Folgen der Pandemie:Tiefgreifende Modulation

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Um weiter existieren zu können, setzt die Musikschule Vaterstetten nun noch mehr auf Gruppenunterricht und Kooperationen

Von Anja Blum, Vaterstetten

"Wir werden nie mehr so sein wie vorher", sagt Bernd Kölmel, Chef der Musikschule in Vaterstetten. Das lässt erahnen, wie tief die Einschnitte und die Erfahrungen durch die Pandemie in seinem Haus reichen. Die große Frage aber sei nun: "Wie können wir die Musikschule für die Ära nach Corona sichern, sie zukunftsfähig aufstellen?" Da habe man in den vergangenen Monaten einige entscheidende Antworten gefunden, so Kölmel: Erstens soll die Musikschule mehr gemeinsames Lernen bieten und dadurch auch rentabler werden, außerdem möchte sie sich noch besser mit anderen Einrichtungen vernetzen. Vorbild sind dabei die Kollegen in Ebersberg, die in beiden Punkten schon um einiges weiter sind.

Zunächst einmal bleibt festzuhalten: Musikschulen als öffentliche Bildungseinrichtungen werden durch die Pandemie seit mehr als einem Jahr ausgebremst. "Die Macher sind gefordert, nicht nur, weil staatliche Hilfsprogramme nicht oder nur sehr unzureichend aufgestellt wurden und zunehmend auch die Kommunen großen Haushaltsdruck verspüren", sagt Kölmel. Nein, auch die Verunsicherung bei Kunden, Eltern und Schülern und Lehrkräften sei groß, und die Ungewissheit, was die Zukunft noch bringen wird, verstärke diese Entwicklung zunehmend. Insofern ist auch das entscheidende Feld der Schülergewinnung schwieriger geworden: "Die Kunden sind vorsichtiger und warten erst einmal ab." Die Musikschule in Vaterstetten spüre das besonders bei den stagnierenden Anmeldungen zur Musikalischen Grundausbildung. Ähnlich sei es mit den Trägern vieler Kitas, auch diese behielten sich die (Wieder-)Aufnahme von Kooperationen mit der Musikschule im neuen Schuljahr lieber noch vor.

Trotzdem bleiben Kölmel und seine Mitstreiter positiv, vor allem auch, weil die vier Mitgliedsgemeinden des Vereins - Vaterstetten, Zorneding, Poing und Grasbrunn - der Musikschule schon früh Rückendeckung signalisiert haben: Sie stellten bereits 2020 einen Rettungsfond zur Verfügung, auf den die Musikschule zurückgreifen kann, wenn die Liquidität ins Minus geht. "Auch, dass uns die Eltern und Schüler trotz dreier Lockdowns die Treue halten, den Online-Ersatzunterricht in vielen Fällen akzeptieren und wertschätzen, hat uns in der Krise gestärkt", sagt Kölmel. Zudem ist er sehr stolz auf sein Kollegium: Die Musikschule sei stets aktiv und präsent geblieben, habe viele Mitmachangebote und Konzerte via Livestream oder Zoom realisiert. "Das hat geholfen, dass unsere Eltern und Schüler das Gefühl hatten: ,Die stecken den Kopf nicht in den Sand, sondern tun etwas für uns'", so der Chef. Ergebnis dieser Bemühungen sei unter anderem gewesen, dass Gebühren gespendet wurden "und der enge Kontakt zwischen Eltern, Schülern, Lehrern und Büroteam positiv erhalten blieb". Auch der Vereinsvorsitzende Peer Frieß findet lobende Worte: Vieles sei trotz der Pandemie sehr gut gelaufen, "die Musikschule ist stabil".

