Ebersberg:Schläge mit der Bierflasche

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Ein 31-Jähriger, der in der S-Bahn auf einen Bekannten losging, wird vor dem Ebersberger Amtsgericht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Dass Scherben Glück bringen, wird oft behauptet, im Fall zweier junger Männer traf das Gegenteil zu. Die beiden 31 und 21 Jahre alten Flüchtlinge aus Nigeria gerieten vergangenen Herbst in einem S-Bahnzug aneinander, dabei schlug der ältere seinem Kontrahenten eine Bierflasche so heftig auf den Kopf, dass diese zerbrach. Wegen gefährlicher Körperverletzung musste er sich nun vor dem Amtsgericht verantworten.

Dass er seinem Landsmann eine Flasche auf den Kopf geschlagen hat, gab der Angeklagte unumwunden zu. Der Vorfall tue ihm auch sehr leid, beteuerte der Mann. Allerdings gebe es dazu eine Vorgeschichte, die der Angeklagte mit Hilfe einer Dolmetscherin versuchte zu schildern. Was nicht nur wegen der Sprachbarriere nicht ganz einfach war, auch die Geschichte selbst ist einigermaßen verwirrend.

Offenbar hatten die beiden Männer schon geraume Zeit immer wieder Streit miteinander. Laut dem Angeklagtem kannten er und sein späteres Opfer sich bereits seit 2015, als beide in der Gemeinschaftsunterkunft in Kirchseeon untergebracht waren. Damals scheint das Verhältnis zwischen ihnen noch ganz passabel gewesen zu sein. Jedenfalls schilderte der Angeklagte, wie er seinen früheren Mitbewohner vergangenes Jahr in Poing wiedertraf, als er selbst dort Freunde besuchen wollte.

Zunächst habe man miteinander etwas getrunken, so der Angeklagte, doch irgendwann sei die Situation eskaliert. Grund dafür sei gewesen, dass der 21-Jährige vom Angeklagten verlangt habe, er solle gegen einen dritten Landsmann "kämpfen", der wiederum Streit mit dem Bruder des 21-Jährigen habe. Weil er aber nicht kämpfen wollte, und das dem anderen auch so mitgeteilt habe, sei dieser wütend geworden, habe auf ihn eingeschlagen und sogar versucht, ihn über ein Treppengeländer zu schubsen.

Seitdem habe es immer Streit gegeben, wenn er dem 21-Jährigen begegnet sei, weshalb er stets versucht habe, ihm aus dem Weg zu gehen, beteuerte der Angeklagte. Im vergangenen November sei der jüngere Landsmann dann plötzlich in Poing vor ihm gestanden, als der 31-Jährige gerade die dortige Sparkasse verließ, habe ihn unvermittelt mit einer Flasche geschlagen und sei davongerannt. Am Bahnhof habe er den Angreifer dann in einer S-Bahn wiedergesehen, sei ebenfalls eingestiegen und habe ihn nun seinerseits mit einer Flasche geschlagen.

Zumindest diesen Teil konnte der Geschädigte, der derzeit wegen Verdachts auf Drogenhandels in U-Haft sitzt - bestätigen. Allerdings sei dem kein Angriff seinerseits vorausgegangen, so der 21-Jährige. Stattdessen habe er den Angeklagten und einen weiteren Mann in Poing auf der Straße getroffen, diese hätten ihm zugerufen, er solle stehen bleiben. Was er aber nicht getan habe, stattdessen sei er zum Bahnhof gerannt und in die nächstbeste S-Bahn gestiegen. Als er mit dem Gegenzug zurückfuhr, habe der Angeklagte bereits am Bahnhof gewartet, sei eingestiegen und habe ihn mit der Bierflasche geschlagen. Danach habe er eine Nacht im Krankenhaus verbringen müssen, dort seien zwei Wunden am Kopf genäht worden, die Narben sehe man bis heute.

Dass es eine Vorgeschichte gebe, bestätigte auch der Zeuge, allerdings erzählte er sie etwas anders. Demnach habe er selbst zwei Bekannte des Angeklagten bei der Polizei angezeigt, weil sie ihm hätten Drogen verkaufen wollen. Der Angeklagte habe ihn darum zur Rede gestellt, es kam zum Streit. Dabei hätten sich die Männer gegenseitig geschubst, so der Zeuge weiter, er habe den Angeklagten aber weder geschlagen noch versucht, ihn über ein Geländer zu drängen. Stattdessen sei der Angeklagte massiv gegen ihn vorgegangen, weshalb er auch weggerannt sei, als er diesen auf der Straße und auch noch mit Verstärkung sah. Angesichts dieser doch sehr unterschiedlichen Geschichten bot die Verteidigung einen Zeugen an, der den ersten Streit zwischen den beiden Männern beobachtet haben will. Worauf Richterin Vera Hörauf allerdings verzichtete, schließlich gehe es nicht um die Aufklärung der Vorgeschichte, sondern um die Schläge mit der Flasche. Diese sind durch die Kameras in der Bahn gut dokumentiert - man erkennt sogar das Label der Brauerei.

Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung beantragten eine Bewährungsstrafe für den Angeklagten. Dafür spreche, dass der Angeklagte geständig ist, die Tat bereut und nicht vorbestraft ist. Außerdem habe er eine feste Arbeit, lebe somit in gefestigten sozialen Verhältnissen. Richterin Vera Hörauf schloss sich den Anträgen an und verurteilte den 31-Jährigen zu einem Jahr auf Bewährung. Außerdem muss er 1200 Euro an die Suchthotline der Münchner Drogenberatung spenden.

© SZ vom 26.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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