Kulturfeuer:Schwerelose Schönheit

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Mit ihrer Show "Spotlight" präsentiert die Akrobatentruppe M.PAC im Alten Speicher Ebersberg ein fantasievolles, poetisches und hochartistisches Programm mit zahlreichen Solo-Kunststücken

Von Rita Baedeker, Ebersberg

Am Anfang ist - tiefe Dunkelheit! Auf der von düsterem Violett umnebelten Bühne formieren sich schemenhaft mehrere Gestalten. Auf einmal leuchtet eine riesige Glühbirne auf, schwingt hin und her, schwebt geisterhaft über dem Bühnenboden. Bald tanzen Funken, die Show "Spotlight" der Artistengruppe M.PAC beginnt unkörperlich mit Lichtakrobatik.

"No Light" haben die elf jungen Artisten und Artistinnen von M.PAC, der Abkürzung für "Movimento - Performing Arts Company", die Eröffnungsnummer ihrer Revue genannt, einer Revue, die ebenso kunstfertig wie poetisch und zuweilen sogar komisch ist. Das Licht, mal hin und her schaukelnd, mal zum Podium in der Mitte des Saals getragen, wird die Truppe als Leitstern durch den Abend begleiten.

Mit der Show am siebten Abend des Festivals "Kulturfeuer" im Alten Speicher Ebersberg präsentieren sich die Gründungsmitglieder des ehemaligen Grafinger "Movimento"-Ensembles, das beim Kulturfeuer 2014 in einem Zirkuszelt gastierte, mit einer spannenden, fantasievoll durchkomponierten Dramaturgie, wie sie einer neuerdings mehr und mehr von Poesie geprägten Zirkuskunst entspricht. Eine junge Frau in der Truppe besucht die Zirkusschule in Rotterdam, zwei studieren Tanz, der Rest betreibt Artistik als Hobby, erzählt Stefan Eberherr vom Gymnasium Grafing, der zum Support-Team gehört.

Dass die Darsteller eigentlich Amateure sind, merkt man nicht

Es sind also weitgehend Amateure, die sich mit gewagter Luftakrobatik präsentieren, Salti und Schrauben sowie kopfüber Klimmzüge vollführen oder sich, in ein elastisches Vertikaltuch gewickelt, spektakulär in die Tiefe fallen lassen. Es sind Figuren, die äußerste Körperspannung und Konzentration erfordern, dennoch lächeln die jungen Artisten entspannt ins Publikum, lassen die anspruchsvollen Übungen leicht und anmutig wirken. Bald verwandelt sich das Staunen des Publikums im bis auf den letzten Platz besetzten Saal in Dauerklatschen. Bis auf jene Momente, in denen man den Atem anhält. Etwa bei den beiden jungen Mädchen am Trapez, die sich in symmetrischer Choreografie, wie es scheint, die Glieder "verrenken". Oder bei der spektakulären Nummer "Aerial Net", bei der sich die Artistin, komplett in ein Netz gehüllt wie in einen Kokon, geschmeidig in die Höhe schraubt, sich überschlägt und dann - Schrecksekunde im Publikum - los lässt und fällt. Doch das Netz fängt sie sicher auf.

Ein Klassiker der Akrobatik ist auch das "Chinese Pole" genannte Gerät, eine auf der Bühne fest montierte Stange. Drei junge Männer, die sich zuvor mit Teilen des Mastes einen spaßigen Fechtkampf geliefert haben, klettern nun mühelos wie Affen auf allen Vieren den Mast hinauf, um gleich darauf kopfüber herunter zu rutschen oder schwerelos Extremitäten in die Luft zu recken, so als halte nur ein Magnet sie noch fest. Einer verspeist dabei genüsslich einen Apfel. Aufsehen erregen auch die Nummern mit Vertikaltuch und elastischen Bändern, mit Jonglage, Hand- und Bodenartistik sowie allerlei kunstvollen Pyramiden und riskanten Hebe- und Wurffiguren. Schließlich präsentieren die Künstler eine - übrigens sehr schöne - Livemusik mit Gitarre, Gesang und Klavier.

Eindrucksvoll und sehr ästhetisch ist das, was eine junge Frau mit dem "Cyr-Wheel" genannten Reifen anstellt. Die Artistin versetzt den Ring mit leichter Hand in eine kontinuierliche Drehung, ähnlich einem Kreisel, tanzt im und auf dem Reifen, schmiegt sich in die Wölbung des Kreises und beschreibt aufrecht stehend, mit gespreizten Armen und Beinen, die berühmte Figur des "vitruvianischen Menschen" von Leonardo da Vinci, ewig gültiges Symbol für Symmetrie und Schönheit.

Zum Schluss schwenkt das Publikum Leuchtstäbe, der Applaus nimmt kein Ende. Der Schlusschor der Artisten mit dem Titel "Good Life" bringt sie zum Ausdruck, die wunderbare Stimmung, erzeugt von so viel Poesie und Schönheit.

© SZ vom 21.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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