Energiewende im Landkreis:Blau auf Grün

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Auf der ehemaligen und später renaturierten Kreismülldeponie Schafweide steht diese Freiflächenanlage. Jetzt plant der Stadtrat, eine ähnliche Anlage bei Oberndorf zu errichten. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nahe des Weilers Halbing bei Oberndorf könnte bald eine Freiflächenphotovoltaik in der Größe von neun Fußballfeldern entstehen. Zunächst lässt Ebersberg aber ein städtebauliches PV-Entwicklungskonzept aufstellen, das Flächen ausweisen soll

Von Thorsten Rienth, Ebersberg

Ein Leuchtturmprojekt sei das Vorhaben, ein "Riesenmeilenstein" auf dem Weg fort von fossilen Energieträgern - und dazu eine "Weiche für den Klimaschutz und die Energiewende in Ebersberg und dem ganzen Landkreis". Natürlich, der Eberwerk-Geschäftsführer Markus Henle muss solche Sätze sagen. Denn der kommunale Energieversorger wäre Betreiber der großen Photovoltaik-Freiflächenanlage, die ein Investor bei Oberndorf errichten will. Der Technische Ausschuss des Stadtrats ist dem Vorhaben zumeist nicht grundsätzlich abgeneigt. Vorher lässt Ebersberg aber ein städtebauliches Entwicklungskonzept für Freiflächen-PV-Anlagen aufstellen.

Die Ausmaße der Anlage, die Henle in der Sitzung am Dienstagabend präsentierte, sind tatsächlich gewaltig. Auf sechseinhalb Hektar soll sie entstehen, eine Fläche so groß wie neun Fußballfelder. Ihre Leistung soll Henle zufolge bei sechs Megawatt liegen. "Das würde weit über zehn Prozent des gesamten Landkreis-Ziels bedeuten", ordnete er ein. Die artenschutzrechtliche Prüfung des Areals südöstlich des Weilers Halbing sei bereits durch. Eine ausreichend dicke Stromleitung würde auch schon in der Nähe liegen.

Den Eingriff in das Landschaftsbild wollte der Eberwerk-Geschäftsführer nicht kleinreden. "Aber es wird nicht so sein, dass wir bald vor lauter PV-Freiflächenanlagen kein grünes Fleckchen sehen - haben Sie Mut und keine Angst." Ins Formale übersetzt würde Henles Appell heißen: Leiten Sie die Änderung des Flächennutzungsplans ein und stellen Sie den Bebauungsplan auf.

Wäre es nach Pro Ebersberg-Stadtrat Gerd Otter gegangen, hätte das Gremium die beiden Punkte durchaus schon anstoßen können. "Ganz glücklich bin ich mit der Größe zwar nicht", räumte er ein. "Aber wenn wir die Energiewende wollen, werden wir bei der Energiegewinnung einen gewissen Mix brauchen - gerade auch hier bei uns vor Ort."

Dass die Grünen-Fraktion der Sache ebenfalls aufgeschlossen ist, kam wenig überraschend. Eine gewisse Größe der Anlagen sei unvermeidbar, erklärte Stadtrat Jürgen Friedrichs. "Sonst sind sie einfach nicht mehr rentabel, sonst nimmt dafür keiner Geld in die Hand."

CSU-Ortsvorsitzender Alexander Gressierer äußerte sich dagegen zurückhaltender. "Ehrlich gesagt: Ich kann mir das angesichts der schieren Größe nur sehr schwer vorstellen."

Für Bürgermeister Uli Proske (parteilos/SPD) zählten bei alldem zwei Dinge: Einmal, "dass wir uns die Chance für diese Anlage nicht durch die Lappen gehen lassen". Zum anderen, "dass wir die Planungshoheit bei künftigen anderen PV-Anlagen nicht aus der Hand geben".

Um beides unter den sprichwörtlichen Hut zu bekommen, müsse die Stadt Flächennutzungsplanänderung sowie Bebauungsplan zunächst formal ablehnen - im gleichen Zug aber ein städtebauliches Entwicklungskonzept inklusive sogenannter Konzentrationsflächen für Freiflächen-PV-Anlagen anstoßen.

Einmal aufgestellt, würden die Eckpunkte der Konzepte bei späteren Bauleitplänen zwingend Beachtung finden. Kommunen brauchen sich dann regenerativen Energien nicht mehr zu verschließen, ohne eine planlose Freiflächenanlagenentwicklung fürchten zu müssen.

Die Chancen dass sich das Halbinger Areal am Ende als PV-Potenzialfläche herausstelle, sieht Bürgermeister Proske als durchaus gegeben. "Aber das wollen wir sicher wissen, um auf der sicheren Seite zu sein." Schließlich gehe es ja auch um die Akzeptanz in der breiten Öffentlichkeit. So beschloss es der Ausschuss dann auch Augenblicke später.

Nach Ansicht von Bauamtsleiter Christian Stöhr verzögert das Entwicklungskonzept die Entscheidung über die Anlage nicht schwerwiegend. Etwa ein Jahr brauche die Konzeptaufstellung wohl. Sei absehbar, dass das Halbinger Areal in die städtischen Konzentrationsflächen falle, könnten die Änderung des Flächennutzungsplans sowie die Aufstellung des Bebauungsplans bereits eingeleitet werden.

In einer anderen PV-Angelegenheit, gleichwohl einer kleineren, ging es dagegen ohne viel Federlesens weiter: Auf dem Dach des "Kraxelbaum"-Kindergartens lässt die Stadt für rund 65 000 Euro eine knapp 31-Kilowatt-Anlage errichten. Deren Stromertrag von jährlich knapp 27 000 Kilowattstunden würden zu rund 42 Prozent für den Eigenverbrauch der Kita verwendet - und deren Autarkie auf 93 Prozent erhöhen. Die CO₂-Einsparung liegt laut Klimaschutzmanager Christian Siebel bei 246 Tonnen. Statistisch amortisierten sich die Kosten nach 18 Jahren. Die jährliche Brutto-Stromkostenersparnis am Kindergarten liege bis dahin voraussichtlich bei knapp 2500 Euro pro Jahr.

© SZ vom 09.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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