Eine Klasse für sich:Hot Jazz an einem heißen Tag

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Jazz-Sängerin Tricia Leonhard und ihre Band heizen in der Turmstube Grafing ein. (Foto: Christian Endt)

Jazz im Turm mit Tricia Leonard und ihrer Band

Von Claus Regnault, Grafing

Lange Zeit blieb die Turmstube leer, und man hatte schon Sorge, die Hitze habe das Publikum vertrieben. Aber dann kamen sie doch alle, die treuen Jazzfans und füllten den Saal. Der Gig des Abends war die Band der englisch-walisischen Sängerin Tricia Leonard, bestehend aus dem Engländer John Brunton an der Gitarre, Peter Bockius am Kontrabass und nach längerer Zeit wieder Sunk Pöschl am Schlagzeug. Tricia brauchte eine Weile, bis ihre Stimme zu vollem Klang erstarkte. Und dann, bei der wunderbaren Ballade "You've changed" (Carl Fischer), entfaltete sich ihre Stimme zu keltisch-walisischer Wärme. Und bei "Just one of those things" (Cole Porter) kam mitreißender Swing dazu. Unter ihren Begleitern glänzte Bockius mit bezwingenden melodischen Phrasen, Brunton etwas brav an der Gitarre und Pöschl noch ein wenig auf der Suche nach seiner rhythmischen Treffsicherheit, zu der er in der folgenden Jamsession zurückfand.

In der Jamsession ereignete sich dann der Höhepunkt des Abends: Der Auftritt der mongolischen Jazzsängerin Enji und ihres Landsmanns John Tovcho am Kontrabass, der seinem Instrument im Vergleich zum mächtig aufspielenden Bockius eher verhaltene, ja verinnerlichte Improvisationen entlockte. Aber Enji ist ein Phänomen. Die bis dahin etwas müde ablaufende Session gewann plötzlich Leben und Dynamik. Ihre sicher geführte kraftvolle Stimme überstrahlte das Spiel der Begleiter, diese inspirierend, und es ereignete sich Jazz! Es grenzt an ein Wunder, mit welch echtem Feeling sie Jazzballaden wie "The nearness of you" gestaltet. Man hört ihr an, dass sie inzwischen in der Münchener Hochschule für Musik in die Meisterklasse aufgerückt ist.

Der Abend litt etwas darunter, dass der Flügel unbetastet blieb, dafür musste eine zusätzliche Gitarrespielerin aus Tübingen einspringen und sogar eine zierliche Hamburgerin, die sich mit dem nachdrücklichen Ton ihres Baritonsaxophons mehrfach zur Geltung brachte.

Soll niemand sagen, dass unsere Grafing-Ebersberger Jazzinitiative nicht inzwischen zu überregionaler Geltung aufgestiegen ist.

© SZ vom 01.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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