Ebersberger Innenstadt:Klassisch trifft historisch

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Die Entscheidung für das künftige Aussehen des Hölzerbräugeländes im Ebersberger Zentrum ist gefallen. Die Jury hat sich für einen Entwurf entschieden, der sich in seiner Struktur stark an die Nachbarschaft anlehnt

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Seine Nachbarn kann man sich ja meist nicht aussuchen - wenn sich die Gelegenheit aber ergibt, ist eine gewisse Sorgfalt durchaus anzuraten. Nach diesem Grundsatz ist man auch in der Kreisstadt verfahren, bei der Frage, wie die Nachbarschaft zu ihrem historischen Kern künftig aussehen soll. Gut zwei Jahre nach Beginn eines städtebaulichen Wettbewerbs um die Zukunft des Hölzerbräugeländes steht nun ein Gewinner fest. Es ist der Entwurf des Büros Beer, Bembé und Dellinger, der schon im ersten Durchgang des Wettbewerbs am besten abgeschnitten hatte. Damals wie jetzt auch gefiel den Jury-Mitgliedern an dem Entwurf, das er aussehe "als wäre er schon immer dagewesen", wie es in der Beurteilung von vor einem Jahr hieß.

Leicht und vor allem schnell gemacht haben sie es nicht in Ebersberg. Im Herbst 2019 wurde der städtebauliche Wettbewerb für das Hölzerbräuareal begonnen. Eigentlich hätte er schon im vergangenen Sommer abgeschlossen werden sollen, die Jury konnte sich aber nicht final zwischen drei Entwürfen entscheiden. Stattdessen wurden die entsprechenden Büros quasi mit Hausaufgaben wieder heimgeschickt, sie sollten ihre Entwürfe nacharbeiten. Das ist, wie nun am Dienstagabend im Technischen Ausschuss des Stadtrates zu erfahren war, dem bisherigen Favoriten am Besten gelungen. Jury-Vorsitzende Karin Schmid, Architektur-Professorin an der Hochschule München, stellte noch einmal die Aufgaben an die drei Bewerber dar: Im Kern ging es darum, die Entwürfe nachzuverdichten, so dass das Grundstück besser ausgenutzt werden kann.

So sieht aktuell eine der wertvollsten Bauflächen in der Kreisstadt aus, nun hat der zuständige Stadtratsausschuss grünes Licht für eine Umgestaltung gegeben. (Foto: Christian Endt)

Denn "die Rahmenbedingungen sind nicht ganz einfach", so Schmid, das hat vor allem mit zwei Besonderheiten der Planung zu tun. So ist einerseits der gesamte östliche Teil des vor drei Jahren an den Investor Euroboden verkaufte Hotelgeländes für eine Neubebauung tabu. Denn der Bereich Richtung Sieghartstraße und Marienplatz steht unter Denkmalschutz, das betrifft die eigentlichen Hotelgebäude. Bebaubar ist daher nur der Bereich Richtung Eberhardstraße, allerdings gehören dem Investor nicht alle Gebäude dort. Nur jenes ganz im Süden, wo früher die Bäckerei Hasi war, hat Euroboden erworben und mittlerweile auch abgerissen.

Weitere Neubauten direkt an der Eberhardstraße sollen im Nordwesten des Grundstücks in Verlängerung des Bestandes bis etwa auf Höhe der Pfarrer-Bauer-Straße entstehen - allerdings wohl nicht auf einmal. Denn das ist die zweite Besonderheit des Planumgriffes: Neben dem Investoren-Grundstück hatten die Architekten noch das städtische einzubeziehen, auf dem sich derzeit das Feuerwehrhaus befindet. Zwar ist es im Stadtrat Konsens, dass die Feuerwehr ein neues Gebäude bekommen soll - das bestehende gilt als zu klein und die Ausfahrt auf die stark befahrene Eberhardstraße als ungünstig - wann dies indes sein wird, ist völlig offen. Denn ganz billig wird das neue Feuerwehrhaus nicht, eine vorläufige Schätzung aus dem vergangenen Jahr taxiert das Vorhaben auf einen Betrag von rund 15 Millionen Euro.

Im Frühling wurde bereits die ehemalige Bäckerei abgerissen. (Foto: Christian Endt)

Angesichts zahlreicher anderer Großprojekte dürfte die Umsetzung also wohl noch ein paar Jahre dauern, und das führt zur zweiten Besonderheit der Planung: Umgesetzt wird sie in zwei Bauabschnitten, wobei unbekannt ist, wie lange der erste alleine neben dem Feuerwehrhaus steht. Und auch diese Herausforderung hätten die Gewinner des Wettbewerbs am besten gelöst, so Schmid: "Es entsteht bereits im ersten Bauabschnitt ein geschlossenes Quartier."

Dieses besteht zunächst aus drei Mehrfamilienhäusern, drei weitere sind dann auf dem Feuerwehrgrundstück vorgesehen. Die Dächer sind zum jeweiligen Nachbarhaus um etwa 90 Grad versetzt, so dass sich drei Giebel in Nord-Süd- und drei in Ost-West-Richtung ergeben. Angeordnet sind die Gebäude von Nord nach Süd etwa wie die Sechs auf dem Würfel - auch dies hat die Jury positiv gewertet. Die anderen Entwürfe hatten die Häuser und Freiflächen eher verschachtelt angeordnet, hier vermisste das Preisgericht eine Struktur, die sich der Umgebung anpasst und die auch alleine ohne den nördlichen Teil funktioniert.

Auch bei der Aufteilung der Gebäude schneide der nun prämierte Entwurf gut ab: Im Gegensatz zu den anderen Plänen sollen die Wohnungsgrößen hier am meisten variieren. Wie viele Wohnungen es am Ende werden, steht indes noch nicht fest. Dies entscheidet sich erst, wenn der Stadtrat den Bebauungsplan beschlossen hat. Die in der ersten Runde vorgestellten Pläne hätten Gebäude mit in beiden Bauabschnitten insgesamt 50 bis 60 Wohneinheiten ergeben. Nun haben die Planer aller Entwürfe noch etwas nachgelegt, im Schnitt haben alle Gebäude ein zusätzliches Stockwerk bekommen. Je nachdem, welche Wohnungsgrößen man zugrunde legt - das wäre dann im Bebauungsplan zu regeln - könnten in dem nun prämierten Entwurf insgesamt um die 100 Wohneinheiten untergebracht werden.

Im Ausschuss gab es zum Bericht der Jury-Präsidentin weder Debatte noch Gegenstimmen - schließlich hatte jede Fraktion einen Vertreter in die Jury entsandt. Auch dort wurde der Gewinner einstimmig gekürt. Deren Arbeit lobte Zweiter Bürgermeister Günter Obergrusberger (CSU), der die Sitzung leitete, ausdrücklich: "Ich bin überzeugt, dass es sich das Preisgericht nicht leicht gemacht hat." Dessen Präsidentin zeigte sich zuversichtlich, dass man die richtige Entscheidung getroffen hat: "Das ist ein zukunftsweisendes Quartier, ich wünsche Ihnen alles Gute damit."

© SZ vom 11.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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