Ebersberg:Schmerzhaftes Ende einer Party

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Eine Feier endet in einer Prügelei. Einer der jugendlichen Schläger wird vom Amtsgericht Ebersberg zu Freizeitarrest verurteilt, auch wenn dieser sich nicht daran erinnern kann, das Fest besucht zu haben

Von Annalena Ehrlicher, Ebersberg

Eine Geburtstagsfeier im westlichen Landkreis endete im November 2014 für einige der Beteiligten nicht gut: Prellungen und Schnittwunden für die einen, eine Anklage für die anderen. Vor dem Ebersberger Amtsgericht mussten sich nun ein 17- und ein 20-Jähriger aus dem Landkreis verantworten, weil sie zwei anderen Jugendlichen "gemeinschaftlich körperlichen Schaden zugefügt" haben sollen, so die Staatsanwaltschaft.

"Ich weiß gar nicht, warum ich eigentlich hier bin", sagte der 20-jährige Auszubildende zu Beginn der Verhandlung. "Das probieren wir ja heute herauszufinden", kommentierte Richter Dieter Kaltbeitzer. Auch der 17-jährige Hauptangeklagte beharrte darauf, "nicht mal da gewesen" zu sein. Als entsprechend schwer stellte es sich im Laufe der Verhandlung bei der Vernehmung der sechs Zeugen heraus, ein klares Bild von den Geschehnissen des Abends zu bekommen. "Das weiß ich leider nicht mehr genau", "da war ich schon nicht mehr da", "ich war ein bisschen betrunken" und "das konnte ich von dort aus nicht sehen", waren sich häufig wiederholende Satzbausteine.

Die Version der Geschehnisse, die dem Gericht am Ende der Verhandlungen am glaubhaftesten erschien, war folgende: Nachdem der jüngere Angeklagte einem der Geschädigten mehrere Male mit der Faust ins Gesicht geschlagen hatte, zog der Verletzte sich mit seinen beiden Freunden, alle 16 Jahre alt, zurück und machte sich auf den Weg zur Bahn. Als die Gruppe bemerkte, dass einige der anderen Jugendlichen ihnen folgte, hätten sie sich rennend entfernt. An dieser Stelle soll der Angeklagte einem der Flüchtenden das Bein gestellt haben. Dieser stürzte mit einer Bierflasche zu Boden und zog sich dabei Schnittwunden und Prellungen zu. Auf den am Boden Liegenden habe der Hauptangeklagte im Anschluss auch noch eingetreten.

Dem 20-Jährigen wurde zunächst vorgeworfen, den Streit provoziert zu haben. Auf Nachfrage erklärte er, er habe einen der Jugendlichen aus München nach dessen Alter gefragt - scheinbar, weil er wissen wollte, "ob sie schon Alkohol trinken dürfen." Als dieser ihm sein Alter nannte - damals 16 - habe er geantwortet: "Süß, du bist ja noch ein kleines Kind." Er bestritt allerdings den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, dass er im Anschluss daran gesagt habe: "Was würdest du machen, wenn ich dich jetzt schlagen würde?"

Nach der Aussage des Angeklagten, habe die Schlägerei außerhalb der Hütte begonnen,in der die Feier stattfand. Dem widersprach der Gastgeber, was symptomatisch für den gesamten Verlauf der Verhandlung war. 14 Monate sind eine lange Zeit, genaue Erinnerungen hatte kaum einer der Zeugen. Ob der 20-jährige Angeklagte mit den Geschädigten auf die Polizei gewartet habe, sei nicht sicher. Vielleicht habe er ihnen sogar ein Taschentuch und Wasser gereicht, wie er behauptet und die anderen Jugendlichen nicht bestreiten. Das einzige, worin sich die meisten einig war: "Geschlägert" habe ein Junge mit einer Bomberjacke im Militärmuster - eine Jacke, wie sie der Angeklagte auf seinem Facebook-Profil und mutmaßlich auch in der Tatnacht getragen hat.

"Wir haben den ganzen Abend Playstation gezockt", behauptete dieser. Er sei zum Tatzeitpunkt gar nicht auf der Party, sondern bei einem Freund zu Hause gewesen. Die Zeugenaussage des Freundes hielt Richter Kaltbeitzer jedoch nicht für glaubwürdig, da dieser offenkundig versuche, seinen Freund zu schützen. Dass der 17-Jährige Angeklagte statt der Bomberjacke eine geliehene Jacke trug, als die Polizei vor Ort war, erklärte einer seiner Freunde bei der Polizei mit einem Regenschauer, der die Jacke des Angeklagten durchnässt hätte. Vor Gericht wollte er sich an auf die Jacke geschüttetes Bier erinnern.

Am Ende der Verhandlung wurde der 20-jährige Angeklagte freigesprochen, da sich die Vorwürfe gegen ihn nicht bestätigt hatten. Im Falle des 17-Jährigen bestand für Richter Kaltbeitzer "keinerlei Zweifel" daran, dass dieser schuldig war. Dies wurde in erster Linie durch die Einschätzung des Richters begründet, wonach die Freunde des Jungen "zu seinen Gunsten ausgesagt haben", der andere Angeklagte jedoch dessen Anwesenheit auf der Party bestätigt habe. Aus "erzieherischen" Gründen verurteilte Richter Kaltbeitzer den 17-Jährigen daher zu einem Freizeitarrest. Ob der Jugendliche und seine Verteidigerin das Urteil annehmen, blieb offen.

© SZ vom 16.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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