Etatberatungen:Für die Kommunen wird es teuer

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Eines der teuren Schulbauprojekte des Landkreises ist die Erweiterung des Gymnasiums Vaterstetten, hier der Baubeginn im März. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Dass der Landkreis Ebersberg über zu wenig Einnahmen verfügt, um das ambitionierte Investitionsprogramm stemmen zu können, ist seit Jahren allen im Kreistag klar. Nun wird erstmals über Konsequenzen geredet.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Der Landkreis könnte schon im kommenden Jahr mehr Geld von seinen Kommunen fordern, möglicherweise fällt der entsprechende Beschluss bereits an diesem Mittwoch. Dann wird der Kreis- und Strategieausschuss in zweiter Lesung über den Haushalt 2022 beraten. Beschlossen werden soll das Zahlenwerk dann am 13. Dezember vom Kreistag. Bereits bei der Vorstellung des vorläufigen Haushaltes hatte die Kämmerei dringend angemahnt, die Kreisumlage zu erhöhen. Diese war in den vergangenen Jahren stets gesenkt worden, diese Senkung soll nun weitgehend rückgängig gemacht werden. Hintergrund sind die anstehenden Investitionen in Großprojekte. Spätestens 2023 seien die dafür nötigen Einnahmen nicht mehr verfügbar, so die Kämmerei, der Landkreis "lebt über seine Verhältnisse".

Besonders im Bereich Bildung hat sich der Landkreis einiges vorgenommen. Neben der Sanierung und Erweiterung bestehender Schulen soll in Poing ein neues Gymnasium - Kosten etwa 64 Millionen Euro - und in Grafing-Bahnhof eine Berufsschule - für geschätzt 78 Millionen Euro - gebaut werden. Daneben sind auch höhere Investitionen in die Kreisklinik geplant und die gewöhnlichen Ausgaben für den Unterhalt von Liegenschaften und Infrastruktur gibt es ja ebenfalls. Noch ohne die beiden Schulneubauten stünden nach dem Finanzplan des Landkreises in den kommenden vier Jahren Investitionen von rund 40 Millionen Euro an.

Wie diese Ausgaben zu stemmen sind, dazu gibt es in der Kämmerei auch schon einen Plan: Der Landkreis muss gewissermaßen für seine Projekte Geld ansparen in Form von Überschüssen. Pro Jahr müssten diese mindestens zehn Millionen Euro betragen, was für das kommende Jahr auch gewährleistet sei. Rund 12,4 Millionen Euro werde man 2022 als Überschuss erzielen, so die Kalkulation. Denn das kommende Jahr bringt zwar eine Ausgabensteigerung auf rund 74 Millionen Euro und damit 9,4 Prozent mehr als heuer, aber auch bessere Einnahmen. Unter anderem wegen der gestiegenen Umlagekraft der Gemeinden um knapp 13,4 Millionen Euro. Die Bezirksumlage, die der Landkreis zahlen muss, steigt dagegen nur um knapp 1,8 Millionen. Zudem erhält der Landkreis jeweils rund eine halbe Million mehr an Schlüsselzuweisungen und aus der Grunderwerbsteuer.

Danach sei es aber vorbei mit den guten Nachrichten und auch mit dem Ansparen auf künftige Großprojekte: Bereits 2023 würde bei aktueller Einnahmensituation der Ergebnisüberschuss auf rund 448 000 Euro sinken. Trotzdem benötige man auch im übernächsten Jahr mindestens zehn Millionen Überschuss, um die anstehenden Investitionen zu stemmen, in den beiden Folgejahren brauche es laut Kämmerei sogar jeweils 11,75 Millionen Euro.

