Ebersberg:Plakettenschwindel

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Weil es TÜV-Aufkleber gefälscht haben soll, muss sich ein Paar vor dem Ebersberger Amtsgericht verantworten

Von Antonia Heil, Ebersberg

Fast überallhin auf sein Auto darf man Aufkleber kleben. Manch einer möchte allen anderen Verkehrsteilnehmern ja gerne zeigen, dass er im Urlaub mit der Fähre auf Korsika war oder dass sein Kind Kevin heißt. Scheiben, Blinker und Scheinwerfer müssen frei bleiben. Und dann gibt es noch so eine Stelle, bei der es brenzlig werden kann, wenn man sie überklebt: Die TÜV-Plakette, das verschwindend kleine und doch so wichtige Detail auf den Kennzeichen. Ganz daneben liegt, wer diese Plakette mit einer anderen Plakette überklebt. Denn das kann zu hohen Geldstrafen oder sogar zu einer Gefängnisstrafe führen.

Genau so könnte es für ein Betrüger-Pärchen kommen, das eine größere Anzahl gefälschter Plaketten verkauft haben soll und sich dafür nun vor dem Ebersberger Amtsgericht verantworten muss. Die Staatsanwaltschaft wirft einer 25-Jährigen aus dem nördlichen Landkreis vor, die Aufkleber gefälscht und an Dritte weitergegeben zu haben. Ferner soll sie gemäß eines gemeinsamen Tatplanes mit ihrem Lebensgefährten ihr Auto umgemeldet haben, sodass die Fälschung an der Plakette nicht mehr auf den ersten Blick erkennbar war. Dazu kommt noch, dass die beiden bei der Polizeidienststelle in Poing eine Falschaussage ablegten. Die Liste der angeklagten Tatbestände war so lang, dass die Rechtsreferendarin, die anstelle des verspäteten Staatsanwalts die Klageschrift verlas, sich mehrmals verhaspelte. Aufgeflogen war das Pärchen, weil die Polizei bei einer Kontrolle Unstimmigkeiten zwischen den Angaben auf der TÜV-Plakette und dem Vermerk im Fahrzeugschein festgestellt hatte.

Für die Beweisaufnahme war es notwendig, zunächst einmal das Prozedere rund um die Prüfplakette zu klären. Ein geladener Mitarbeiter des TÜV Süd erklärte, dass es sogenannte TB-Stempel für die Prüfstellen und ÜO-Stempel für den Außendienst gebe. Wenn ein solcher Stempel kaputtgehe, würde er entsorgt, sobald ein neuer produziert worden sei und in der Prüfstelle einträfe. Zum Fundus eben dieses TÜV-Mitarbeiters habe der Originalstempel gehört, von dem die Angeklagte ein gefälschtes Duplikat erzeugt hatte. Die Abdrücke auf dem Nummernschild sind nach Angaben des TÜV Süd bei ÜO und TB identisch. Für die Stempel gibt es spezielle Produktionsmaschinen in einer Münchner Firma, bei der die Angeklagte arbeitete. Über die Stanzmaschinen, die Gummis für die Stempel und alles andere, was für die Produktion von Plakettenstempeln nötig ist, herstellt, gab der Firmenchef bereitwillig Auskunft. Bei einer Durchsuchung des Arbeitsplatzes und der Wohnung des angeklagten Pärchens konnten der betreffende Stempel sowie einige weitere, noch nicht aufgeklebte Plaketten sichergestellt werden. Bei dem Stempel handelte es sich nicht um ein vom TÜV aussortiertes altes Exemplar, sondern tatsächlich um eine Fälschung. Zudem konnte die Polizei auf dem Firmen-PC und dem privaten Rechner der Angeklagten nachweisen, dass diese im Internet recherchiert hatte, wie man TÜV-Plaketten nachmacht. Endgültig klären konnte das Gericht zunächst allerdings nur, dass die Frau die Plaketten produziert hatte und nicht ihr Lebensgefährte, wie dieser zuvor behauptet hatte. Nach Aussage des Firmenchefs sei es für einen Betriebsfremden nämlich unmöglich gewesen, ohne Akkreditierung in das Gebäude zu gelangen und zu drucken. Der Prozess wird an diesem Mittwoch am Ebersberger Amtsgericht fortgesetzt.

© SZ vom 12.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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