Ebersberg:Tag der Akten-Arbeit

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Viele Flüchtlinge im Landkreis - hier ein Bild von der Jobmesse Anfang des Jahres - suchen Arbeit, doch viele brauchen dabei Unterstützung. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das Jobcenter bleibt künftig mittwochs für den Publikumsverkehr geschlossen

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Türen zu heißt es von diesem Mittwoch an im Jobcenter: Wer keinen Termin hat, muss draußen bleiben. Auch in den kommenden Wochen ist mittwochs geschlossen. Grund ist aber nicht, dass man in der Behörde einen neuen Ruhetag eingeführt hat - ganz im Gegenteil, wie Geschäftsführer Hermann Schmidbartl erklärt. Man braucht den weitgehend publikumsfreien Tag, um die stark zugenommene Verwaltungsarbeit zu erledigen, damit die Kunden pünktlich ihr Geld bekommen. Voraussichtlich noch bis Ende des Jahres werde das Jobcenter mittwochs geschlossen bleiben - vielleicht auch länger.

Grund für die hohe Arbeitsbelastung im Jobcenter ist, wie es in einer offiziellen Mitteilung heißt, der "derzeit ungewöhnlich hohe Kundenzugang". Auf Nachfrage schildert Schmidbartl, dass man seit Jahresbeginn rund 300 zusätzliche Kunden im Bereich Arbeitslosengeld II, also der Hartz-IV-Leistungen, zu betreuen hat. Aktuell beziehen etwa 1600 Personen Arbeitslosengeld II. Die allermeisten der 300 Neuzugänge sind anerkannte Flüchtlinge, was die Arbeit für das Jobcenter nicht unbedingt einfacher macht.

Zwar seien fast alle der Flüchtlinge "erwerbsfähig", was bedeutet, dass sie grundsätzlich arbeiten könnten. Allerdings bedeutet dies nicht, dass das sofort möglich ist. Denn auch wer im richtigen Alter - über 15 Jahre - und gesund sei, könne eben nicht auf der Stelle eine Stelle annehmen. "Die ganz große Hürde ist die Sprache", sagt Schmidbartl, viele der Neuankömmlinge hätten einfach nicht die notwendigen Deutschkenntnisse, die man für die Aufnahme einer geregelten Beschäftigung braucht. Das sei aber ausdrücklich nicht die Schuld der Flüchtlinge, sagt Schmidbartl, sondern liege an der viel zu geringen Zahl der angebotenen Sprachkurse. So gebe es über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zwar solche Kurse - aber mit einer Wartezeit von sechs Monaten oder länger.

Doch auch, wer einen der begehrten Deutschkurse ergattert, fit für den hiesigen Arbeitsmarkt ist man damit noch nicht. "Viele haben die nötige Berufserfahrung nicht", sagt Schmidbartl, oder es fehlten noch berufliche Qualifikationen. Bestenfalls für etwa ein Drittel der derzeit bei der Behörde gemeldeten Flüchtlinge gebe es die Chance, noch in diesem Jahr auf den ersten Arbeitsmarkt zu kommen. Schmidbartl geht davon aus, dass das Jobcenter in den kommenden ein bis zwei Jahren die meisten Flüchtlinge in Weiterbildungsmaßnahmen, in Berufspraktika oder in Helfer-Jobs vermitteln wird, "wenn die Arbeitgeber dazu bereit sind". Langfristig sei dies aber durchaus eine Perspektive, schließlich könne man dadurch nicht nur Erfahrungen im Berufsleben sammeln, sondern auch die Sprachkenntnisse verbessern. Eine große Unterstützung seien auch die Helferkreise, lobt Schmidbartl, "die leisten wirklich gute Arbeit". Etwa wenn es um das Ausfüllen von Anträgen geht, oder auch um Konten einzurichten.

Schmidbartl rechnet damit, dass sich das Jobcenter noch länger an der Integration anerkannter Flüchtlinge beteiligen wird. Laut einer Prognose könnten heuer noch einmal mindestens 300 weitere Asylanträge von Flüchtlingen im Landkreis anerkannt werden, für die dann ebenfalls das Jobcenter zuständig wäre. Bei der Behörde hat man sich bereits auf die neuen Kunden vorbereitet. Mittlerweile steht ein Arabisch-Dolmetscher einmal pro Woche nach Terminvereinbarung zur Verfügung - meistens mittwochs.

© SZ vom 06.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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