Um diese Überschüsse zu erzielen, sei eine sukzessive Erhöhung der Kreisumlage nötig, heißt es in der Stellungnahme der Kämmerei. Bereits für den kommenden Haushalt solle sie von derzeit 46 auf dann 47 Punkte angehoben werden, bis 2024 dann um weitere drei bis vier Punkte, also auf bis zu 51 Punkte. Dies entspräche dem Niveau, welches die Kreisumlage bis zum Jahr 2016 hatte, wäre aber bei weitem nicht rekordverdächtig: Vor 2014 war der Hebesatz sogar bei 52,5 Punkten. Nach aktuellem Stand könnte der Landkreis durch die Erhöhung um einen Punkt rund 2,17 Millionen Euro mehr einnehmen.

Geld, das die Kommunen dann nicht mehr ausgeben könnten, weshalb die Kreisumlagen-Debatte in einem Gremium, das zum großen Teil mit Bürgermeistern und Gemeinderäten besetzt ist, immer eine gewisse Brisanz hat. Weshalb Landrat Robert Niedergesäß (CSU) gleich bevor er die Debatte um die erste Haushaltslesung eröffnete, klar machte, worum sich diese nicht drehen sollte: Die Kreisumlage. Denn tatsächlich könnte der Landkreis im kommenden Jahr auch ohne höhere Umlage mehr Geld einnehmen und muss weniger ausgeben - unter anderem wegen Einsparungen beim Stellenplan. Zwar gibt es keinen Einstellungsstopp im Landratsamt, allerdings auch keine Einstellungen über die aktuelle Personaldecke hinaus. Diesen Stellenplan-Stopp hatten die Kreisgremien bereits in vorhergehenden Sitzungen beschlossen, allerdings stets gegen Grüne, SPD, ÖDP und Linke.

Aus diesen Parteien könnten daher einige Gegenstimmen zum Haushalt kommen, zumindest, wenn man dort das Abstimmungsverhalten bei der ersten Lesung beibehält. Denn in dieser Sitzung war der Haushalt mit der knappest möglichen Mehrheit von einer Stimme wurde der Haushaltsentwurf von CSU und Freien Wählern beschlossen worden. Als Gründe für die Ablehnung nannten etwa Karl Schweisfurth (ÖDP) und Benedikt Mayer (Grüne), dass bei der Abteilung Klimaschutzmanagement gespart werden solle. Mayer verwies auch auf den in einer früheren Sitzung geäußerten Unmut der Landratsamt-Belegschaft über die hohe Arbeitsbelastung. Albert Hingerl (SPD) kritisierte ebenfalls den Stellenplan und die Kürzungen, welche die Verwaltung einzelnen Fachbereichen verordnet hatte. Ob seine Fraktion dem Haushalt am Ende zustimme, werde man noch entscheiden, "aber aus heutiger Sicht entspricht es nicht unseren Vorstellungen".

Umgekehrt gibt es auch Forderungen, dass der Landkreis noch mehr sparen und auf keinen Fall mehr Geld von den Kommunen verlangen soll: "Wenn wir über die Budgets beschließen, beschließen wir indirekt auch über die Kreisumlage", so CSU-Kreisrat und Grafings Bürgermeister Christian Bauer, der auch Kreisvorsitzender des Gemeindetags ist, schlug daher gleich ein paar Pflöcke ein: "Es muss mehr gespart werden, die Steigerung der Landkreis-Einnahmen auf Kosten der Kommunen ist nicht vertretbar" - nicht zuletzt, weil die 21 zusammengenommen schon heute mehr Schulden hätten als der Landkreis.

Dass der Beschluss eine Präjudiz auf die Kreisumlage sei, verneinte dagegen Landrat Niedergesäß. Der auch darauf verwies, dass die Entwicklung seit 2013 immer nach unten gegangen, die Umlage also stetig gesenkt worden war. Allerdings sei die Finanzpolitik des Landkreises "immer ein Spagat" zwischen dem sei "was wie den Kommunen zumuten und was der Landkreis leisten kann". Eine Turnübung, die offenbar schon besser geklappt hat: "Insgesamt ist die Lage schwieriger geworden", so Niedergesäß, "es ist kein Haushalt, der von Leichtigkeit geprägt ist und besonders Freude macht".

© SZ vom 30.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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