Ebersberg:Wertschöpfung statt Wertstoffhof

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Für mehr als fünf Millionen Euro will die Stadt Ebersberg Flächen in Hörmannsdorf als Bauland verkaufen, die sie vor vielen Jahren deutlich günstiger erwarb, als man einen Platz für einen neuen Wertstoffhof suchte. Der wurde aber dann woanders gebaut. (Foto: Christian Endt)

Ein vor Jahren für ein Recycling-Center gekauftes Grundstück in Hörmannsdorf soll der Stadt Ebersberg bei Investitionen helfen und ein neues Angebot für Pflegebedürftige schaffen

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Wertvolle Stoffe sollten einst nahe des Weilers Hörmannsdorf gesichert werden, nun will die Kreisstadt dort ihre anstehenden Investitionen absichern. Das Grundstück, welches in Ebersberg einst als Standort für den neuen Wertstoffhof im Gespräch war - der dann 2015 aber in Langwied angesiedelt wurde - soll nun als Wohnbauland verkauft werden. Außerdem soll sich die Nachbarschaftshilfe Vaterstetten mit einer Tagespflegeeinrichtung dort ansiedeln. Kalkuliert wird mit Einnahmen von 5,35 Millionen Euro, so zumindest die Summe, die bereits in den Haushalt zur Gegenfinanzierung anstehender Investitionen eingeplant ist.

Von denen gibt es in Ebersberg eine Menge. Bereits im Gange sind etwa die Sanierung des Hallenbades und der Neubau der Gebäude am Waldsportpark - etwa 13 Millionen Euro wird dies kosten. Noch einmal rund acht Millionen werden für die Sanierung und Erweiterung der Oberndorfer Schule fällig. Etwa in gleicher Höher will sich die Stadt am Neubau des Kindergartens St. Sebastian beteiligen. Und das sind nur jene Vorhaben, die aktuell laufen oder anstehen. Außerdem braucht es in den kommenden Jahren ein neues Feuerwehrhaus, der Marktplatz harrt weiter seiner Umgestaltung und auch das Oberndorfer Gemeindehaus soll irgendwann wieder aufgebaut werden.

Daher gab es in den Reihen der Ebersberger Stadtratsmitglieder auch keinen Widerspruch zum Verkauf der Flächen. Ohnehin ist das Thema eines von hohem Wiedererkennungswert: Seit gut fünf Jahren stand in den Gremien immer wieder die Umwidmung in Wohnbauland auf der Agenda. Bereit vor knapp fünf Jahren begann man mit der Aufstellung eines Bebauungsplanes.

Neun Parzellen wurden so definiert, die kleinste ist 452, die größte 832 Quadratmeter groß. Was ein gutes Stück über dem Durchschnitt für Baugrundstücke in der Region liegt, wie auch in vergangenen Sitzungen gelegentlich thematisiert wurde. Angeregt wurde, kleinere - und damit günstigere - Parzellen auszuweisen oder auch sozialen Wohnungsbau an der Stelle zu ermöglichen. Letzteres gilt indes wegen der abgelegenen Lage als eher schwierig. Idealerweise entstehen Sozialwohnungen dort, wo das Angebot des öffentlichen Nahverkehrs besser ist. Hörmannsdorf ist indes von der nächsten Bushaltestelle gut 500 Meter entfernt.

Ein Schnäppchen werden die Grundstücke in Hörmannsdorf nicht, ein Gutachter empfahl der Stadt Preise je nach Lage von 740 bis 1000 Euro plus 100 Euro Erschließungskosten je Quadratmeter. Die Nachfrage ist dennoch hoch: 142 Interessenten gebe es bereits, so der Stand Anfang vergangener Woche. Seitens der Stadt will man beim Verkauf vorrangig Familien mit Kindern berücksichtigen. Wer noch dazu "eine Ortsbezogenheit in Form eines Hauptwohnsitzes oder einer beruflichen Tätigkeit im Gemeindegebiet" nachweisen kann, steigert die Chance, ein Grundstück kaufen zu können. Dies gilt auch bei Behinderung oder Pflegebedürftigkeit der Bewerber.

Im Grunde sind dies die gleichen Vorgaben, die es in Ebersberg bereits für die Vergabe von Einheimischenbauland gibt - nur mit dem Unterschied, dass höhere Kapitalgrenzen gelten. Pro Kaufinteressenten liegt die Obergrenze für jährliches Einkommen bei 150 000, bei Paaren bei 300 000 Euro. Die ursprünglich geplante Grenze für Vermögen wurde im Ausschuss sogar noch einmal angehoben. Wie CSU-Stadtrat Florian Brilmayer sagte, sei die Grenze von einer Million zu niedrig. Dies liege an den steigenden Grundstückspreisen: Wenn etwa jemand sein altes Haus oder eine Wohnung verkaufe, komme der schnell über eine Million. Der Ausschuss folgte dem mehrheitlich, die Obergrenze bei 1,5 Millionen.

Josef Peis (Pro Ebersberg) hätte das Grundstück für die Nachbarschaftshilfe lieber in Erbpacht vergeben, statt es zu verkaufen. "Das wäre mir auch lieber", so Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos), allerdings hätte die NBH klar gemacht, dass sie die Fläche kaufen wollten. Eine Erbpacht zur Voraussetzung zu machen, wie Peis es vorschlug, hielt der Bürgermeister für nicht sinnvoll: "Mir ist wichtig, dass die Tagespflege da hin kommt."

Den Verkauf befürworte er, so Eduard Zwingler (FW), machte sich aber etwas Sorgen, ob es nicht Kritik am Stadtrat gebe, "wenn wir hier so teure Grundstücke verkaufen". Christoph Münch (SPD) wollte hingegen wissen, ob man angesichts der aktuellen Marktpreise bei Grundstücken, die Flächen nicht am Ende zu billig hergebe, "den Vorwurf möchte ich mir nicht machen lassen". Laut Bauamtsleiter Christian Stöhr seien die Gutachter zu dem Schluss gekommen, die genannten Preise wären marktüblich.

Final beschließen muss den Grundstücksverkauf noch der Stadtrat, was angesichts der einstimmig sowohl im Finanz- wie im Sozialausschuss gefassten Beschlüsse aber eine reine Formalität sein dürfte.

© SZ vom 03.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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