Ebersberg:Virtuose Tastenkunst

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Mona Asuka Ott widmet sich beim Klavierzyklus im Alten Kino in Ebersberg vornehmlich Werken des 19. Jahrhunderts. (Foto: Christian Endt)

Mona Asuka Ott beeindruckt beim Ebersberger Klavierzyklus des Kulturvereins Zorneding-Baldham mit großem Können, lässt aber ein wenig seelischen Tiefgang vermissen

Von Peter Kees, Ebersberg

Felix Mendelssohn-Bartholdy, Franz Schubert und Franz Liszt waren Zeitgenossen - und doch scheinen ihre Werke fast verschiedenen Epochen anzugehören. Klar zählen alle drei zur Romantik, doch die Spanne zwischen dem Schaffen eines Mendelssohns und dem eines Franz Liszts ist groß. So ist es nicht verwunderlich, dass die musikalischen Welten des Klavierrecitals von Mona Asuka Ott am Sonntag im Alten Kino in Ebersberg sehr weit gefasst waren, obwohl sie doch mit einer Ausnahme ausschließlich Musik des 19. Jahrhunderts spielte. Ott begann mit Werken von Mendelssohn-Bartholdy, schob einen Zeitgenossen ein, spielte anschließend Schubert und schließlich Liszt.

Mona Askua Ott, 1991 in München geboren, hat für ihr jugendliches Alter bereits eine erstaunliche pianistische Karriere hinter sich. Beim Klavierzyklus des Kulturvereins begann die Deutsch-Japanerin ihr Konzert mit Mendelssohns Präludium und Fuge in e-moll, op. 35 Nr. 1. Mendelssohn hatte sich zur Zeit der Komposition mit Bachs "Wohltemperierten Klavier" auseinandergesetzt. Überzeugend und klar strukturiert interpretierte Ott Mendelssohns Werk nach dem Vorbild Bachs und offenbarte in ihrem Spiel eine fein gestaltete Architektur. Die junge Pianistin vermochte sowohl die barocke Formgebung als auch den romantischen Geist des Werkes gekonnt herauszuarbeiten.

Und doch, Perfektion hat Ott hier noch nicht erreicht. Etwas zu viel Pedal setzte sie mitunter ein und auch klanglich hätte man sich ein breiteres Spektrum gewünscht. Vielleicht war es die Wahl des Tempos, die einen leicht gehetzt Eindruck hinterließ. Auch den Moment der Inspiration passte die Pianistin nicht ab: Ganz abrupt setzte sie jeweils ein. Der Schlussakkord des Präludiums war noch nicht verklungen, da spielte sie auch schon die Fuge, die mit ihrem choralartigen Thema zum Schluss durchaus mehr Kontemplation vertragen hätte. Auch bei den "Liedern ohne Worte" und beim Präludium und Fuge e-moll, "Notre Temps", traf Ott Mendelssohns Empfindsamkeit, interpretierte zart und sanft, und vermochte die marschartig punktierten Klänge mit großer Kraft vorzutragen - hinterließ jedoch ähnliche Eindrücke wie zu Beginn. Genauso wie mit Schuberts Sonate a-Moll D 537 nach der Pause: Bravourös gespielt, und doch fehlte der Kern der Schubertschen Innenwelt. Hier war also eine hochbegabte, virtuose Pianistin am Werk, die weiß, wie zu spielen, strukturieren und zu interpretieren ist, deren seelische Tiefe aber noch nicht ganz ausgereift zu sein scheint.

Aufhorchen ließ hingegen das Stück eines Zeitgenossen. Ott spielte ein Klavierwerk des Japaners Kensaku Shimizus, 1961 geboren, namens "Izumi", was Wasserfontäne heißt. Uraufgeführt wurde die Komposition übrigens 2013 von Mona Asuka Ott daselbst bei den Europäischen Wochen in Passau. Hier entfaltete die Pianistin den bisher vermissten klanglichen Zauber. Hinreißend vermochte sie sowohl mit den spielerischen als auch mit den kräftigen und wilderen, manchmal tanzartigen Passagen des im Ansatz minimalistischen Werkes das Publikum in ferne Traumwelten zu entführen. Ja, hier lief Ott zur Höchstform auf. Mindestens ebenso beeindrucken war ihre Interpretation von Liszts Rhapsodie Espagnole S 254 von 1863. Hier zeigte die Pianistin nicht nur ihr auffallend virtuoses Können, sondern offenbarte vor allem ihre beeindruckende gestalterische Gabe. Aber hier dominiert Effekt: Liszt, der selbst Klaviervirtuose war, webte in dieses Werk zwei spanische Tanzweisen - er wusste, wie mit Tasten zu imponieren ist.

Dass nun musikalische Meilensteine zwischen diesen drei romantischen Komponisten liegen, lässt sich wohl am ehesten damit erklären, dass sowohl Mendelssohn als auch Schubert sehr jung gestorben sind, während Liszt einen Großteil des 19. Jahrhunderts miterlebten konnte - er wurde fast 75 Jahre alt. Damit hatte er als Komponist ganz andere Entwicklungsmöglichkeiten. Und bei der vielversprechenden Pianistin Mona Asuka Ott sind solche sicherlich auch noch gegeben. Immerhin ist sie erst 24 Jahre alt.

© SZ vom 10.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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