Ebersberg:Teure Schlamperei

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Bewährungsstrafe für Koch, der seine Küchenhelfer auf deren Verlangen schwarz bezahlte

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Auf seinen Ruhestand dürfte ein 65-Jähriger aus dem nördlichen Landkreis noch einige Zeit warten müssen. Weil er seine Angestellten über Jahre schwarz bezahlte, wurde er nun vom Amtsgericht zu einer Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt. Als Folge dieses Urteils dürfte er noch länger damit zu tun haben, die Rückforderungen der Rentenversicherung zu bedienen. Diese könnten bis zu 187 000 Euro betragen.

Ein Ausbeuter, der seine Beschäftigten schwarz bezahlt um selber groß abzukassieren, war der Angeklagte nicht, das musste sogar der Staatsanwalt anerkennen. Der Vertreter der Anklage hörte sich stellenweise fast an wie ein Verteidiger: "Er ist kein Schurke", sagte er über den gelernten Koch, der im Landkreisnorden einen Party- und Cateringservice betreibt. "Er hat aus Nachlässigkeit gehandelt, vielleicht auch aus der Not heraus."

Die Not, so schilderte der Angeklagte vor Gericht, war Arbeitskräftemangel. Er habe in seinem Betrieb ständig Mitarbeiter gesucht, "für die Arbeiten nebenher", etwa Geschirr spülen. Zwar habe es einige Interessenten für die Jobs gegeben, die meisten hätten aber nicht angemeldet werden wollen. Er versicherte: "Wenn jemand wollte, habe ich das auch gemacht", aber das seien die allerwenigsten gewesen. Bevor er ohne Hilfskräfte alleine in seiner Küche stand, habe er die Mitarbeiter eben ohne Anmeldung beschäftigt und bar aus der Kasse bezahlt. Dieses Entgegenkommen hat sich offenbar auch schnell herumgesprochen, "es riefen auch immer Leute an, die fragten, ob sie so, also schwarz, arbeiten können".

Und das konnten sie auch: Seit dem Jahr 2000 habe er seine Mitarbeiter nicht angemeldet, so die Anklage. Das kam erst bei einer Untersuchung durch den Zoll im vergangenen Jahr ans Licht. Im Nachhinein "wäre es toll gewesen, wenn die Kontrolle früher gewesen wäre", sagte der Angeklagte. Am Ende waren es insgesamt 164 Fälle in denen kein Geld an die Sozialkassen floss, haben die Ermittler festgestellt und einen Schaden von 187 000 Euro berechnet.

Wobei es sich, wie die Verteidigung betonte, um einen "theoretischen Schaden" handle. Denn für einige der nicht angemeldeten Küchenhelfer wären wohl ohnehin keine Sozialabgaben fällig geworden, da sie nur einige Stunden pro Woche gearbeitet und damit eigentlich geringfügig beschäftigt gewesen seien. Das Problem ist allerdings, dass der Angeklagte über Jahre gar keine Buchführung zu seinen Beschäftigten vorlegen konnte. Es sei nicht nachvollziehbar, wer, wann und wie lange in dem Betrieb gearbeitet hat. Daher greift die Vermutungs-Regelung des Sozialgesetzbuches. Demnach wird die geleistete Arbeit so bewertet, als wäre sie von festangestellten Vollzeitkräften ausgeführt worden, für die in voller Höhe Sozialabgaben fällig werden. Daraus errechnet sich auch die enorme angebliche Höhe der umgangenen Zahlungen an die Sozialkassen.

Wie viel Geld die Kassen zurückfordern werden, steht noch nicht fest. Nach Angaben der Verteidigung wollten sie zunächst das Urteil im Strafverfahren abwarten. Der Angeklagte zeigte sich auf jeden Fall bereit, den Schaden im Rahmen seiner Möglichkeiten wieder gut zu machen, "aber dafür muss ich noch lange leben." Denn in einigen Wochen wird er in Rente gehen, und dann nur noch rund 600 Euro pro Monat zur Verfügung haben, auch eine Krankenversicherung hat er keine. "Ich werde mir aber einen Nebenjob suchen", versicherte der 65-Jährige, Köche seien schließlich immer gefragt.

Die Absicht zur Wiedergutmachung spreche sehr für den Angeklagten, genau wie sein Geständnis und seine Kooperation während der Ermittlungen, befand Richterin Vera Hörauf. Sie verurteilte den 65-Jährigen zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung. Außerdem bekam er zur Auflage, in den kommenden drei Jahren, so lange dauert die Bewährung, mindestens 50 Euro pro Monat an die Sozialkassen zurückzuzahlen. "Ich habe gedacht, dass es schlimmer wird", sagte der Angeklagte und nahm das Urteil sofort an.

© SZ vom 20.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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