Energiewende in Ebersberg:Zonen, hart und weich

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Damit der Bau von Photovoltaik-Freiflächenanlagen in Zukunft einfacher und schneller erfolgen kann, hat die Stadt Ebersberg ein Standortkonzept erstellen lassen. Vielleicht finden sich in der Kreisstadt schon bald mehr Solaranlagen, wie sie hier auf der Schafweide zu sehen ist. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ein Standortkonzept soll die Errichtung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen in Ebersberg erleichtern. Dafür wird das Stadtgebiet in Zonen unterteilt, Kriterien sind dabei unter anderem Wohngebiete und Verkehrswege

Von Nathalie Stenger, Ebersberg

Mischt man die Farben Orange und Rot, erhält man in der Regel Rotorange. Legt man diese Farben jedoch in einer Sitzung des Technischen Ausschusses übereinander, wird es Lila: als Markierung der Potenzialflächen für Photovoltaik-Freiflächenanlagen - den Orten im Stadtgebiet Ebersberg, an denen bedenkenlos Solarstromanlagen errichtet werden können.

Am Dienstagabend stellte Hilke Jäger vom Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München einen ersten Entwurf für ein Standortkonzept für PV-Freiflächenanlagen vor. Hintergrund waren Entscheidungen des Rats aus den vergangenen zwei Jahren: 2019 beschloss der Stadtrat, statt einer Ausweisung von Konzentrationsflächen eher auf die Förderung von Einzelprojekten abzuzielen, im Jahr darauf wurde eine Anfrage einer Freiflächenanlage nordöstlich von Halbing aufgrund der geplanten Größe von 6,5 Hektar abgelehnt. Das Konzept von Jäger soll nun die Bauleitplanung für solche Projekte vereinfachen: Geeignete Flächen im Ebersberger Stadtgebiet werden lokalisiert, ungeeignete hingegen ausgeschlossen.

Herausgearbeitet wurden drei Zonen: Die "harte" oder auch rote Tabuzone kennzeichnet die gänzlich ungeeigneten Standorte - das sind etwa bestehende Siedlungsgebiete, Naturdenkmäler, Waldflächen oder festgelegte Ausgleichsflächen. Die beiden "weichen" Tabuzonen, jeweils orange und orange-rot markiert, stehen für bedingt geeignete Flächen, also beispielsweise Landschaftsschutzgebiete, Steilhänge, Streuobstwiesen und regionale Grünzüge, beziehungsweise für die notwendigen Abstände zu schutzbedürftigen Gebieten. Aus Emissionsschutz soll dabei zu Siedlungsflächen mit Wohnbebauung ein Mindestabstand von 100 Metern eingehalten werden. Fügt man all diese Zonen zusammen, legt sie also übereinander, werden die geeigneten Orte als Lücken - in der Präsentation von Jäger lila markiert - sichtbar. Besonders geeignet und lila-blau schraffiert sind Ackerflächen ohne hohe Eignung, Abfalldeponien, Altlastenflächen und Pufferzonen entlang von Verkehrsstraßen und Hochspannungsleitungen außerhalb der Anbauverbotszonen.

Auf den ersten Blick eignen sich gar nicht so viele freie Flächen in der Kreisstadt für den Bau von Solaranlagen. Sowohl der Rosskopf mit seinem schützenswertem Baumbestand im Osten der Stadt als auch der Vogelberg als markanter, das Landschaftsbild prägender Moränenhügel im Süden gehören zur roten Zone, wie die Karten von Jäger zeigen. Gleiches gilt für die Naherholungsgebiete rund um das Naturschutzgebiet Eggelburger See und um das Landschaftsschutzgebiet Weiherkette nördlich des Stadtteils Dachsberg.

Passende Flächen finden sich letztendlich im Südosten des Stadtgebiets. So fleckig die Karte dort auch aussieht, gibt es insgesamt etwa 450 Hektar Potenzialflächen. Das sei sehr viel, so Jäger, allerdings würden die 450 Hektar auch nicht auf einmal umgesetzt werden können. Tatsächlich ist die Summe der Potenzialflächen weit größer als das vor neun Jahren vom Stadtrat beschlossene integrierte Klimaschutzkonzept vorgibt, nämlich circa 58 Hektar. Diese Zahl ergibt sich aus dem Ziel, bis 2030 36 000 Megawattstunden pro Jahr mit Solarenergie zu erzeugen. Nicht im Standortkonzept einbegriffen sind allerdings die Kapazitäten des Mittelspannungswerks Ampfing. Diese müsse man immer neu überprüfen, so Jäger.

Der vorgestellte Entwurf wurde im Ausschuss prinzipiell sehr positiv aufgenommen. So sprach Gerd Otter (Pro Ebersberg) von einem "guten Werkzeugkasten, der uns an die Hand gegeben wird" und Marc Block (Grüne) dankte Bürgermeister Uli Proske (parteilos) für die Initiierung des Projekts. Fraktionskollege Jürgen Friedrichs sagte, als Beschleuniger für neue Anlagen sei das Konzept grundsätzlich gut, es sei für ihn aber wichtig, in den weichen Zonen eine Einzelprüfung der Anfragen durchzuführen. Auch Alexander Gressierer (CSU) positionierte sich für schnelle Entscheidungen bei priorisierten Zonen, allerdings solle man die Manövrierfläche der weichen Zonen nicht wegnehmen. An dieser Stelle bezog er sich auf einen von Hilke Jäger erwähnten Antrag, der Anfang des Jahres bei der Stadt eingegangen war. Laut dem bisherigen Konzept kann die Anlage nicht in der angefragten Stelle zwischen der B 304 und der Wasserburger Straße gebaut werden. Grund ist die nahe Wohnbebauung, obwohl der Standort wegen der Vorbelastung durch Verkehrsstraßen eigentlich besonders geeignet wäre.

Zuletzt betonte Hilke Jäger, dass man die Zonen auch anders einstufen könne, aus der harten könne also eine weiche werden. Der Rat müsse entscheiden, ob er mit den vorgeschlagenen Werten und Zonengrößen einverstanden sei. Auch müsse eine maximale Größe der Anlagen beschlossen werden. Das nächste Mal auf der Tagesordnung stehen werden Konzept und Rückmeldungen des Rats wohl im Mai.

© SZ vom 18.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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