Ebersberg:Verkehrsregelung im String-Tanga

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Nur mit String-Tanga und Sonnenbrille bekleidet, hat ein geistig Verwirrter in Ebersberg versucht, den Verkehr zu leiten. Ein Gericht hat ihn nun wegen Amtsanmaßung verurteilt.

A. Blum

Ein nackter Mann, nur mit String-Tanga und Sonnenbrille bekleidet, steht an der Straße, unter dem Arm eine rot-weiß-gestreifte Warnbake. Was anmutet wie eine Szene aus einem schrägen Film, war Gegenstand einer Verhandlung vor dem Ebersberger Amtsgericht.

Ein nur mit String-Tanga und Sonnenbrille bekleideter Mann hat in Ebersberg versucht, mit einer Warnbake den Verkehr zu leiten. (Foto: dpa)

Der dort angeklagte Mann an der Straße hatte einen Traum von ungestört dahinfließendem Verkehr. Allerdings setzte sich der Münchner, um seine Vision zu verwirklichen, über Grenzen hinweg. "Amtsanmaßung" lautet der juristische Tatbestand, dessentwegen das Gericht eine Geldstrafe gegen den 49-Jährigen verhängte. Gemildert wurde das Strafmaß dadurch, dass ein psychologisches Gutachten dem Angeklagten eine verminderte Schuldfähigkeit aufgrund eines frühkindlichen Hirnschadens bescheinigte.

Es lägen eine erhebliche Verhaltensstörung und eine geringe Steuerungsfähigkeit vor, so der Sachverständige. Auch vor Gericht gebärdete der Mann sich entsprechend: Er grinste unentwegt, gestikulierte wild, stotterte teils Unverständliches, nahm seine Sonnenbrille zu keinem Zeitpunkt ab. Seinen ungewöhnlichen Aufzug zum Tatzeitpunkt kommentierte er lapidar: "Es war so heiß."

Am 15. August vergangenen Jahres hatte der Mann an der B304 etliche Verkehrsschilder und Warnbaken entfernt und so die wegen Bauarbeiten geltende Einbahnregelung aufgehoben. "Ich wollte den Autofahrern nur den Umweg ersparen, die Straße war doch fertig", rechtfertigte sich der Münchner vor dem Ebersberger Richter. Er habe die Strecke vorher genau inspiziert. Die Ampel hatte funktioniert, Tempolimit und Überholverbot waren mit Schildern ausgewiesen, allein die Straßenmarkierung hatte noch gefehlt. Zudem war der 15. August ein Feiertag. Daher sei mit wenig Verkehr zu rechnen gewesen. "Ich habe mir viele Gedanken gemacht", versicherte der Angeklagte.

Richter Otto Kick widersprach denn auch der Annahme der Staatsanwaltschaft, dass der Angeklagte "eine Gefährdung der Verkehrsteilnehmer billigend in Kauf genommen" habe, und verurteilte diesen nicht wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, sondern nur wegen Amtsanmaßung zu 40 Tagessätzen à 20 Euro. "Lassen Sie bitteschön in Zukunft die Finger von Schildern, das darf man einfach nicht", bläute der Richter dem Münchner jedoch ein. "Wenn das jeder so macht, bricht schlagartig das Chaos aus. Und das wissen Sie genau."

Wegen der kleinen Rente, die der Münchner erhält, ist die Geldstrafe nicht so milde, wie sie wirkt. Der selbst ernannte Verkehrsplaner muss außerdem neben den Tagessätzen die Kosten des Verfahrens tragen, zu denen auch das Gutachten gehört, sowie seinen Anwalt bezahlen. In der Vergangenheit waren mehrere Verfahren gegen den Münchner wegen Schuldunfähigkeit eingestellt worden. Froh sein wird er allerdings darüber, seinen Führerschein nicht verloren zu haben. Die Staatsanwaltschaft hatte das zunächst gefordert. "Aber sein Roller ist eine der wenigen Freuden, die er noch hat", schilderte der Verteidiger und überzeugte damit Richter Otto Kick.

© SZ vom 26.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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