Ebersberg:Unbegründete Angst

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Zwar hat der Landkreis die Verwendung von Wlan an Schulen genehmigt, doch kaum eine Gemeinde will diese Möglichkeit auch umsetzen.

Von Anselm Schindler, Ebersberg

Am Wlan scheiden sich die Geister. Die einen warnen vor schädlicher Strahlung, die anderen vor Panikmache. In den meisten Privathaushalten des Landkreises ist das kabellose Netz bereits angekommen. In den Schulen ist das nicht der Fall. Denn in den vergangenen sechs Jahren untersagte der Landkreis die Verwendung von Drahtlos-Netzwerken an den Schulbänken - aufgrund einer Empfehlung des Landtages. Das ist jetzt passé. Auch wenn das Kultusministerium trotzdem empfiehlt, Kabel statt Funkwellen zu verwenden: Die Schulen im Landkreis haben jetzt zumindest die Erlaubnis, Wlan zu installieren. Doch nicht alle sind mit dieser Entscheidung einverstanden. Verbände wie "Mobilfunk mit Grenzen", dessen Vorsitzende die Aßlingerin Trudi Christof ist, machen gegen das kabellose Netz mobil. Sie sehen die Gesundheit der Schüler in Gefahr.

Doch hört man sich in den Gemeinden des Landkreises um, scheint die Gefahr - falls sie denn überhaupt eine ist - bereits im Vorfeld gebannt. "Wir brauchen das nicht", erklärt Walter Brilmayer, Bürgermeister Ebersbergs. Zwar sei er kein Experte, doch wenn er sich an seinem Arbeitsplatz im Rathaus umblicke, sei er mit den Kabeln zufrieden. Und auch in den Schulen der Stadt Ebersberg sei - seines Wissens - kein Wlan geplant. Ganz ähnlich ist das in Vaterstetten. Dort bekommt man zwar einen Fachmann ans Telefon, doch der wiederholt letztlich die Worte Brilmayers - in Expertensprache versteht sich.

Klaus Bromberger ist Sachgebietsleiter für Systemelektronik in der Gemeinde Vaterstetten und spürbar genervt, wenn man ihn auf die Kritik am Wlan-Ausbau anspricht. "Dann dürfte man auch keinen Toaster mehr verwenden, der strahlt mehr als ein Wlan-Router", sagt er salopp. Messungen hätten längst ergeben, dass die zusätzliche Strahlungsbelastung durch ein Wlan-Netz marginal sei. Denn die meisten Schüler hätten sowieso permanent ein Handy oder Smartphone bei sich, da gehe das Funksignal eines Wlan-Routers förmlich unter, so Bromberger.

Ein drahtloses Funknetzwerk, das in allen Klassenzimmern frei zugänglich ist, will er aber trotzdem nicht. Denn auch, wenn die Kosten für die Verkabelung sehr hoch seien, sei sie der kabellosen Alternative vorzuziehen. Denn die sei zu anfällig für Störungen durch andere Funksignale. Zudem gebe es rechtliche Bedenken: Denn wer haftet, wenn über das Schul-Wlan Straftaten verübt werden?

Doch im kleinen Stil ist das kabellose Netz bereits in den Schulen angekommen - auch in Vaterstetten. In Sekretariat und Rektorat gibt es bereits ein kabelloses Netz, bestätigt Bromberger, und letztlich seien die Wlan-Netze in Städten bereits so weit verbreitet, dass man immer irgendwie auf ein kabelloses Signal zugreifen könne. In den EDV-Klassenzimmern der Mittelschule Vaterstetten sowie in der Parsdorfer Grundschule gebe es für die Schüler aber trotzdem keinen offiziellen Wlan-Zugang. Der Elternbeirat habe sich damals gegen eine solche Neuerung gesträubt. Und so können nur einzelne PCs in der Schulküche ohne Kabel mit dem World Wide Web verbunden werden.

Auch im Vaterstettener Rathaus gibt es bislang kein Wlan-Netz, die althergebrachte Kabelvernetzung sei einfach zuverlässiger, sagt Bromberger. In den Rathäusern der umliegenden Gemeinden wird diese Einschätzung geteilt, auch in Zorneding und Anzing übertragen Kabel die Daten. Und mit den Fragen zur Wlan-Versorgung von Schulen hat man sich dort vielfach noch nicht einmal auseinandergesetzt, so ist das auch in Poing, wie Bürgermeister Albert Hingerl bestätigt.

Die Gegner des Schul-Wlan können also vorerst durchatmen - auch in Grafing: Die dortige Bürgermeisterin, Angelika Obermayr, berichtet zwar, dass in der Grafinger Grundschule die Versorgung mit Wlan geplant sei, jedoch nur, damit Lehrkräfte ihr Notebook mitnehmen können, um es an den Beamer oder an andere Geräte anschließen zu können. Dieses Wlan werde auch nur bei Bedarf eingeschaltet. An Grund- und Mittelschule gebe es zwar bereits Wlan, dieses werde aber - wie auch in den städtischen Verwaltungseinrichtungen - nur zu Verwaltungszwecken verwendet. Es ist also nicht flächendeckend für die Schüler erreichbar.

Die Grafinger Bürgermeisterin stützt sich nicht zuletzt auf Ergebnisse des Bundesamtes für Strahlenschutz, wenn sie sagt, sie halte dieses auf Bedarf zuschaltbare Wlan auch in Schulen "für vertretbar". Gerade "im Vergleich zu der Strahlungsbelastung durch Handys und Schnurlos-Telefone". Auch Warnungen der Aßlinger Wlan-Kritikerin Trudi Christof, wonach die anbietenden Firmen von den Schülern lückenlose Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile erstellen könnten, schlägt die Grüne Angelika Obermayr aus. Diese entstünden eher "durch das Handy oder Smartphone in der Tasche eines jeden Einzelnen" und weniger durch die Nutzung von Wlan.

© SZ vom 22.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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