Ebersberg:Sehr verdächtig

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Die Polizei im Landkreis registriert vor allem bei Veranstaltern eine erhöhte Sensibilität

Von Anja Blum, Ebersberg

Verunsichert, aber nicht panisch: So könnte man die Verfassung der Menschen im Landkreis aus Sicht der Polizei beschreiben. "Man merkt schon, dass die Bevölkerung sensibler reagiert", sagt Hendrik Polte, Leiter der Inspektion in Ebersberg, mit Blick auf die vielen schrecklichen Ereignisse der vergangenen Tage. Vor allem von Veranstaltern seien zahlreiche Anfragen eingegangen. "Sie wollten wissen, wie groß die Gefahr ist, und was sie tun sollen."

Die Polizeibeamten aus Ebersberg und Poing stehen Veranstaltern im Landkreis freilich mit Rat und Tat zur Seite und betreuten Feste im Rahmen ihrer personellen Möglichkeiten. Doch ein Patentrezept beziehungsweise einen "hundertprozentigen Schutz" können auch sie nicht liefern. "Denn den gibt es nicht", stellt Polte klar. Insofern laute der wichtigste Rat an alle Veranstalter, keine Panik zu erzeugen - und trotzdem aufmerksam zu sein. "Aber das ist natürlich ein Eiertanz", sagt der Chef der Ebersberger Inspektion, der diese Probleme aus der eigenen Arbeit kennt: "Wenn wir irgendwelche vagen Hinweise bekommen, versuchen wir auch erst, die Sache einzuordnen, bevor wir einen Großeinsatz auslösen", erklärt er. Schließlich könne ein starkes Polizeiaufgebot auch weitere Ängste schüren. "Aber wir gehen natürlich jeder Sache nach."

Die Zahl der Hinweise aus der Bevölkerung auf "verdächtiges Verhalten" hat laut den beiden Polizeidienststellen im Landkreis trotz allem nicht spürbar zugenommen. "Dass Kinder oder Jugendliche anrufen und sagen, dass jemand sie seltsam angesehen habe oder ihnen nachgegangen sei, das gibt es schließlich auch in normalen Zeiten immer wieder", sagt Polte. Und auch die Kollegen in der Poinger Inspektion stellen keine Häufung besorgter Anrufe fest. "Bei uns gab es eigentlich nur einen Fall", sagt Dienststellenleiter Helmut Hintereder: Eine Frau hatte an einem Dienstagnachmittag gemeldet, am Vaterstettener Bahnhof stehe jemand mit einem Gewehr - ein Fehlararm, wie sich nach einem Großeinsatz herausstellte. "Der verdächtige Mann hatte einen Rucksack auf, von dem ein gepolsterter Bauchgurt herabhing, und eine Bierflasche in der Hand. Diesen Anblick hat die Frau offenbar völlig falsch interpretiert", erzählt Hintereder, der die Zeugin selbst gesprochen hatte. "Sie war jedenfalls tatsächlich sehr verängstigt."

Doch die Polizeibeamten haben für derlei Fehleinschätzungen durchaus Verständnis. "Solche Wahrnehmungen sollen uns unbedingt mitgeteilt werden - und wenn sie sich dann als falsch herausstellen, so ist es umso besser", sagt der Poinger Polizeichef. Wichtig ist ihm allerdings auch, dass sich kein Ebersberger "sein Leben kaputt machen lassen sollte": Fortan sämtliche Feste und Menschenansammlungen zu meiden, könne nicht die richtige Lösung sein, so Hintereder. "Vielmehr müssen wir jetzt bald wieder auf ein normales Maß kommen, so dass wir tatsächliche Gefahren wieder besser von vermeintlichen unterscheiden können."

© SZ vom 02.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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