Energie im Landkreis:Lange Leitung

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Eine Erdöl-Pumpe (Symbolbild). (Foto: dpa)

Das Ziel, bis 2030 unabhängig von Kohle, Gas und Öl zu sein, steht auf der Kippe. Der Landkreis will nun die Energieagentur stärker fördern, auch die Kommunen sollen sich beteiligen.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Zwischenzeugnisse können manchem Schüler den Angstschweiß auf die Stirn treiben - ähnlich geht es gerade dem Landkreis mit seinen ehrgeizigen Klimazielen. Bis 2030 wollte man unabhängig sein von fossilen Energieträgern, doch knapp zehn Jahre nach dem entsprechenden Beschluss im Kreistag heißt es nun:

"Versetzung stark gefährdet." In der jüngsten Sitzung des Umweltausschusses legte Klimaschutzmanager Hans Gröbmayr eine Zwischenbilanz vor, die es in sich hat. Beim gegenwärtigen Tempo wird man in allen Bereichen - Strom, Wärme und Mobilität - die Klimaschutzziele verfehlen.

Am ehesten erreicht werden diese noch beim Strom, am weitesten verfehlt dagegen bei der Mobilität (Kasten). Doch gerade beim Strom sei das Ziel eigentlich nicht nur erreichbar, so Gröbmayr, sondern sogar gut zu übertreffen. Zwischen 120 und 140 Prozent des landkreisweiten Strombedarfes könne man aus vorhandenen Ressourcen decken - je nachdem ob Windkraft zur Verfügung steht.

Beim Wärmeverbauch läuft es nicht ganz so gut

Dies scheint inzwischen wahrscheinlicher, nachdem die Flugsicherung eine Modernisierung ihrer Anlagen angekündigt hat, so dass diese nicht mehr von Windrädern gestört würden. Beim Wärmeverbrauch läuft es nicht ganz so gut, etwa zwei Drittel des Bedarfs könnten im Landkreis gedeckt, der Rest aber durch den Überschuss beim Strom kompensiert werden.

"Wir haben die Möglichkeiten und das Potenzial", so Gröbmayrs Fazit - aber die Umsetzung dauere viel zu lange. Beim gegenwärtigen Tempo werde man die Energiewende wohl erst weit nach der Mitte des nächsten Jahrhunderts erreichen, was nicht nur dem Kreistagsbeschluss von 2006, sondern auch den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens widerspreche. Um zumindest diese zu erreichen, sei eine Vervierfachung des Tempos bei der Energiewende nötig, rechnete Gröbmayr vor.

Es gibt auch bereits einige Ideen, wie man das Tempo erhöhen kann: So solle möglichst jede Gemeinde in die Nahwärme investieren, ein gutes Beispiel sei dabei Moosach, wo derzeit ein solarbeheiztes Wärmenetz entsteht. Auch müssten mehr Ladestationen für Elektroautos geschaffen werden und die Kommunen müssten ihre Fuhrparks stärker elektrifizieren. Zugleich müssten die Photovoltaik-Potenziale stärker genutzt werden, etwa an Mietshäusern und in Gewerbegebieten.

Schon jetzt reichen die personellen Kapazitäten kaum aus

Das Wichtigste - und zugleich aufwendigste - sei aber die Beratung. Laut Gröbmayr seien die meisten Bürger und Unternehmen im Landkreis durchaus offen für Energiewendeprojekte - wenn sie denn wüssten, wie es geht. Darum sei die Energieagentur des Landkreises auch sehr viel mit Beratung beschäftigt, "aber wir stehen am Anschlag".

Schon jetzt reichten die personellen Kapazitäten kaum aus. Um die Energiewende zu beschleunigen, müsste das Beratungsangebot aber noch ausgebaut werden - etwa durch Angebote vor Ort. Nötig sei daher mehr Personal, so Gröbmayr. Im Ausschuss war man sich einig, dass dieser Forderung entsprochen werden soll. Als Landwirt merke er die Folgen des Klimawandels deutlich, sagte etwa Martin Lechner (CSU), "wenn wir jetzt nichts unternehmen, machen wir uns schuldig unseren Kindern gegenüber."

Auch Bianka Poschenrieder (SPD) forderte mehr Mittel für die Energieagentur: "Das ist das Thema, hier müssen wir investieren." Zwar brauche sich der Landkreis "nicht zu verstecken, mit dem was bisher getan wurde", sagte Landrat Robert Niedergesäß (CSU), dennoch stimme er zu, dass "wir mehr Ressourcen brauchen werden."

Diese soll es nun auch geben, der Ausschuss stimmte geschlossen für eine Aufstockung des Personals in der Energieagentur. Wo die Mittel dafür herkommen sollen, will der Landrat auf der nächsten Bürgermeister-Dienstbesprechung mit den Rathauschefs aushandeln. Laut Kreis-Kämmerin Brigitte Keller könne man, wenn jede Gemeinde je nach Größe einen drei bis vierstelligen Betrag im Jahr zuschießt, sofort zwei bis drei zusätzliche Stellen einrichten.

© SZ vom 04.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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