Ebersberger Bürgerversammlung:Neuer Termin, alte Probleme

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Premiere für Ulrich Proske: Zur ersten Bürgerversammlung seit der Kommunalwahl im vorigen Jahr sprach der neue Ebersberger Rathauschef vor gut 50 Personen im Alten Speicher, etwa 30 sahen per Internet zu. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Mit einem Jahr Verspätung kann Ebersbergs Bürgermeister Ulrich Proske seine erste Bürgerversammlung halten - ein Thema bleibt dabei dominant

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Fragt man beliebige Bewohner der Kreisstadt zu einem beliebigen Zeitpunkt nach dem größten Problem Ebersbergs, die Chancen stehen gut, immer die gleiche Antwort zu bekommen: der Verkehr. Zumindest die jüngste Bürgerversammlung scheint dies zu belegen. Diese fand heuer nicht, wie seit Jahrzehnten üblich, an einem Mittwochabend im Spätherbst sondern am ersten Herbstsamstag statt, und das auch noch am frühen Nachmittag. Inhaltlich - vor allem was die Fragen aus dem Publikum angeht - gab es aber große Übereinstimmungen zu den Versammlungen der vergangenen Jahre.

Es war die Premiere für Ebersbergs Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos). Zwar ist er seit eineinhalb Jahren im Amt, wegen Corona ist die Bürgerversammlung vergangenes Jahr aber ausgefallen. Heuer ließ die Infektionslage eine Veranstaltung vor Publikum wieder zu, knapp 50 Personen hatten sich trotz Biergarten- und Ausflugswetter im locker bestuhlten Alten Speicher eingefunden, um die 30 sahen sich die Bürgerversammlung per Livestream von anderswo aus an. Vielleicht auch deshalb, weil sie keine Lust auf eine Teilnahme am Straßenverkehr in der Stadt hatten, denn nahezu alle Bürgerbeiträge hatten mehr oder weniger einen Bezug zum Verkehr.

So die an vielen Stellen - etwa an der Amtsgerichtskreuzung - ungünstige Situation für Radler und Fußgänger oder auch der Durchgangsverkehr, vor allem auf der Staatsstraße 2080 über Eberhardstraße, Marienplatz und Bahnhofstraße. Was den überregionalen Verkehr angeht, wiederholte der Bürgermeister seine bereits im Stadtrat geäußerte Präferenz: Falls irgendwie möglich, solle man das Problem gemeinsam mit den Nachbargemeinden lösen. "Ich bin kein Freund davon, dass um jeden Ort eine eigene Umgehung gebaut wird." Dieses Ziel verfolgt auch die vergangenes Jahr ins Leben gerufene Initiative der B 304-Anlieger von Wasserburg bis Vaterstetten. Gemeinsam wolle man auf die Regierung einwirken, eine überregionale Lösung zu finden. Falls das nicht gelinge, und für Ebersberg wirklich eine eigene Umfahrung gebaut werden müsse, "dann bin ich ganz klar für unten durch", also den Bau eines Tunnels.

Die schwierige Situation an der Amtsgerichtskreuzung hat natürlich ebenfalls mit dem Durchgangsverkehr zu tun - aber eben nicht nur. Seit Jahren gibt es dort den Wunsch aus Ebersberg, die Kreuzung umzubauen, etwa in einen Kreisverkehr. Was vom zuständigen Staatlichen Bauamt in Rosenheim stets abgelehnt wurde, mit dem Verweis darauf, dass kein Platz sei. Es gebe aber durchaus auch Planer, die das anders sähen, so der Bürgermeister, darum sei man weiter mit dem Straßenbauamt in Verhandlungen, Ausgang offen.

