Ferienreporter unterwegs:Stracciatella wie zu Großvaters Zeiten

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Roberto Panciera macht in der dritten Generation Eis. Sein ganzer Stolz ist die Eismaschine seines Großvaters, die er allerdings technisch auf den neuesten Stand gebracht hat. Sein Eiscafé in Zorneding führt er mit Ehefrau Abi Okunnu. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

In ihrem Café im Birkenhof machen Abi und Roberto Panciera ihr Eis selbst und schaffen einen Treffpunkt für Jung und Alt

Von Moritz Kasper, Zorneding

Dienstag kurz vor 10 Uhr. Unbeeindruckt von der Hitze macht die kleine Magdalena ihre ersten Gehversuche auf einem Treppchen, dass vom Bürgersteig auf eine abgesenkte Terrasse hinab führt, die an den Rändern mit Kissen ausgelegt ist. In der schattigen Ecke warten auf einem breiten Betonsims ihre Großeltern, um sich und die Kleine mit einem Eis von der Eisdiele "Stracciatella" zu belohnen. "Bei uns ist das Stracciatella fester Teil vom Spaziergang, den wir immer mit unserer Enkelin machen", erklärt Magdalenas Opa. Währenddessen trudeln weitere Eishungrige ein.

Obwohl erst seit Ende Mai geöffnet, hat sich das Eiscafé von Abi und Roberto Panciera schon zu einem beliebten Treffpunkt in der sonst eher anonymen Zornedinger Ortsmitte entwickelt. "Das Café hat den toten Birkenhof zum Leben erweckt", stellt Stammgast Michael Jäger von "Zorneding TV" fest. Er ist fast täglich vor der Arbeit hier, um sich ein Eis zu gönnen und dabei am Puls von Zorneding zu bleiben. "Das ist wie am Fußballplatz, nur dass man hier halt nicht über Fußball, sondern über das neueste Eis redet." So schnell dürfte ihm der Gesprächsstoff auch nicht ausgehen, denn das Stracciatella hat kaum feste Eissorten. "Neulich hat sich jemand für eine Feier ein Champagner-Himbeereis gewünscht", erzählt Roberto Panciera. Da die Sorte gut angekommen ist, bietet er sie nun auch für die Kunden im Café an.

Panciera betreibt die Gelateria zusammen seiner Frau Abi. Okunnu. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bei der Eisherstellung will er sich auf seine Wurzeln zurückbesinnen. Schon sein Großvater betrieb seit den Vierzigerjahren eine Eisdiele in Stollberg in der Nähe von Aachen. Aus dieser Zeit stammt auch die Eismaschine, mit der er sich jeden Tag an neuen Kreationen versucht. Heute stehen noch Ananas, Pfirsich, Banane und Limette auf dem Programm, der Rest wandert bald aus dem Kühlschrank hinter die Kühltheke. Doch es gibt ein Problem, das viele Eisverkäufer plagt: Der Kompressor kommt nicht mit der großen Hitze klar, so dass es hinter der Vitrine noch nicht kalt genug ist. Erst eine Viertelstunde später, zur Öffnungszeit, ist es so weit, und Magdalena und andere ungeduldige Gäste bekommen ihre süße Belohnung. Trotz seiner Erfahrung ist Panciera nervös. Er ist sich nicht sicher, ob das neue Butternuteis so funktioniert, wie er es sich vorgestellt hat. Da er sich bei den Zutaten auf das Wesentliche beschränkt, sind es die Feinheiten, auf die es ankommt. Ins Fruchteis kommen nur "Früchte, Wasser und Zucker", die Grundlage für das Milcheis bilden "Milch, Eier, Sahne und Zucker", versichert er.

Ins Fruchteis kommen nur „Früchte, Wasser und Zucker“, sagt Roberto Panciera. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Kopfzerbrechen bereitet ihm wie vielen anderen Eissalons zur Zeit auch der hohe Vanillepreis. Während er dieses Jahr noch auf eine Paste zurückgreift, will er in der nächsten Saison sein Eis direkt aus Vanilleschoten herstellen - ein besonderer Luxus, den sich viele Eisdielen nicht mehr leisten können. Panciera betreibt die Gelateria zusammen seiner Frau Abi. Sie erfüllen sich damit ihren Wunsch, auf eigenen Beinen zu stehen und mehr Zeit für ihre beiden Söhne Emilio und Italo zu haben. Die beiden sind fünf und sieben Jahre alt und es scheint ihnen hier zu gefallen. Dadurch, dass das Stracciatella auch bei Kindern ein beliebter Treffpunkt geworden ist, konnten sie schnell Anschluss im Ort finden. Panciera fühlt sich in seinem neuen Lokal immer wieder an die eigene Kindheit erinnert, nicht nur die Eismaschine, auch die Waage und eine der Kühleinheiten stammen aus seinen Kindertagen. Während die ersten Gäste mit Eis versorgt werden, sitzt Italo in der Kinderecke und beobachtet das Treiben. Er jedenfalls ist sich sicher, wenn er alt genug ist, will er auch in die Fußstapfen des Vaters treten.

© SZ vom 13.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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