Ebersberg:Strahlende Welten

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Die Zornedinger Malerin Ingrid Köhler stellt in der Ebersberger Rathausgalerie aus

Von Anja Blum, Ebersberg

Ja, was macht eigentlich gute Malerei aus? Diese Frage zu beantworten, fällt sogar einem schwer, der Profi ist in Sachen Kunst und eigentlich alles andere als auf den Mund gefallen: Gute Malerei sei jedenfalls "viel mehr, als Farbe auf einer Leinwand zu verteilen", sagt Hubert Maier, Bildhauer aus Moosach, bei der Vernissage von Ingrid Köhler im Ebersberger Rathaus. Vielmehr gehe es um den richtigen Umgang mit Farbe, das Wissen um ihre Wirkung, um Komposition. "Ein gutes Kunstwerk erkennt man daran, dass man es jederzeit stehen oder liegen lassen kann, auch wenn es eigentlich noch unvollendet ist." Einfach deshalb, weil darin von Beginn an alles Notwendige angelegt sei. "Wenn man weitermalt, verändert sich dann nur mehr der Grad der Abstraktion", so Maier.

Um seine Worte zu verdeutlichen, wies der Laudator auf ein Bild von Köhler, das sich deutlich abhebt vom Rest ihrer Werke in der Rathausgalerie: Es ist tatsächlich weniger "ausgemalt", wie Maier sagen würde, verfügt über deutlich weniger Farbschichten, die gelbe Grundfläche fluoresziert durchscheinend, es sind deutlich einzelne, gestische Pinselstriche erkennbar und trotz großer Abstraktion evozieren die Formen eindeutig das Thema Natur. "Dieses Bild ist einfach bereits durchkomponiert", sagt Maier, "und das trägt".

Köhler selbst erzählt, der Bildhauer habe dieses Bild für sie gerettet. "Ich wollte es zuerst nämlich gar nicht zeigen." Doch gegenüber den eigenen Werken sei man ja oft betriebsblind, und deswegen sei eine professionelle Zusammenarbeit wie die mit Maier so wertvoll. "Versteckter Schatz" hat sie das Bild nun genannt.

Maier hatte gemeinsam mit der Zornedinger Malerin - beide kennen sich bereits seit dem Studium an der Akademie in München - ihre Exponate ausgesucht und in der Rathausgalerie gehängt, obendrein gab es für Köhler eine so profunde wie lebendige Laudatio. Das Publikum lauschte dabei zahlreich - nach der Preisverleihung in der Alten Brennerei des Ebersberger Kunstvereins war die Schar der Interessierten gleich zur Vernissage von Köhler ins Rathaus geeilt.

Mit Recht, denn ihre Ausstellung mit dem Titel "Suchbilder" ist wirklich sehenswert. Köhler hat ihr Handwerk gelernt, das wird auf den ersten Blick klar, doch darüber hinaus schafft sie Werke von intensiver Strahlkraft und enormer Ausdrucksstärke. Und das, obwohl ihre Sujets zunächst reichlich klischeebehaftet klingen: Köhler malt gerne Blumen, Felder, wolkenartige Formationen, getupfte Impressionen, die an Monets Seerosen erinnern. "Ich gehe beim Malen von der Natur aus, aber das verselbständigt sich dann, löst sich in Malerei auf", sagt Köhler über ihre Motive. Mit naiver Laienmalerei haben diese Exponate also nichts, aber auch gar nichts gemein. Sie sind in ihrer künstlerischen Dichte formvollendet. Die Natur durchlebt unter Köhlers Händen eine sehenswerte Metamorphose zur Seelenlandschaft aus Licht und Farbe.

In altmeisterlicher Technik, in zahllosen Schichten, trägt Köhler Ölfarbe auf, so erschafft sie bewegte, schimmernde Flächen voller Tiefe. "Man kann diese Lasuren wie buntes Glas übereinanderlegen, das ist wundervoll", sagt die Künstlerin. Gerade ihre leuchtenden Farben, oft komplementär angeordnet, lassen die Bilder wie Fenster in andere, strahlende Welten erscheinen. Teils trägt Köhler das Material auch so dick auf, dass pastose Strukturen entstehen. Verstärkt wird dieser Effekt in vielen Fällen vom Maluntergrund: Die Zornedingerin verwendet anstatt glatter Leinwand gerne solche mit Fischgrätmuster oder gar Rupfen, also groben Sackstoff. "Diese Bilder schöpfen aus malerischer Kraft - und einer wunderbaren Unaufgeregtheit", sagt Meier. Und man kann ihm nur beipflichten.

"Suchbilder": Ausstellung von Ingrid Köhler in der Rathausgalerie Ebersberg, zu sehen bis 28. November zu den üblichen Öffnungszeiten. Persönliche Besichtigungstermine können vereinbart werden per Mail an il.koehler@freenet.de oder a.berberich@ebersberg.de

© SZ vom 04.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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