Platzprobleme seien es auch, warum es in der Kreisstadt kein durchgängiges Radwegenetz gebe: Die Straßen seien vielerorts einfach nicht breit genug. Es sei denn, man streiche eine Auto-Fahrspur, und führe eine Einbahnregelung ein, so Proske. Allerdings nicht, wie es sie bis vor zehn Jahren schon einmal gab, für die großen Durchgangsstraßen, sondern bis in die Wohngebiete hinein. Dass es dafür Akzeptanz gebe, sei zumindest zweifelhaft, so der Bürgermeister.

Auch Verbesserungen für ganz oder teilweise motorisierte Zweiräder am Marienplatz wurden angesprochen: Eigene Motorradparkplätze und Ladestationen für E-Bikes. Beides werde man prüfen, so Proske, was Ladestationen angehe, sei die Situation am Marktplatz aber nicht ideal: Man habe bereits wegen solchen für Elektroautos beim Versorger nachgefragt und die Auskunft bekommen, die derzeitige Struktur des Netzes lasse dies nicht zu.

Beim anstehenden Marienplatzumbau werde man dies aber versuchen zu berücksichtigen. Auch dazu gab es Fragen, etwa zur Gestaltung besonders der durchgängigen Pflasterung. Die Ästhetik sei durchaus eine "schwierige Entscheidung", so der Bürgermeister, ob wirklich alles einheitlich gepflastert wird, sei aber noch offen. An einigen Stellen könnte man auch das alte Pflaster aus Feldsteinen wieder freilegen. Dass sich an einigen Stellen am Marienplatz bald etwas tut, darauf verwies Proske in seinem Bericht. Denn die Regierung von Oberbayern habe der Stadt deutlich gemacht: "Baut endlich, sonst gibt es keine Fördermittel mehr."

Gebaut wird auch im Waldsportpark und im Hallenbad, ersterer wird neu gebaut, letzteres generalsaniert, Gesamtkosten für beide zusammen mehr als 13 Millionen Euro. Die aber sehr gut angelegt seien, Proske dankte ausdrücklich den Stadtratsmitgliedern, welche die Projekte noch vor seiner eigenen Amtszeit auf den Weg gebracht hatten. Entstehen könnte so "eine ganz tolle Sache", die beiden Projekte werden einmal "Schmuckstücke" der Stadt, so der Bürgermeister.

Ebenfalls gebaut werden soll bald auch das Wohngebiet Friedenseiche VIII im Nordwesten. Das Bebauungsplanverfahren sei nahezu durch: "Wir hoffen, dass wir es bis zum Jahresende abschließen, und kommendes Jahr bauen können." Die günstigen Wohnungen, die dort entstehen sollen, "brauchen wir dringend". Vielleicht sei der teure Wohnraum auch ein Grund dafür, warum die Bevölkerungszahl in der Kreisstadt stagniere. Im vorvergangenen Jahr ist sie sogar um 46 Personen auf dann 12 193 gesunken, 2020 stieg die Zahl der Einwohner dann wieder leicht auf 12 213 zum Jahresende. Wo die neuen Einwohner aber sicher nicht einziehen können, ist eine Tiny-House-Siedlung beim Waldmuseum. Auf die entsprechende Publikumsfrage fiel die Antwort des Bürgermeisters sehr kurz und eindeutig aus.

Auch der - neben dem Verkehr - Bürgerversammlungs-Klassiker durfte heuer nicht fehlen: Die Frage, wann es denn endlich wieder eine Toilette am Bahnhof gebe. Ebenfalls traditionell fiel die Antwort des Rathauschefs aus: Ursache für das Problem sei die Bahn. Denn solange die keinen Pächter für den Kiosk finde, könne auch die dort vor Jahren von der Stadt finanzierte Bedürfnisanstalt nicht öffnen. "Es ist ein dauerndes Ärgernis", so Proske, aber vielleicht sei Besserung in Sicht. Die Bahn habe angekündigt, kommendes Jahr den Kiosk wieder öffnen zu wollen - ob es klappt, ist dann spätestens bei der nächsten Bürgerversammlung zu erfahren.

© SZ vom 27.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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