicht angemessen, auf dem Rücken Not leidender Frauen Politik zu machen. Wir finden es sehr ratsam, zu einem differenzierte und sachlichen Dialog zu finden."

Kellner erklärte, es sei "ein übliches Verfahren", dass die katholische Kirche neue Einrichtungen mit einer Anschubfinanzierung überhaupt erst ermögliche. Genau so sei es bei der Interventionsstelle gewesen, die eng mit dem Erdinger Frauenhaus verbunden ist. Die Interventionsstelle war bei ihrer Einführung vor zehn Jahren eine der ersten in Bayern.

Das Erzbistum finanzierte die Erdinger Interventionsstelle mehr als zwei Jahre, bevor der Landkreis auf Antrag der CSU-Kreistagsfraktion den wesentlichen Finanzierungsanteil übernahm und seit 2010 jährlich 38 500 Euro überweist. Kellner wies daraufhin, dass das Erzbistum den Träger des Frauenhauses und der Interventionsstelle, den SkF "permanent" mitfinanziere, "sodass das Erzbistum auch permanent finanzielle Mittel ans Frauenhaus und die Interventionsstelle gibt".

© SZ vom 26.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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