Ebersberg:Schwäbische Spitzen

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Kabarettist Michael Krebs amüsiert das Publikum im Alten Kino. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Michael Krebs amüsiert in Ebersberg mit feiner Ironie

Von Peter Kees, Ebersberg

Wer früher nach Berlin zog, war anders. Wer heute nach Berlin zieht, will anders sein. Auf diese etwas maliziöse Feststellung könnte man die kulturelle Veränderung der Hauptstadt herunterbrechen. Dort legendär ist inzwischen der Schwabenhass, gelten die Zugereisten aus dem Ländle doch als "Mietpreistreiber und Speerspitze der Gentrifizierung". Beliebt sind sie jedenfalls nicht.

Ein in Berlin lebender Schwabe trat nun vergangenen Samstag im Alten Kino in Ebersberg auf. Sein Name: Michael Krebs. Sein Markenzeichen: musikalisches Kabarett. Geburtsort: Schwäbisch Hall. Als Rock'n'Roll-Kabarett war der Abend angekündigt. Doch Rock'n'Roll ist es eigentlich nicht, was der Multikünstler da zum Besten gibt, eher schon jazzige Liedermacherei. Als Kabarettist, Moderator und Entertainer bezeichnet er sich selbst. Was er aber richtig gut kann: Klavierspielen. Sein Instrument beherrscht er. Er hat ja auch Jazzklavier an der Musikhochschule Hamburg studiert. Und unterhalten kann er auch. Seit zwölf Jahren zieht der Wahlberliner, der inzwischen in den Vierzigern angekommen ist, mit einem Mix aus selbst komponierten Liedern und schwatzendem Witz durch die Lande, bekam dafür zahlreiche Kleinkunstpreise. In Ebersberg trat er mit einem Jubiläumskonzert auf, anlässlich seines zwölften Bühnengeburtstags.

Seine Kunst changiert zwischen Jazz, Schlager, Liedermacherei und guter Unterhaltung. Auch wenn er an den Wiener Altmeister Georg Kreisler nicht wirklich heranreicht, einige seiner Songs erinnern durchaus an den legendären Weltdurchschauer, auch wenn Krebs zu anderen musikalischen Stillmitteln greift und nicht so entlarvend bissig ist. Der Abend begann mit einer leicht ironisierten Selbstbespiegelung, und fand seinen ersten Höhepunkt - nach einem Song über die notorische aber schöne Grundschullehrerinnen-Freundin, die irgendwie den Schwaben an sich spiegelt - in einem Spottlied über die Ich-Bezogenheit in unserer Zeit. Der Song "Und falls die Welt doch irgendwann zusammenbricht, an mir liegt's nicht" spiegelt ganz wunderbar den so häufig beschriebenen Narzissmus unserer Gesellschaft. Rhythmische Stärke, Kraft in den Fingern, aber auch die Begabung, gekonnt zu parodieren prägen Krebs' Show. Hübsch ist die Geschichte über seine Zeit als Hotelbarpianist, der er einen großen Teil des Abends widmet. Der Traum, als cooler Pianist in der Bar eines Luxushotels von den schönen und reichen Frauen begehrt zu werden, geht freilich nicht auf. Das Hintergrundgeklimper soll ja möglichst leise und unauffällig sein. Ob er da tatsächlich Autobiografisches verarbeitet, bleibt offen. In der Pause darf das Publikum Liederwünsche in einen Topf werfen, nach der Pause will Krebs sie interpretieren. Leider muss er feststellen, dass keine von ihm geschriebene Songs auf den Zetteln stehen. Gekonnt geht er dennoch auf die Wunschliste aus dem Publikum ein, freilich nicht auf den Vorschlag, ein Lied aus Schubers Winterreise zu interpretieren. Doch halt, als er "Hänschen Klein" aus dem Topf zieht, verknüpft er das schließlich doch irgendwie mit einem Ausflug in die Klassik und improvisiert zum Gaudium des Publikums eine Art Opernrezitativ. Auch Ella Fitzgerald oder Herbert Grönemeyer parodiert er köstlich.

Überhaupt steigert er sich im Lauf des Abends. Wenig routiniert wirkt der Anfang, am Ende sprudelt er vor Energie, ist von seinem Flügel kaum mehr wegzubekommen. Er hat Feuer gefangen. Es scheint ihm ungeheuren Spaß zu machen, das Ebersberger Publikum zu amüsieren. Seine Ironie ist fein, doch eher gutartig als messerscharf - ein Entertainer eben. Am Rande durchaus mit Gesellschaftskritik, doch viel zu schnell ist er wieder bei Nonsens und Alberei. Doch ist Krebs mit seinem Witz sicher einer jener Schwaben in Berlin, die sich auch am Prenzlauer Berg assimilieren können.

© SZ vom 23.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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