Da ist die Freude groß: Die Preisträger der Musikschule Vaterstetten beim Gruppenfoto mit ihren Lehrkräften. (Foto: Veranstalter)

Doch wie geht es jetzt weiter? Was hat die Musikschule vor, um sich für die Zeit nach der Pandemie gut aufzustellen und den bereits begonnen Weg, die Schule zu einer regionalen, öffentlichen Bildungs- und Kultureinrichtung auszubauen, weiter zu beschreiten? Die wichtigste Neuerung: Der Anteil an Gruppenunterricht, bislang etwa 36 Prozent, soll erhöht werden. Besonders beim Einstieg in den Instrumentalunterricht sei das gemeinsame Lernen und Erleben zu empfehlen, denn das bringe am meisten Freude, so Kölmel. Sei es in der normalen Musikstunde, in Ensembles oder übergreifenden Projekten. "Wer lernt, auf andere zu hören, gewinnt etwas fürs Leben." Das habe die Corona-Zeit mit ihren vielen bunten Online-Projekten gerade wieder eindrücklich gezeigt. Darüber hinaus sei es den Bürgermeistern der Mitgliedsgemeinden freilich ein Anliegen, mit einer bezuschussten Unterrichtsstunde so viele Kinder wie möglich zu erreichen.

Die Musikschule in Vaterstetten diskutiere dieses Thema schon länger, so Kölmel, doch erst jetzt hätten sich Vorstand und Leitung auf eine entsprechende Änderung der Schulordnung verständigt: Künftig werden Schüler unter zehn Jahren grundsätzlich in Partner- oder Gruppenunterricht eingeteilt werden. Nur in Einzelfällen, bei Behinderung oder Hochbegabung etwa, soll es laut Kölmel Ausnahmen geben. Wenn Eltern für ihr Kind trotzdem Einzelunterricht wünschen, müssen sie künftig tiefer in die Tasche greifen und einen Zuschlag von 25 Prozent bezahlen. Damit erreicht die Musikschule bei diesen Unterrichtsformen eine Kostendeckung. "Dies war besonders dem Vorstand wichtig, denn die wirtschaftliche Entwicklung ist in Zeiten enger kommunaler Haushalte entscheidend", erklärt der Leiter.

Ein weiterer, in Kölmels Augen existenzieller Baustein auf dem Weg in eine gesicherte, fruchtbare Zukunft, ist die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen: Aktuell unternehme die Schulleitung alles, um mit Kitaträgern und Schulleitungen ins Gespräch zu kommen und neue Kooperationen ins Leben zu rufen. "Die bestehenden mit dem Walldorf Kindergarten, dem Kindergarten Maria Königin in Baldham, der Wendelsteinschule und der Grundschule in Parsdorf sind Modelle, die noch vor Corona entstanden und gut laufen." Außerdem gibt es in den weiterführenden Schulen Streicher- und Bläserklassen, die im kommenden Jahr ebenfalls ausgebaut werden sollen. Darüber hinaus will die Musikschule diesen Weg gezielt weiter gehen und auch in den anderen Gemeinden Partner in Kitas und Schulen finden, wo sie sich als verlässlicher und kompetenter musikalischer Bildungspartner einbringen kann.

Generell fänden im Vorstand derzeit intensive Gespräche statt, so Kölmel. "Wir suchen nach Möglichkeiten, die Musikschule zu sichern und durch die schwierigen Zeiten zu bringen." Auch mit dem Kollegium sei man im Austausch und bemüht, neue Elemente wie den online umgesetzten Tag der offenen Tür oder den neuen virtuellen Rundgang "Ton ab! - Toni Musikus besucht die Musikschule" positiv und kreativ umzusetzen. "Es geht auch darum, den Lehrkräften Perspektive und Halt zu geben." Noch im Sommer soll es beispielsweise eine Podiumsdiskussion zum Thema "Musik als Menschenbildung" geben, die von Martina Hussmann, Fachbereichsleiterin für Klavier, angeregt wurde und gerade organisiert wird. "Ein Wertediskurs ist wichtig, gerade in diesen Zeiten", so Kölmel. Außerdem seien Werbekampagnen in allen Mitgliedsgemeinden in Liveform geplant sowie ein "Tag des offenen Unterrichts" im Musikschulhaus in der Baldhamer Straße am Samstag, 3. Juli.

"Es gibt also ein ganzes Bündel an Maßnahmen und Vorhaben, die alle darauf abzielen, die Musikschule in den Gemeinden Vaterstetten, Poing, Grasbrunn und Zorneding zu positionieren und den Familien den Wert und die Qualität musisch-kultureller Bildung auch in Zeiten von Corona zu vermitteln", sagt Kölmel. Was die Musikschule jetzt brauche, seien viele Eltern, die ihre Kinder zum Unterricht anmelden und ihnen so den Zugang zum aktiven Musizieren ermöglichen.

© SZ vom 17.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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