Familienforschung:Unbekannte Tanten

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Anton Kindshofer erläutert die Grundbegriffe der Genealogie

Von Clara Lipkowski, Ebersberg

Eine der Feiern, bei der Anton Kindshofer mal wieder eine neue Tante und einen neuen Onkel kennenlernte, war für ihn Anlass, endlich seine Familie zu erforschen. "Ich wusste, dass mein Urgroßvater zwölf Geschwister im Landkreis Freising hatte", sagt er am Montagabend im Ebersberger Gasthaus "Alte Post", "aber ich kannte mich mit meiner Verwandtschaft überhaupt nicht aus."

Er wollte mehr über seine "Sippe", wie er sagt, erfahren und fing mit Nachforschungen an. "Das war in meinen Zwanzigern", erinnert sich der heute 70-Jährige. Inzwischen gibt er sein Wissen über Ahnenforschung weiter. Wie an diesem Montagabend in der Historischen Runde. Der Historische Verein für den Landkreis Ebersberg hatte eingeladen und etwa 35 Interessierte waren gekommen.

Jahrzehnte habe es gedauert, sagt Kindshofer, aber nach zig Besuchen in Archiven, Gesprächen mit Familienmitgliedern und Recherche im Internet, hat der pensionierte Lehrer einen umfassenden Stammbaum erstellt. Er reicht bis ins Jahr 1650 zurück. Würde man ihn in herkömmlichem Format ausdrucken, wäre er fünf Meter lang, sagt er nicht ohne Stolz in die Runde.

Welche Internetseiten er nutzt und welche Computerprogramme, erklärt der 70-Jährige ganz genau. Und, wie man Datensätze anlegt und welche Informationen man über Verwandte ablegen sollte - zum Beispiel, ob sie mehrfach geheiratet haben. Am wichtigsten aber, betont er, sei eine klare Struktur, nach der man das klassische "Schuhschachtelmaterial" - Fotos, Urkunden, Todesanzeigen - das man über seine Familie in die Hände bekommt, digital ablegt. "Sie finden nix wieder, wenn sie da keine Ordnung drin haben." Das betreffe auch die Schreibweise von Namen. "Sedlmaier" könne man etwa mit -ai, -ei oder -ayr schreiben. Um im eigenen Archiv Verwirrung zu vermeiden, müsse eine durchgängige Schreibweise her. Gleiches gelte für ausländische Verwandte, deren Namen womöglich unterschiedlich transliteriert würden.

Vielen der Interessierten, die in der Abendhitze geduldig zuhören, sind die Begriffe bekannt, mit denen Kindshofer seine Präsentation anreichert. Die Kekule-Regel etwa, die er erwähnt. Benannt nach dem Ahnenforscher Stephan Kekule, legt sie eine Nummerierung der Ahnen fest: Der Proband, also der Familienforscher, ist Nummer eins, dessen Vater Nummer zwei, die Mutter Nummer drei, und so bekommen die männlichen Familienmitglieder eine gerade Zahl im Stammbaum und die weiblichen eine ungerade - außer dem Probanden selbst: Die Nummer eins kann männlich wie weiblich sein. Die Regel schaffe Ordnung und Orientierung, sagt Kindshofer, wenn die Stammbäume immer verzweigter werden.

Für ihn ist das Basiswissen und schnell abgehandelt. Er erklärt lieber ausführlich, welche Recherchemöglichkeiten das Internet bietet: Eine Seite listet alle Schüler eines Münchner Gymnasiums seit 1562 auf - gut möglich, dass ein Verwandter aus der Region dort zur Schule gegangen ist. Oder die Internetseite für Lateinhilfen oder jene, die alte Berufe und die Wetterereignisse in Europa aufreiht, die auch auf den Landkreis Ebersberg Auswirkungen gehabt haben könnten. Der Hobby-Genealoge warnt allerdings davor, im Internet private Familiendaten ohne Bedenken preiszugeben, in der Hoffnung, man bekäme dafür Informationen. "Einmal abgeschickt, sind sie weg. Fragen Sie sich, ob Sie die Kontrolle wahren wollen." Ein Zuhörer erzählt, eine Seite habe Informationen gegen Geld geboten. "Da müssen sie abwägen", rät Kindshofer. Er aber nutze solche Angebote nicht. Man müsse außerdem den Datenschutz noch lebender Personen achten, sagt er. Anders sei es bei Geburtsangaben bis 1918 - diese seien nicht geschützt. Sei man sich unsicher, solle man sich das Einverständnis von Angehörigen einholen.

Es gäbe noch viele Informationen, die der Zornedinger den Zuhörern mit auf den Weg geben könnte. Er verzichtet an diesem heißen Montag aber auf mehr. Die Genealogie indes ist für ihn mit seinem Familienstammbaum nicht abgeschlossen. Er erforscht jetzt die Geschichte von Kirchseeon.

© SZ vom 08.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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