Ebersberg:Schwerer Fall

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Ebersberger Amtsgericht kann angeblichen Diebstahl von Granitsteinen nicht aufklären und muss sich vertagen

Von Florentine kary, Ebersberg

- Obelix der Gallier, der ja mit Vorliebe richtig schwere Brocken durch die Gegen schleppte, hätte vermutlich seine Freude an der Geschichte gehabt, mit Sicherheit auch die Macher des Königlich Bayerischen Amtsgerichts. Richtig schwer im Magen dürfte Richterin Vera Hörauf jedenfalls der Fall gelegen haben, den sie in dieser Woche am Amtsgericht Ebersberg zu verhandeln hatte.

Steine, nämlich Granitbrocken eines Gartenbauunternehmens, soll eine 49-jährige Kunst- und Mathematikstudentin widerrechtlich mitgenommen haben, so der Vorwurf des Chefs der Firma. Für ihre Aussage, eben jener Chef habe ihr das Mitnehmen der Steine gestattet, hatte die Frau bereits einen Strafbefehl wegen Betruges erhalten, wogegen sie Einspruch einlegte. Dieser Einspruch nun brachte den Fall vor das Amtsgericht.

Richterin Vera Hörauf tat sich sichtbar schwer mit der ganzen Angelegenheit, zumal Angeklagte und Zeuge sich immer wieder in Widersprüche verstrickten. Soweit nachvollziehbar, hatte die Frau für ihren Hausbau Steine benötigt, um die Einfahrt zu pflastern. Mit dem Zeugen hatte sie, so ihre Aussage, eine mündliche Übereinkunft getroffen, nach der er die Steine liefern sollte. Als er das nicht getan hatte, nach Angaben der Beklagten, habe sie dann mit ihm ausgemacht, die Steine selbst von seinem vom Hof holen zu dürfen. Dort sei sie dann aber mit dem Unternehmer zusammen getroffen, der die umgehende Bezahlung der noch nicht gelieferten Steine verlangte. Immerhin sei es dann zu einer Einigung gekommen: Die Frau sollte die bereits geladenen Steine mitnehmen und anschließend zur Abrechnung ins Büro kommen.

Nach Aussage der Beklagten sei dann aber der Unternehmer nie mehr zu erreichen gewesen, weder persönlich noch telefonisch. Das stritt dieser jedoch ab.

Für die Steine stellte er dann später allerdings eine Rechnung, in der er 1,3 Tonnen Gewicht ansetzte. Wie er abrechnen habe können, wo er doch vorher gar nicht gewogen hätte, fragte die Richterin. Er mache das "mit Augenmaß", erklärte der Zeuge, es sei ihm "zu anstrengend gewesen", jeden Stein noch mal aus dem Wagen zu holen und abzuzählen. Die Steinwürfel wögen in der Regel etwa zehn Kilo wiegen, das hätte dann schon mit den bestellten 900 Kilogramm zusammengepasst. Warum er letztendlich dann 1,3 Tonnen berechnete - weshalb die Angeklagte ihm wiederum vorwarf, sie betrogen zu haben - konnte der Unternehmer nicht schlüssig erklären.

Die Wahrheitsfindung gestaltete sich immer schwieriger , als auch noch ein Kostenvoranschlag des Unternehmers ins Spiel gebracht wurde, den er selbst gar nicht geschrieben haben wollte. Er habe das Schreiben noch nie gesehen, erklärte er. Zunehmend lauter wurde es dann im Gerichtssaal, als die Richterin zu klären versuchte, ob Beklagte und Zeuge sich vor der ganzen Angelegenheit bereits kannten. In der kleinen Gemeinde, in der sich das Drama abgespielt hat, kenne man sich, behauptete die Angeklagte, darauf der Zeuge: Er kenne sie nicht. Ein paar Minuten sagte er dann, er habe mit dem Mann der Beklagten über die Steine geredet, als dieser die Sache klären wollte.

Noch ein paar Happen Königlich Bayerisches Amtsgericht? Der Hund der Angeklagten kam schließlich auch noch ins Spiel, dazu vermeintliche Kontaktversuche seitens der Angeklagten, eine E-Mail ihres Manns - der inzwischen ihr Ex-Mann ist. Im Gerichtssaal brodelte jetzt die Stimmung und steigerte sich zu einer Art Empörung, als die Angeklagte nun noch dem Staatsanwalt vorwarf, sie erpressen zu wollen. Der Staatsanwalt hatte ihr vorgeschlagen, den Strafbefehl von 45 Tagessätzen à 15 Euro zu akzeptieren, um das Verfahren abzukürzen.

Am Ende reichte es nicht nur der Richterin Hörauf, sondern auch dem Staatsanwalt - und dem Anwalt, der bereits für den nachfolgenden Fall in den Gerichtssaal gekommen war. Er bot der 49-Jährigen an, ihre Vertretung, zu übernehmen, falls die Sache noch länger dauern sollte. Über eine Stunde war man bereits über der angesetzten Verhandlungszeit, so dass Richterin Hörauf die Urteilsverkündung schließlich vertagte.

Anfang Oktober soll der Fall noch einmal aufgerollt werden, und vermutlich werden auch die Kommunikationsprobleme zwischen der Angeklagten und ihrem Ex-Mann aufs Tapet kommen, die ganz zum Schluss noch evident geworden waren. Vielleicht kommt dann Ordnung in das Geflecht aus Verstrickungen und Widersprüchen.

© SZ vom 19.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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