Entscheidung in Ebersberg:Hier bitte nicht anlegen

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Nach monatelanger Debatte um einen Beitritt der Kreisstadt zum Bündnis "Seebrücke" scheitert der Antrag knapp.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Zu Jahresbeginn scheint es sicher, dass die Kreisstadt die zweite Landkreiskommune wird, die dem Bündnis "Seebrücke - Städte sicherer Häfen" beitritt. Die Nachbarn in Grafing hatten bereits 2019 dafür votiert. Ende 2020 stellen die Ebersberger Stadtratsfraktionen von Grünen, SPD und Pro Ebersberg den Antrag zum Beitritt. Die drei Gruppierungen stellen zwar nur die Hälfte der 24 Stadtratsmitglieder, da aber auch Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos) erklärt, er sei für den Antrag, ergäbe sich eine Mehrheit für den Beitritt zur Seebrücke.

Das kommunale Bündnis setzt sich für freiwillige Flüchtlingshilfe ein, konkret erklären sich die teilnehmenden Landkreise, Städte und Gemeinden dazu bereit, mehr Asylsuchende aufzunehmen, als sie es nach den geltenden Verteilmechanismen müssten. Dementsprechend unbeliebt ist die Aktion bei den Konservativen - im Kreistag verbündeten sich CSU und FDP im vergangenen Jahr sogar mit der AfD, um einen entsprechenden Antrag auf Kreisebene zu verhindern.

In den Gremien des Ebersberger Stadtrates besteht diese Versuchung nicht, die AfD ist dort nicht vertreten, auch wird die Debatte um das Für und Wider des Beitritts deutlich weniger hart geführt, als es voriges Jahr im Kreistag der Fall war. In der Sache indes sind die Positionen klar und unverrückbar: CSU, FDP und Freie Wähler werden dem Beitritt auf keinen Fall zustimmen. Denn zum einen sei eine freiwillige Aufnahme von Flüchtlingen durch eine Kommune gar nicht möglich, zum anderen tue man sich jetzt schon schwer, genügend Wohnungen für anerkannte Asylbewerber zu finden. Die Antragsteller halten dagegen, dass es vor allem ein Signal an die Politik in Land und Bund für eine humane Flüchtlingspolitik sei.

Ende Januar steht die erste Abstimmung dazu an, und die knappe Mehrheit hält: Der Sozialausschuss votiert mit der Bürgermeisterstimme für den Beitritt zum Bündnis Seebrücke. Die Debatte geht indes auch nach der Sitzung weiter und nimmt außerparlamentarisch etwas an Schärfe zu. Gegner des Beitritts werfen den Befürwortern Missachtung der Rechtslage und folgenlose Symbolpolitik vor. Die kontern mit dem Vorwurf, wer den Antrag ablehne, betreibe Populismus und Stimmungsmache gegen Flüchtlinge.

Am Ende verfehlt der Beitritt zum Bündnis Seebrücke in der entscheidenden Stadtratssitzung Anfang Mai die Mehrheit: Weil sich ein Mitglied von Pro Ebersberg krankgemeldet hat, sind Befürworter und Gegner exakt gleich stark, damit gilt der Antrag als abgelehnt.

© SZ vom 27.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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