Ebersberg:Philosoph an der Posaune

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Tonschön, aber verhalten: Posaunist Ed Gröger ist ein typischer Hanseate. Trotzdem springt im Ebersberger Alten Kino der Funke über. (Foto: Christian Endt)

Ed Gröger und sein Quintett präsentieren Jazz aus dem Norden

Von Claus Regnault, Ebersberg

Beim jüngsten Jazzabend im Alten Kino Ebersberg spielten zwei Gruppen, nämlich das Ed Kröger Quintett vor der Pause und das Ed Kröger Quintett nach der Pause. Beide Ensembles waren dabei sogar mit denselben Musikern besetzt, nämlich mit Ed Kröger aus Bremen an der Posaune, seinem Sohn Ignaz Dinné am Tenorsaxofon, mit Vincent Bourgeyx aus Paris am Piano, Tom Berkmann aus New York am Bass und Rick Hollander, aus Detroit/München am Schlagzeug. Zwei Bands jedoch deshalb, weil ihr Spiel vor der Pause bestenfalls als etwas dröges Warm-up über die Rampe kam, während nach der Pause der Funke gezündet hatte.

Ed Kröger, in nordischen Breiten für sein Spiel hoch geschätzt, ist der typische Hanseate. Sein Spiel ist eher karg, emotional sehr verhalten, tonschön, sparsam im Vibrato. Vor der Pause wirkten seine Improvisationen eher routiniert als gefühlt. Deutlich erkennbar ist seine Herkunft aus dem Bebob-Idiom, in welchem ihm sein Sohn, in den USA ausgebildet und von Bebob- und Hardbob-Vorbildern wie etwa Wayne Shorter geprägt, nachfolgt. Auch die Sidemen sind in diesem Stil zu Hause, der Pianist Bourgeyx swingend und farbig aufgelockert; Berkmann, ursprünglich Bayer, am Bass, zuverlässig begleitend und fantasievoll phrasierend; Rick Hollander, Schlagzeugstütze der Münchener Szene, hörbar zu Hause in diesem ihm generationsmäßig nahen Bebob-Idiom.

Was sich vor der Pause gegen Ende des ersten Teils ereignete, in der Eigenkomposition Krögers "Christopher John", wurde im Wesentlichen von den Sidemen an Kontrabass und Drums angeheizt, nämlich durch ein hinreißendes, gestaltenreiches Solo Berkmanns, in welchem er das bei vielen Bassisten übliche Skalen-Auf-und-Ab zugunsten melodischer Artikulation vermied. Und Hollander großartig aufblühend zu deutlicher virtuoser Schlagfertigkeit im Up-Tempo.

So kündigte sich an, was nach der Pause zu inspirierter Geschlossenheit der Gruppe führte. Hier entfaltete Dinné, angekündigt als Altsaxofonist, aber an diesem Abend ganz auf das männlichere Tenorsax umgestiegen, seine durchaus eigene, sehr beredte Improvisationssprache, vor allem in der Eigenkomposition "Patience". Fraglos eine große Begabung. Und sein Vater fand schon in seiner Eigenkomposition "Blues für Sly" zu schlüssig fließendem Ausdruck, baute seine Soli überlegt und überlegend auf. Fast könnte man sagen, er sei mehr musikalischer Philosoph als von enthemmter Emotion geleiteter Musiker.

Dass dieses Konzert in dem inzwischen klassischen Stil des Bebop und in einer Art und Weise ablief, die die fortzeugende Lebendigkeit dieses Stils bewies, wurde vom sehr präsenten Publikum zunehmend erkannt und bejubelt, so dass sich die Band mit der schönen Komposition von Horace Silver "Peace" als beruhigende Zugabe verabschiedete.

© SZ vom 14.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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